Wenn der Koran von jemand anderem wäre …

Denken sie denn nicht sorgfältig über den Qurʾān nach? Wenn er von jemand anderem wäre als von Allah, würden sie in ihm wahrlich viel Widerspruch finden. (Sure 4,82)

Mit diesem Vers liefert uns der Koran einen Maßstab, mit dem jedermann, der den Koran studiert, beurteilen kann, ob dieses Buch göttlichen Ursprungs ist.

So heißt es auch im Tafsīr Al-Qur’ān Al-Karīm zu diesem Vers:

Zur Zeit der Offenbarung des Qur’ān und auch seither haben diejenigen, die das Prophetentum Muḥammads bestritten haben, damit auch die göttliche Herkunft des Qur’ān angezweifelt. Sie waren der Meinung, dass dieser von Muḥammad selbst verfasst worden war. Auch in unserer heutigen Zeit leidet manch einer der sogenannten „aufgeklärten“ Menschen unter dieser Vorstellung. Doch mit diesem Vers werden die Bedenken der Zweifler zerstreut. […] Doch die göttliche Rede ist frei von all diesen Fehlern. Ob man sie nun vom verbalen und leterarischen Standpunkt oder vom Standpunkt der Bedeutung und des geistigen Inhalts her betrachtet: die göttliche Sprache ist makellos. Allāh Selbst sagt uns, dass, wenn der Qur’ān das Werk eines Menschen wäre, sich im Laufe der dreiundzwanzig Jahre dauernden Verkündigung der Botschaft viele Widersprüche eingeschlichen hätten. Aber gleich von welchem oben angeführten Standpunkt aus man auch den Qur’ān betrachten mag, man wird keinerlei Fehler in ihm finden, weder in seiner Sprache noch in seinem Inhalt. Dies ist an sich Beweis genug zu entscheiden, ob der Qur’ān göttlichen Ursprungs oder das Werk eines Menschen ist.

Der Verfasser dieses Korankommentars legt sogar einen strengeren Maßstab an, als es der Koran selber tut. Im Koran heißt es, dass man in ihm „viel Widerspruch“ finden würde, wäre er nicht von Allah. Der Erklärer hingegen wagt sich weiter vor und behauptet:

Doch die göttliche Rede ist frei von all diesen Fehlern.
Die göttliche Sprache ist makellos.
Man wird keinerlei Fehler in ihm finden, weder in seiner Sprache noch in seinem Inhalt.

Wenn der Koran göttlichen Ursprungs ist, darf es in ihm keinerlei sprachlichen oder inhaltlichen Fehler geben. So wird es vom Erklärer − nicht aber vom Koran, der nur beansprucht, dass es nicht „viel Widerspruch“ in ihm geben kann − behauptet.

Da ich nicht Arabisch spreche, kann ich im Hinblick auf eventuelle sprachliche Fehler nichts sagen. Ich möchte mich daher auf inhaltliche Probleme beschränken.

Dass es Widersprüche im Koran gibt, war den Islamgelehrten schon sehr früh klar. Darum wurde die Lehre der Abrogation in die Welt gesetzt. Wenn zwei Koranverse einander widersprechen, gilt der zeitlich später „herabgesandte“ Vers als gültig. Die spätere Offenbarung hebt die frühere auf. Grundgelegt ist diese Lehre in Sure 2,106:

Was Wir an Versen aufheben oder in Vergessenheit geraten lassen – Wir bringen bessere oder gleichwertige dafür. Weißt du denn nicht, daß Allah zu allem die Macht hat?

Gäbe es keine Widersprüche im Koran, bräuchte man die Lehre der Abrogation nicht. Mehr dazu gibt es hier zu lesen.

