Der zweite Brief des Apostels Paulus an die Christengemeinde von Thessalonich wird von vielen heutigen Theologen als pseudepigraphisches Schreiben betrachtet, d. h. dass nicht Paulus der Autor des Briefes gewesen sei, sondern jemand anderer diesen Brief später in seinem Namen verfasst hätte. Im Fall dieses Briefes ist die Annahme der Unechtheit nicht so weit verbreitet wie etwa bei den Pastoralbriefen. Bevor ich auf diesen Brief eingehe, möchte ich auf die Gedanken verweisen, die ich allgemein zur Frage der Pseudepigraphie zusammengestellt habe, auch wenn ich diese im Zusammenhang mit den Pastoralbriefen formuliert habe.
Für die Unechtheit vorgebrachte Argumente
Ich beziehe mich wieder auf das Werk von Udo Schnelle: Einleitung in das Neue Testament, 9., durchgesehene Auflage, Göttingen 2017.
Schnelle schreibt auf den Seiten 393-395 (ich habe die griechischen Ausdrücke in eckigen Klammern transkribiert und übersetzt):
Die paulinische Verfasserschaft des 2 Thessalonicherbriefes wurde seit Beginn des 19. Jhs. bestritten. F.Chr. Baur nahm die vorgebrachten Einwände (literarische Abhängigkeit vom 1Thess, unpaulinische Gedanken und Wendungen, gravierende Unterschiede in der Eschatologie) auf und erklärte gleich beide Thessalonicherbriefe aufgrund ihres Mangels an selbständigem Inhalt für unecht. Auf eine neue Basis wurde die Diskussion durch W. Wrede gestellt, der in seiner 1903 erschienenen Studie zur Echtheit des 2Thess das literarische Verhältnis beider Briefe zum Schlüssel für die Verfasserfrage machte. Wrede führte in einer minutiösen Einzeluntersuchung den bis heute gültigen Nachweis, dass der Verfasser des 2Thess den ersten Brief als literarische Vorlage benutzte. Die literarische Abhängigkeit des 2Thess vom 1Thess ist nach wie vor ein Hauptargument für den pseudepigraphischen Charakter des 2Thess.
Ein fundamentaler Unterschied besteht zwischen den eschatologischen Belehrungen in 1 Thess 4,13-18; 5,1-11 und 2Thess 2,1-12; 1,5-10. Die Eschatologie des 1 Thess ist geprägt durch die unmittelbare Parusieerwartung, die bis zum Phil die sachliche Mitte aller eschatologischen Aussagen bildet (vgl. Phil 4,5b). In 2Thess 2,2 wendet sich der Verfasser gegen die Parole ἐνέστηκεν ἡ ἡμέρα τοῦ κυρίου [enéstēken hē hēméra tu kyríu – da/gegenwärtig ist der Tag des Herrn] und entwirft dann einen Fahrplan der Endereignisse, der mit der Schilderung im 1Thess nicht vereinbar ist. In 1Thess 4,13-18 stehen das Kommen des Kyrios und die Entrückung aller Christen im Mittelpunkt. Als Ziel des eschatologischen Geschehens erscheint das σὺν κυρίῳ εἶναι [syn kyríō einai – mit dem Herrn sein] (1Thess 4,17). Einen völlig anderen Ablauf bietet 2Thess 2,1-12. Vor der Parusie Christi muss zunächst der ἄνθρωπος τῆς ἀνομίας [ánthrōpos tēs anomías – Mensch der Gesetzlosigkeit] (2Thess 2,3) auftreten, der sich als Gegenspieler Gottes an dessen Stelle setzt (2Thess 2,4). Die vollständige Epiphanie dieses Gegenspielers steht zwar noch aus (2Thess 2,6f), dennoch wirkt er bereits in der Gegenwart und verführt die Ungläubigen. Noch wird der Widersacher aufgehalten, aber bei der Parusie vernichtet ihn Christus, und das Gericht ergeht über die im Unglauben Verharrenden. Sowohl die Verzögerungsproblematik (2Thess 2,6-7) als auch das Auftreten eines eschatologischen Gegenspielers unterscheiden 2Thess 2,1-12 grundlegend von 1Thess 4,13-18; 5,1-11. Während 1Thess 5,1 Berechnungen im Hinblick auf die Parusie ausdrücklich ablehnt, findet sich in 2Thess 2,1-12 ein eschatologischer Fahrplan, der Beobachtungen und Berechnungen nicht nur zulässt, sondern fordert (vgl. V. 5!). Steht bei Paulus immer das Erscheinen des Auferstandenen im Mittelpunkt (vgl. 1Thess 4,16; 1 Kor 15,23), so ist das Parusiegeschehen in 2 Thess 2,8 auf die Vernichtung des Antichristen zugespitzt. Kennzeichnet die paulinische Eschatologie die Spannung zwischen ’schon jetzt‘ und ’noch nicht‘, so ist für den 2Thess die Argumentationsstruktur ‚jetzt noch nicht‘ – ‚aber in der Zukunft‘ charakteristisch.
