Während der Atheist Nietzsche die Sehnsucht des Menschen nach ewiger Erfüllung mit dem Spruch „Alle Lust will Ewigkeit.“ ausdrückte, erhoffen sich viele Muslime eine Ewigkeit voller (sexueller) Lust.
Woher kommt diese Erwartung?
Als Grundlage dienen vor allem folgende Koranstellen:1
- 52,20: […] indem ihr euch auf (voreinander)gereihten Liegen lehnt.“ Und Wir geben ihnen als Gattinnen Huris mit schönen, großen Augen.
- 55,56.58: Darin sind (weibliche Wesen), die ihre Blicke zurückhalten, die vor ihnen weder Mensch noch Ginn berührt haben […] als wären sie Rubine und Korallen.
- 55,72.74: Huris, (die) in den Zelten zurückgezogen (leben) -, […] die vor ihnen weder Mensch noch Ginn berührt haben.
- 56,35-38: Wir haben sie derart entstehen lassen und sie zu Jungfrauen gemacht, liebevoll und gleichaltrig, für die Gefährten der rechten Seite.
- 78,31-33: Gewiß, für die Gottesfürchtigen wird es einen Ort des Erfolgs geben, umfriedete Gärten und Rebstöcke und prächtige, gleichaltrige (weibliche Wesen) […]
Auf die weiteren fantasievollen Ausschmückungen in der islamischen Tradition, wie dass es sich um 72 Jungfrauen handle, und dass die Jungfräulichkeit dieser Frauen immer wieder hergestellt werde, soll hier nicht im Detail eingegangen werden.
Ethische Beurteilung dieser Jenseitserwartung
Sexualität ist ein Teil der guten Schöpfung Gottes. Warum sollte sie dann im Paradies keinen Platz haben?
Es sind vor allem zwei Aspekte, die die Sexualität wertvoll und wichtig machen.
Der erste Aspekt ist die Weitergabe des Lebens. Unsere Lebenszeit auf dieser Erde ist begrenzt. Das Leben soll weitergegeben werden. Der gottgewollte Weg dazu ist die geschlechtliche Liebe zwischen einem Mann und einer Frau. Gäbe es das nicht, wäre die Menschheit schon lange ausgestorben.
Der zweite Aspekt hängt mit dem ersten zusammen. Die Kinder, die der Beziehung zwischen Mann und Frau entspringen, sollen in einer stabilen Umgebung aufwachsen können, mit liebevollen Eltern, die ihnen die richtige Wegweisung für ihr Leben schenken können, und mit Geschwistern, an denen sie bereits im Kindesalter wichtige Dinge wie Teilen und Sorge füreinander lernen können.
Die sexuelle Verbindung der Eltern, soll dazu beitragen, ihre Liebe zueinander zu bestärken. Die sexuelle Lust ist Begleiterscheinung, aber nicht die Basis dieser Beziehung. Sie soll die Liebe vertiefen, kann die Liebe aber nicht ersetzen. Wirkliche eheliche Liebe nimmt den Partner ernst, missbraucht diesen nicht als Werkzeug für die eigene Lust. In der Liebe ist immer der Andere der Wichtigere. Im Zentrum soll Gott stehen, damit diese Beziehung immer in der richtigen Ordnung bleibt.
Weil die Sexualität nicht von der Liebe getrennt werden kann, ohne dass jemand Schaden leidet, hat sie ihren Platz nach Gottes Willen einzig in einer auf Dauer ausgerichteten monogamen Ehe.
Wenn man die Sexualität von diesen beiden Aspekte – Weitergabe des Lebens und Ausdruck und Vertiefung der Liebesbeziehung zwischen den Ehepartnern – loslöst, nimmt man ihr den eigentlichen Sinn. Das Ergebnis ist an der modernen westlichen Gesellschaft zu sehen. So viel Leid entsteht durch zerbrochene Beziehungen. Kinder wachsen ohne beide Eltern auf. Andere werden bereits im Mutterleib getötet …
Wo die Sexualität zum Selbstzweck wird, hat sie mit Liebe nichts mehr zu tun.