Bei den inhaltlichen Widersprüchen oder Fehlern kann man verschiedene Arten unterscheiden:

  • Widersprüche zu früheren Offenbarungen, d. h. den Schriften des Alten und Neuen Testaments
  • Sachliche Widersprüche oder Fehler im Hinblick auf Dinge dieser Welt, wie historische oder naturwissenschaftliche Fehler
  • Innerkoranische Widersprüche

Im Beitrag „Ist der Koran das letzte Update der Bibel?“ habe ich beispielhaft, aber bei Weitem nicht vollständig, auf einige wichtige Widersprüche zwischen Koran und Bibel hingewiesen, die die Theologie und die Ethik betreffen. In zahlreichen Punkten, vor allem dort, wo es im Koran um Personen oder Ereignisse der Bibel geht, gibt es weitere Widersprüche. Bei der Ankündigung der Geburt Jesu an Maria widerspricht der Koran nicht nur der Bibel, sondern die beiden koranischen Texte darüber stehen auch zueinander im Widerspruch. Die koranische Darstellung der Geburt Jesu harmoniert mit der biblischen keineswegs. Auch die in der üblichen Koranauslegung entsprechende Vorstellung des Paradieses mit zahlreichen Jungfrauen, die ihre sexuellen Dienste anbieten, steht nicht nur im Widerspruch zur Moral, sondern auch in direktem Widerspruch zu den Worten Jesu in Matthäus 22,30. Vielfach schöpft der Koran im Hinblick auf biblische Gestalten aus legendären apokryphen Quellen, was ebenfalls darauf hinweist, dass der Autor dieser Geschichten nicht der ewige und allwissende Gott war. Das betrifft z. B. die Wunder, die Jesus als Kind gewirkt haben soll (siehe hier, hier und hier).

Bezüglich der sachlichen Fehler sei beispielhaft darauf hingewiesen, dass es laut Koran einen Ort gibt, an dem die Sonne untergeht, konkret in einer schlammigen Quelle (Sure 18,86). Laut Sure 79,30 wurde die Erde ausgebreitet, ist also nicht annähernd kugelförmig, auch wenn manche Apologeten in diesem Vers ein Straußenei finden wollen. Nun gibt es auch in der Bibel Aussagen, die nicht zu unserem modernen Weltbild passen. Doch erhebt die Bibel auch nicht den Anspruch, in derartigen Fragen fehlerfrei zu sein. Sie wurde von Menschen ihrer Zeit im Rahmen ihres Weltbilds geschrieben. Die Inspiration bezieht sich auf Fragen des Glaubens. Vom Koran jedoch wird behauptet, dass er das reine Wort Gottes sei, ohne jede menschliche Zutat.
Als Beispiel für einen historischen Fehler sei auf die Kettenhemden hingewiesen, die David laut Sure 34,11 schon lange bevor diese erfunden waren, gemacht hat.
Beim in Sure 4,11-12 geregelten Erbrecht hatte der Autor Probleme mit der Mathematik.

Innerkoranische Widersprüche werden vielfach durch Abrogation gelöst. Das betrifft z. B. den Alkoholgenuss oder den Widerspruch zwischen den friedlichen Versen und denen, die zur Gewalt gegen Ungläubige aufrufen (vergleiche den Beitrag Kein Zwang in der Religion). Andere Widersprüche, die keine Gebote betreffen, wie etwa die bereits erwähnten unterschiedlichen Darstellungen über die Ankündigung der Geburt Jesu, bleiben einfach stehen. Zwischen den sieben Texten, die die Huldigung der Engel vor Adam erzählen, gibt es kleinere Unterschiede in der Darstellung, aber vor allem das große Problem, dass das für „huldigen“ verwendete Wort sonst überall im Koran „anbeten“ heißt. In diesen Stellen lehrt der Koran die Anbetung eines Geschöpfes.

Diese unvollständige Auflistung von Fehlern und Widersprüchen im Koran zeigt, dass der Koran nach seinem eigenen Zeugnis nicht das Wort Gottes ist.

Wer die Wahrheit sucht, soll sie nicht in einem Buch suchen, das von sich bezeugt, nicht das Wort Gottes zu sein. Er wird die Wahrheit in Jesus Christus finden, dem ewigen Wort Gottes, das für uns Mensch geworden ist.

1 Vielfältig und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; 2 am Ende dieser Tage hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben von allem eingesetzt, durch den er auch die Welt erschaffen hat. (Hebräer 1,1-2)

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