Obwohl der Autor des zweiten Briefes den 1Thess benutzte, weisen Sprache und Stil Eigentümlichkeiten auf. Aufschlussreich sind 17 Wendungen, die nur im 2Thess, nicht aber sonst im Neuen Testament erscheinen. Im Gegensatz zu den Protopaulinen fehlen im 2Thess antithetische Formulierungen, diatribenartige Passagen und wirkliche Fragen (Ausnahme: 2Thess 2,5). Gegenüber der lebhaften, z. T. abrupten Argumentation der Paulusbriefe erscheint der 2Thess wie ein thematisch eng begrenztes Lehrschreiben. Die Ausdrucksweise des 2Thess wird durch 42 Wörter und Wendungen geprägt, die zweimal oder noch häufiger gebraucht werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen. „Wortgebrauch, stilistische Eigenart und Gedankenführung müssen zusammen gesehen werden. Typische Gedanken, Wörter und Wendungen weisen auf eine in Lehre und christlichen Lebensformen entwickeltere Situation als die von I und die aller unbezweifelt echten Paulusbriefe hin.“1
Ich sehe in den Ausführungen von Schnelle ein inhaltliches Argument und mehrere sprachliche Argumente.
Das inhaltliche Argument bezieht sich auf die Eschatologie des zweiten Thessalonicherbriefs, die im Gegensatz zu der des ersten Thessalonicherbriefs stehen soll.
Sprachlich weist er auf die literarische Abhängigkeit des zweiten Thessalonicherbriefs vom ersten hin, dass sich der Stil des zweiten Thessalonicherbriefs aber trotzdem von den anderen Paulusbriefen unterscheidet. Das zeige sich in speziellen Wendungen, die nur in diesem Brief vorkommen und in der Abwesenheit paulinischer Stileigenheiten.
Zur Eschatologie
Unter Eschatologie versteht man die Lehre von den „Letzten Dingen“, also um alles, was im Zusammenhang mit dem erwarteten Ende der Geschichte, der Wiederkunft Christi, dem Endgericht, dem Himmel und der Hölle steht.
Schnelle sieht einen Widerspruch zwischen der Eschatologie der beiden Thessalonicherbriefe. Die Texte dazu finden wir in 1 Thessalonicher 4,13-18 und 5,1-11 sowie in 2 Thessalonicher 1,5-10 und 2,1-12.
Der erste Thessalonicherbrief wurde kurze Zeit nach dem Entstehen der Gemeinde geschrieben, da Paulus die Stadt wegen einer Verfolgung verlassen musste. Es scheint, dass sehr früh Gemeindeglieder gestorben („entschlafen“) sind. Die Gemeinde wusste nicht, wie sie das einordnen sollte. Es stellte sich die Frage, ob die Verstorbenen bei der Wiederkunft Christi möglicherweise benachteiligt wären. Aus diesem Grund beschäftigt sich Paulus im ersten Brief mit eschatologischen Fragen. Er beruhigt die Thessalonicher, dass die Verstorbenen keinen Nachteil erleiden werden. Beim zweiten Kommen Jesu werden die verstorbenen und die noch lebenden Christen gemeinsam dem Herrn begegnen und dann immer beim Herrn sein. Im weiteren Zusammenhang (Kapitel 5) ermahnt Paulus die Gläubigen zur Wachsamkeit und Ausdauer in der Treue zum Herrn. Die Thessalonicher haben Paulus augenscheinlich so verstanden, dass der Tag des Herrn bald, noch zu ihren Lebzeiten, sein werde. Das heißt aber nicht, dass Paulus das auch so gemeint hatte.