Nun aber fehlen gerade in der sexualisierten islamischen Paradieseserwartung genau diese beiden Hauptaspekte der Sexualität. Es geht nicht um den vertrauten Umgang mit einem einzigen Ehepartner, dem man Treue versprochen hat. Es geht auch nicht um die Weitergabe des Lebens, da es im Paradies keinen Tod gibt.
Es geht nur um den Genuss, bei dem ständig die Partnerin ausgetauscht wird. Was unterscheidet dieses „Paradies“ von einem Bordell? Ist das wirklich der Wille Gottes?
Was sagt Jesus dazu?
Zur Zeit Jesu gab es Diskussionen zwischen den jüdischen Parteien der Sadduzäer und der Pharisäer über die Auferstehung. Die Sadduzäer lehnten die Lehre der Auferstehung ab, für die Pharisäer war sie wichtig. Am fiktiven Beispiel einer Frau, die hintereinander mit sieben Brüdern verheiratet war, aber kinderlos starb, wollten die Sadduzäer mit der Frage „Wessen Frau wird sie nach der Auferstehung sein?“ die Absurdität der Lehre von der Auferstehung aufzeigen. Es scheint, dass die Pharisäer darauf keine rechte Antwort wussten. Deswegen stellten sie auch Jesus diese Frage.
Die Anwort Jesu war klar:
Jesus sagte zu ihnen: Ihr irrt euch, ihr kennt weder die Schrift noch die Macht Gottes. Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, heiraten sie nicht, noch lassen sie sich heiraten, sondern sind wie Engel im Himmel. (Markus 12,24-25)
Nach den Worten Jesu ist die Ehe, und damit auch die Sexualität, ein Teil dieser Welt, den es nach der Auferstehung nicht mehr geben wird. Es wird keine Fortpflanzung mehr geben. Wenn Jesus sagt, dass sie „wie Engel im Himmel“ sein werden, heißt das nicht, dass sie Engel sein werden, aber, dass sie in diesem Punkt den Engeln ähnlich sein werden.
So wie die Engel all ihre Freude und ihre Erfüllung einzig aus der Gegenwart ihres ewigen Schöpfers erfahren, werden auch alle Menschen, die gerettet werden, durch und durch von der Liebe des Schöpfers erfüllt sein, die die irdische Freude aus dem Zusammensein mit dem Ehepartner bei Weitem übersteigt. Es geht nicht um die Befriedigung körperlicher Bedürfnisse, sondern um eine Erfüllung, die über alles, was wir in dieser Welt kennen, hinausgeht.
Konsequenzen für das Leben
Das Ziel, auf das wir zugehen, bestimmt unsere Lebensführung. Wenn wir als Ziel ein Paradies vor uns haben, in dem wir unsere Sexualität voll und ganz ausleben können, mit einer großen Anzahl unterschiedlicher Sexualpartnerinnen, deren Jungfräulichkeit wunderbarerweise immer wieder hergestellt wird, wird es nicht so leicht sein, den Sexualtrieb in dieser Welt in der rechten Weise unter Kontrolle zu haben.
Wenn unser Ziel aber die vollkommene Gemeinschaft mit unserem liebevollen himmlischen Vater ist, dann bekommen wir die Sehnsucht, diese tiefe Freude schon in unserem irdischen Leben zu erfahren. Dann ist uns bewusst, dass es wahre Erfüllung nicht durch Befriedigung der körperlichen Triebe gibt, sondern durch ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Dadurch lernen wir auch, von uns wegzuschauen und die Bedürfnisse anderer Menschen zu sehen. Dadurch erfahren wir bereits in diesem Leben etwas von der Freiheit, die uns Gott für alle Ewigkeit schenken will.
Er sagte zu mir: Sie sind geschehen. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Wer durstig ist, den werde ich unentgeltlich aus der Quelle trinken lassen, aus der das Wasser des Lebens strömt. Wer siegt, wird dies als Anteil erhalten: Ich werde sein Gott sein und er wird mein Sohn sein. (Offenbarung 21,6-7)
- Die interessante These von Christoph Luxenberg (Die syro-aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, 2. Auflage 2004, S.255-294), dass es in einer syro-aramäischen Urversion des Korans hier nicht um Frauen, sondern um Weintrauben ging, bleibt hier außer Betracht, da diese von Muslimen in der Regel nicht anerkannt wird. Seine These wird aber in diesem Beitrag behandelt.↩