Gott und sein Sohn in Aktionseinheit

Unser Gott und Vater selbst aber und unser Herr Jesus richte unseren Weg zu euch. (1 Thessalonicher 3,11 – Elberfelder)

Beim oberflächlichen Lesen dieses Satzes fällt einem nicht auf, dass es in diesem Wunsch, den Paulus in seinem Brief an die Gemeinde von Thessalonich ausdrückt, zwei Subjekte („unser Gott und Vater“ und „unser Herr Jesus Christus“) gibt, dass aber das Prädikat („richte“) im Singular steht.

Die von mir sonst standardmäßig zitierte Einheitsübersetzung 2016 macht es einem sogar unmöglich, das festzustellen, da sie auch das Verb in den Plural setzt.

Gott, unser Vater, und Jesus, unser Herr, mögen unsere Schritte zu euch lenken.

Ähnlich ist es auch bei Berger / Nord:

[…] und dass Gott, unser Vater, und unser Herr Jesus Christus unsere Schritte zu euch lenken mögen.

Der Gedanke, dass Paulus das Verb bewusst in der Singularform gewählt haben kann, ist den Herausgebern dieser Übersetzungen anscheinend nicht gekommen.

Norbert Baumert1 schreibt zu diesem Vers:

Paulus setzt dabei das Prädikat (‘er möge ebnen’) nicht in den Plural, sondern schreibt den Singular, wie er es von der Schrift her gewohnt ist. Er hält fest an dem ‘einen Gott’ und sieht in der Hinzufügung „seines Sohnes“ keine Gefährdung des Monotheismus!

Offensichtlich sah Paulus die Verbindung zwischen Gott, dem Vater, und seinem Sohn, dem Herrn Jesus, so eng, dass er ihr gemeinsames Handeln mit einem Verb im Singular ausdrücken konnte. Es ist derselbe und einzige Gott, der wirkt.

Auch im 2. Thessalonicherbrief findet sich eine ähnliche Formulierung. An dieser Stelle ist auch die Einheitsübersetzung korrekt.

16 Jesus Christus selbst aber, unser Herr, und Gott, unser Vater, der uns liebt und uns in seiner Gnade ewigen Trost und sichere Hoffnung schenkt, 17 ermutige eure Herzen und gebe euch Kraft zu jedem guten Werk und Wort. (2 Thessalonicher 2,16-17)

In dieser Stelle ist Jesus Christus zuerst genannt. Aber auch hier bezieht sich das Verb „ermutige“ im Singular sowohl auf den Vater als auch den Sohn.

Man sieht, dass die Verbundenheit Jesu mit Gott, dem Vater, in einem einzigen göttlichen Wesen für Paulus so klar war, dass sie ihren Niederschlag auch in kleinen Details der Grammatik findet. Die Aktionseinheit hat ihren Grund in der Wesenseinheit.


  1. Norbert Baumert, Maria-Irma Seewann, In der Gegenwart des Herrn. Übersetzung und Auslegung des ersten und zweiten Briefes an die Thessalonicher, Würzburg 2014, S. 44. 

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