Im zweiten Brief weist Paulus darauf hin, dass der Tag des Herrn noch nicht da ist.
3 Lasst euch durch niemanden und auf keine Weise täuschen! Denn zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit offenbar werden, der Sohn des Verderbens, 4 der Widersacher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt, dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott ausgibt. (2 Thessalonicher 2,3-4)
Bevor Jesus wiederkommt, wird noch der große Abfall kommen und ein Widersacher auftreten, der sich über Gott erhebt, ja sogar selbst einen göttlichen Anspruch erhebt. Da das Kommen dieses Widersachers noch aussteht, kann der Tag des Herrn noch nicht da sein.
Die Aussagen der beiden Briefe stehen nicht zwangsläufig in einem Widerspruch zueinander. Durch die Botschaft des zweiten Briefes wird der erste Brief präzisiert. Es wird das Missverständnis abgewendet, dass die Wiederkunft Jesu unmittelbar bevorstehe. Das könnte einerseits durch einen späteren Autor geschehen, genauso gut aber auch durch Paulus selbst. Nur wenn man in dem Dogma der modernen Theologie, dass Paulus Naherwartung gehabt habe, gefangen ist, kann der zweite Thessalonicherbrief nicht von Paulus sein.
Auf den ersten Blick sieht vor allem 1 Thessalonicher 4,17 (dann werden wir, die Lebenden, die noch übrig sind …) so aus, als hätte Paulus damit gerechnet, tatsächlich bei der Wiederkunft Jesu noch am Leben zu sein. Aber, als Paulus diese Worte geschrieben hat, war er ja tatsächlich noch am Leben und hat sich durch das Wir den Lebenden zugerechnet. In 1 Thessalonicher 5,10 schreibt er aber:
Er ist für uns gestorben, damit wir vereint mit ihm leben, ob wir nun wachen oder schlafen.
Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass mit dem „Schlafen“ nicht der geistliche Schlaf, die Laxheit, gemeint sein kann, sondern der leibliche Tod. Es geht ja um das Los der „Entschlafenen“. Ähnlich drückte sich Paulus auch in Römer 14,8 aus:
Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn.
Paulus hat daher durchaus mit seinem leiblichen Tod gerechnet und war keineswegs davon überzeugt, dass er bei der Wiederkunft Jesu am Leben sein werde. Er war sich wohl auch dessen bewusst, dass die Weltmission eine Aufgabe ist, die nicht zu seinen Lebzeiten abgeschlossen sein kann.
Schnelles Behauptung, dass sich in 2 Thessalonicher 2,1-12 und insbesondere Vers 5 ein eschatologischer Fahrplan, der Beobachtungen und Berechnungen nicht nur zulässt, sondern fordert, finde, offenbart eine gewisse Kühnheit. Die Aussage, dass vor dem Kommen Christi noch der Abfall und der Widersacher kommen müssen, besagt vor allem, dass es jetzt noch nicht so weit ist. Dazu braucht man keine besondere Beobachtungsgabe. Und wo hier zum Berechnen aufgefordert wird, habe ich nicht herausgefunden. Auch nach dem Auftreten des Widersachers ist noch nicht ausgemacht, wann Jesus wiederkommen wird, vor allem, wenn es sich – wofür vieles spricht – bei dem Widersacher nicht um eine Einzelperson handelt, sondern um ein widerchristliches System.
Die eschatologischen Aussagen der beiden Thessalonicherbriefe sind durchaus vereinbar und stellen kein Argument für die Unechtheit des zweiten Briefes dar.
Ist der zweite Thessalonicherbrief vom ersten literarisch abhängig?
