Warum soll ein Mensch des 21. Jahrhunderts sich mit Jahrtausende alten Texten auseinandersetzen? Wir leben doch in einer völlig anderen Kultur, mit anderen Werten, geprägt von Technologien, die den Menschen biblischer Zeiten völlig unbekannt waren. Was sollen uns so uralte Texte noch sagen?
Althistoriker, Sprachwissenschaftler, Theologen, Kunsthistoriker (immerhin wird auch die europäische Kunst des Mittelalters und der Neuzeit stark von biblischen Motiven geprägt), Religionswissenschaftler …, ja für solche Leute mag das eine geeignete Lektüre sein. Aber was bringt das einem Durchschnittsmenschen, der mit den Problemen des täglichen Lebens genug zu tun hat?
Die Frage ist nicht so unberechtigt. Schließlich liest auch niemand das Gilgameschepos oder Texte von Homer oder Vergil, weil er sich dort eine Antwort auf die Fragen seines Lebens erwartet.
Man findet auch in der Bibel Texte, die uns mit unseren heutigen Problemen keine Antwort geben können. Im ersten Buch der Chronik findet man seitenweise Stammbäume, in Levitikus etliche Kapitel, die sich damit beschäftigen, welche Tiere aus welchem Anlass geopfert werden sollen. Das alles hat mit unserem Leben erst einmal nichts zu tun. Deswegen wird jemand, der die Bibel wie ein anderes Buch von vorn bis hinten durchlesen will, bald die Motivation verlieren. Spätestens im dritten Buch wird er es vermutlich aufgeben.
Die Bibel ist eben kein Buch zum Durchlesen wie ein Roman. Es ist eine Bibliothek, eine Sammlung von Schriften, die aus verschiedensten Anlässen geschrieben wurden.
Im ersten Teil der Bibel, dem sogenannten Alten Testament finden wir die Schriften des Volkes Israel, Schriften die auf die besondere Beziehung dieses Volkes zu Gott hinweisen, und auch vor dem Hintergrund dieser Beziehung zu Gott verstanden werden wollen.
Im zweiten Teil geht es um Jesus, einem Menschen, der in besonderer Weise von Gott und über Gott gesprochen hat, der auch durch außergewöhnliche Taten zum Besten der Menschen aufgefallen ist. Er hat den Menschen die Liebe Gottes in Wort und Tat nahegebracht. Er hat aber auch den Anspruch Gottes an die Menschen klar wie niemand vor ihm zum Ausdruck gebracht, und wurde deshalb gerade von den religiösen Führern seines Volks angefeindet und schließlich in Zusammenarbeit mit der politischen Macht der Römer getötet.
Aber seine Freunde (Jünger genannt) erlebten, dass Jesus nicht im Tod blieb, sondern von den Toten auferstand. Sie erfuhren auch, wie der Glaube an ihn ihr Leben veränderte, und nicht nur ihr Leben, sondern auch das vieler anderer Menschen, die durch ihr Zeugnis zum Glauben an Jesus kamen.
Jetzt sind wir beim Punkt angelangt, warum wir auch im 21. Jahrhundert die Bibel lesen sollen. Durch die Bibel lernen wir Jesus kennen, und durch ihn Gott. Das ist keim Automatismus, sondern das fordert uns als Menschen heraus. Wer die Worte Jesu, etwa in der Bergpredigt (Matthäusevangelium, Kapitel 5-7) liest, merkt, dass es hier nicht um irgendeine seltsame Geschichte aus der Antike geht, sondern, dass hier jemand spricht, dessen Worte zu allen Zeiten Gültigkeit haben. Auch wenn die Worte in einem ganz anderen kulturellen Umfeld als dem unseren gesprochen wurden, sprechen sie uns auch heute an. Hier spricht unser Schöpfer, der uns durch und durch kennt, zu uns. Wir müssen und dürfen uns ansprechen lassen.
Diese Zeilen sollen eine Ermunterung sein, zur Bibel zu greifen, sich ansprechen zu lassen, sich auch prüfen zu lassen, auch die dunklen Flecken im Leben nicht zu verstecken, sondern zu fragen, was Gott dazu sagt, und wie Gott uns helfen will, unser Leben zu ändern.
Falls die Bibel für dich Neuland ist, ist es gut, mit dem Neuen Testament anzufangen, am besten mit einem der vier Evangelien. Das sind die Schriften, in denen die Worte und Taten, Tod und Auferstehung Jesu aufgezeichnet sind. So bekommst du die Grundlage, die dir hilft, auch alle anderen Teile der Bibel zu verstehen, auch die Schriften des Alten Testaments, die das Volk Israel auf das Kommen Jesu vorbereiten sollten, die aber auch für Christen von bleibendem Wert sind.
Im Leben Jesu gab es eine Situation, in der viele seiner Jünger seinen Anspruch nicht akzeptieren wollten und ihn verlassen haben. In dieser Situation fragte er seine engsten Jünger, ob auch sie weggehen wollen. Einer von ihnen, Simon Petrus, antwortete:
Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens. (Johannes 6,68)
Diese Erkenntnis wünsche ich dir.