Leider sind mir beide Werke, auf die sich Schnelle beruft (W. Wrede, Die Echtheit des zweiten Thessalonicherbriefes untersucht, Leipzig 1903; W. Trilling, Untersuchungen zum zweiten Thessalonicherbrief, EThSt 27, Leipzig 1972) nicht zugänglich. Ich kann daher auf die dort genannten Argumente nicht eingehen, da sie auch Schnelle nicht im Detail anführt. Ich werde mich daher auf allgemeine Gedanken beschränken.
Wenn der zweite Thessalonicherbrief von Paulus ist, dann wurde er relativ kurze Zeit nach dem ersten geschrieben. Dann ist es nicht erstaunlich, dass Paulus im zweiten Brief ähnliche Formulierungen verwendet wie im ersten. Wenn derselbe Autor innerhalb kurzer Zeit zwei Briefe schreibt und sich in manchen Ausdrücken wiederholt, würde ich es als sehr gewagt empfinden, daraus zu schließen, dass der zweite Brief nicht vom selben Autor sein kann wie der erste. Wenn es sonst starke Gründe gibt, dass der zweite Brief unmöglich vom selben Autor stammen kann wie der erste, könnte man sagen, dass der Autor des zweiten Briefs sich den ersten als Vorlage genommen hat, und dass in dieser Weise der zweite Brief vom ersten literarisch abhängig ist. Hat man diese starken Gründe nicht, so spricht die Ähnlichkeit zweier Texte dafür, dass diese vom selben Autor verfasst wurden.
Eigentümlichkeiten in Sprache und Stil
Leider verrät uns Schnelle die 17 Wendungen, die nur im 2Thess, nicht aber sonst im Neuen Testament erscheinen, nicht, ebensowenig wie die 42 Wörter und Wendungen, die zweimal oder noch häufiger gebraucht werden, von denen die Ausdrucksweise des 2Thess geprägt wird. Deswegen kann ich auch zu diesem Punkt nur allgemein schreiben. Ich habe mich in meinem Text über die Pastoralbriefe in Punkt 3.2 mit dem Sonderwortschatz der Paulusbriefe beschäftigt. Ich füge auch hier die Tabelle ein, die zeigt, wie viele Wörter nur in jeweils einem Paulusbrief vorkommen:
Röm: 229 von 1068 = 21,44%
1Kor: 230 von 967 = 23,78%
2Kor: 178 von 792 = 22,47%
Gal: 80 von 526 = 15,21%
Eph: 85 von 529 = 16,07%
Phil: 70 von 478 = 15,63%
Kol: 54 von 431 = 12,53%
1Thess: 37 von 366 = 10,11%
2Thess: 21 von 250 = 8,40%
1Tim: 126 von 541 = 23,29%
2Tim: 80 von 458 = 17,47%
Tit: 43 von 303 = 14,19%
Phlm: 7 von 141 = 4,96%
Der Vergleich zeigt, dass der zweite Thessalonicherbrief im Vergleich zu den anderen Paulusbriefen einen sehr geringen Sonderwortschatz aufweist. Nur der kurze Philemonbrief hat einen kleineren Sonderwortschatz. Diese Tabelle bezieht sich allerdings nur auf Wörter, nicht aber auf Wendungen. Argumente, die nur auf dem Stil beruhen, können bestenfalls zur Stützung anderer Argumente dienen, können aber in sich nicht die Stärke haben, ein Werk als Fälschung aufzudecken.
Auch dass manche Stilelemente, die in anderen Briefen vorkommen, im zweiten Thessalonicherbrief fehlen, kann kein schlagendes Argument sein. Kommen alle diese Stilelemente in allen anderen Paulusbriefen vor? Paulus hat sich in seinen Briefen vor allem auf den Inhalt konzentriert, nicht darauf, alle „echt paulinischen Stilelemente“ unterzubringen.
Vielleicht fehlen manche Stilelemente gerade deswegen, weil der zweite Thessalonicherbrief ein thematisch eng begrenztes Lehrschreiben, wie Schnelle korrekt beobachtet, darstellt. Paulus hat ja vor allem deswegen geschrieben, weil die Thessalonicher dachten, der Tag des Herrn sei schon da. Auf dieses Thema hat er sich konzentriert. Möglicherweise – aber nicht notwendigerweise – steht auch das zweite Thema, die Ermahnung der Brüder, die ein unordentliches Leben führen (2 Thessalonicher 3,6-15) im Zusammenhang mit der Naherwartung.
Warnung vor einer Fälschung?
Besondere Aufmerksamkeit verdient 2 Thessalonicher 2,2:
Lasst euch nicht so schnell aus der Fassung bringen und in Schrecken jagen, wenn in einem prophetischen Wort oder einer Rede oder in einem Brief, wie wir ihn geschrieben haben sollen, behauptet wird, der Tag des Herrn sei schon da!
Es wäre eine besondere Frechheit des Fälschers, in einem gefälschten Brief vor einer Fälschung zu warnen. In manchen Ländern steht auf Geldscheinen, dass Fälschung bestraft wird. Natürlich muss ein Geldfälscher auch diesen Satz fälschen. Aber hier ginge der Fälscher noch darüber hinaus. Er warnt ohne Not vor einer Fälschung. Wäre dieser Brief tatsächlich eine Fälschung, dann müsste er aus dem neutestamentlichen Kanon verschwinden. Dieser Satz würde klar zeigen, dass der Fälscher sein Werk nicht ehrlichen Herzens durchgeführt haben kann.
Andererseits stellt sich die berechtigte Frage, ob es im Jahre 50 schon falsche Paulusbriefe gegeben haben kann. Nach allgemeiner Auffassung ist der erste Thessalonicherbrief der älteste Paulusbrief. Es spricht manches dafür, dass der Galaterbrief noch früher geschrieben wurde. Aber alle anderen Briefe hat Paulus erst später geschrieben. Natürlich könnte Paulus auch vorher schon andere, uns nicht erhaltene Briefe verfasst haben. Aber das wissen wir einfach nicht.
Vielleicht löst sich das Problem aber ganz einfach: Paulus hat den ersten Thessalonicherbrief geschrieben, in dem er die Thessalonicher damit tröstet, dass die verstorbenen Gläubigen keinen Nachteil haben. Die Thessalonicher haben diesen Brief aber missverstanden und gedacht, dass Paulus Naherwartung hat. Paulus wiederum ist zu Ohren gekommen, dass die Thessalonicher sich in ihrer Naherwartung auf einen Brief von ihm berufen. Da Paulus das aber nie gemeint hat, hat er angenommen, dass es sich wohl um einen gefälschten Brief handeln müsse. Deswegen hat er dann 2 Thessalonicher 2,2 in dieser Weise formuliert. Ich behaupte nicht, dass es unbedingt so gewesen sein muss, könnte mir den Hergang aber so vorstellen.
Eines ist jedoch klar: Ein Fälscher hätte sich durch diesen Vers selbst das Urteil gesprochen. Im Falle einer Fälschung müssten die Theologen, die das behaupten, so konsequent sein und die Tilgung des zweiten Thessalonicherbriefs aus dem Kanon fordern. Das tun sie aber, soweit mir bekannt ist, nicht.
Wir können also nach wie vor davon ausgehen, dass der zweite Thessalonicherbrief von Paulus verfasst wurde, der seine Worte inspiriert vom Heiligen Geist niedergeschrieben hat.
15 Seid also standhaft, Brüder, und haltet an den Überlieferungen fest, in denen wir euch unterwiesen haben, sei es mündlich, sei es durch einen Brief! 16 Jesus Christus selbst aber, unser Herr, und Gott, unser Vater, der uns liebt und uns in seiner Gnade ewigen Trost und sichere Hoffnung schenkt, 17 ermutige eure Herzen und gebe euch Kraft zu jedem guten Werk und Wort.
(2 Thessalonicher 2,15-17)
- Der abschließende Satz ist ein Zitat aus W. Trilling, Untersuchungen zum zweiten Thessalonicherbrief, EThSt 27, Leipzig 1972, S. 66. Schnelle bezieht sich öfters, z. B., wenn er über die 17 Wendungen und 42 Wörter schreibt, auf dieses Werk, das mir leider nicht zugänglich ist. ↩