Zu den 144.000 in der Offenbarung

An zwei Stellen im Buch der Offenbarung ist von einer Gruppe von 144.000 die Rede. Ich werde zuerst jeden dieser beiden Abschnitte gesondert betrachten, danach auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede achten. Abschließend werde ich mich der Erklärung dieser Stellen durch die Zeugen Jehovas widmen.

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass die Deutung der Bilder der Offenbarung immer mit einer gewissen Unsicherheit verbunden ist. Diese Unsicherheit betrifft auch meine Erklärung. Ich hoffe aber, dass ich Anstöße zum Nachdenken geben kann.

1 Offenbarung 7

1 Danach sah ich: Vier Engel standen an den vier Ecken der Erde. Sie hielten die vier Winde der Erde fest, damit der Wind weder über das Land noch über das Meer wehte, noch gegen irgendeinen Baum. 2 Dann sah ich vom Aufgang der Sonne her einen anderen Engel emporsteigen; er hatte das Siegel des lebendigen Gottes und rief den vier Engeln, denen die Macht gegeben war, dem Land und dem Meer Schaden zuzufügen, mit lauter Stimme zu 3 und sprach: Fügt dem Land, dem Meer und den Bäumen keinen Schaden zu, bis wir den Knechten unseres Gottes das Siegel auf die Stirn gedrückt haben! 4 Und ich erfuhr die Zahl derer, die mit dem Siegel gekennzeichnet waren. Es waren hundertvierundvierzigtausend aus allen Stämmen der Söhne Israels, die das Siegel trugen: 5 Aus dem Stamm Juda trugen zwölftausend das Siegel, aus dem Stamm Ruben zwölftausend, aus dem Stamm Gad zwölftausend, 6 aus dem Stamm Ascher zwölftausend, aus dem Stamm Naftali zwölftausend, aus dem Stamm Manasse zwölftausend, 7 aus dem Stamm Simeon zwölftausend, aus dem Stamm Levi zwölftausend, aus dem Stamm Issachar zwölftausend, 8 aus dem Stamm Sebulon zwölftausend, aus dem Stamm Josef zwölftausend, aus dem Stamm Benjamin trugen zwölftausend das Siegel. (Offenbarung 7,1-8)

Man gewinnt den Eindruck, dass es hier um eine Situation vor einem Strafgericht geht. Die Knechte Gottes sollen mit einem Siegel an ihrer Stirn gekennzeichnet werden, damit sie von diesem im Text nur indirekt genannten (Fügt dem Land, dem Meer und den Bäumen keinen Schaden zu […]) Strafgericht nicht betroffen seien. Das erinnert einerseits an die Situation vor dem Auszug aus Ägypten, als die Israeliten ihre Häuser mit dem Blut der geschlachteten Lämmer kennzeichnen sollten, um dem Gericht an den Ägyptern zu entgehen (Exodus 12,22-23), andererseits an eine Vision des Propheten Ezechiel, wo ein Mann vor der Zerstörung Jerusalems allen, die seufzen und stöhnen über all die Gräueltaten, die in Jerusalem begangen werden ein Zeichen auf die Stirn geschrieben werden soll (Ezechiel 9,4). Diese Männer sollten vor dem Gericht bewahrt werden. Alle anderen sollten umkommen.

So legt sich auch für das Verständnis von Offenbarung 7 nahe, dass die 144.000 Knechte Gottes durch die Versiegelung vor einem Strafgericht bewahrt werden sollten.

Die Zahl 144.000 ist als Symbolzahl zu verstehen. Aus jedem der zwölf Stämme gibt es zwölftausend Versiegelte. Die Zahl Zwölf bezeichnet ein Ganzes. Die zwölf Stämme Israels stehen für die Gesamtheit des alttestamentlichen Gottesvolkes. Darum hat auch Jesus zwölf Apostel berufen.

Aufgrund der namentlichen Nennung der zwölf Stämme legt sich eine Deutung auf die Geretteten aus dem Volk Israel nahe – im Kontrast zu der ab 7,9 genannten großen Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen, die niemand zählen konnte, die sich auf die Geretteten aus den Heidenvölkern bezieht.

Die Beschreibung der beiden Gruppen ist vermutlich vor dem Hintergrund der damaligen Zeitgeschichte zu verstehen. Die Versiegelten aus den zwölf Stämmen sollten vor dem Gericht über das Volk Israel bewahrt werden, das durch den Jüdischen Krieg mit der Zerstörung der Stadt Jerusalems und des Tempels geschehen würde. Deswegen wird hier auf ein Bild angespielt, das der Prophet Ezechiel in einer Vision vor der Zerstörung von Stadt und Tempel im 6. Jahrhundert v. Chr. gesehen hat. Die treuen Knechte Gottes aus Israel werden bewahrt. Ich denke aber, dass es nicht nur um die damalige Generation geht, sondern dass hier alle Geretteten aus dem Volk Israel gemeint sind.

Ebenso dürfte bei der großen Schar derer, die aus der großen Bedrängnis kommen, der zeitgeschichtliche Hintergrund der Neronischen Christenverfolgung gegeben sein. Diese Märtyrer stehen aber für alle Gläubigen aus den Nationen, die ihr Leben im Glauben und in der Nachfolge Christi hingegeben haben.

So finden wir in Offenbarung 7 die Erlösten aus Israel und allen Nationen im Kontrast und doch in Einheit verbunden.

Manchmal werden die 144.000 auf die Gesamtheit der Gläubigen bezogen. So schreibt etwa die Jerusalemer Bibel in der Fußnote zu 7,4:

144 000 Das Quadrat von 12 (heilige Zahl), multipliziert mit 1000: die Vielzahl der Gläubigen Christi (das neue Israel, vgl. Gal 6,16)

Dass es bei dem in Galater 6,16 genannten „Israel Gottes“ um das gesamte Gottesvolk des Neuen Bundes geht, dürfte klar sein. Doch spricht nicht nur die Gegenüberstellung zu der in 7,9 genannten großen Schar aus allen Nationen gegen dieses Verständnis von Offenbarung 7.

Es heißt hier bei jedem Stamm: aus dem Stamm XY. Es waren 144.000 aus allen Stämmen der Söhne Israels. Ginge es hier um das neue Israel in seiner Gesamtheit, dann müsste es z. B. heißen: „zwölftausend, die den Stamm XY bildeten.“ Oder in Vers 4: „144.000, die das Siegel Gottes trugen. Sie waren die zwölf Stämme der Söhne Israels.“ Die Versiegelten stellen aber nur eine Teilmenge des jeweiligen Stammes bzw. der Gesamtheit der zwölf Stämme dar. So ist meines Erachtens die Deutung auf das neue Israel, die Gemeinde in ihrer Gesamtheit, nicht möglich.

Es fällt auf, dass der Stamm Dan nicht genannt ist. Da der Stamm Josef, der auch im alten Israel einen Doppelstamm (Ephraim und Manasse) bildete, als „Josef“ und als „Manasse“ zweimal genannt wurde, musste, um die Zwölfzahl zu erhalten, einer der anderen Stämme ungenannt bleiben. Ich halte es für spekulativ, dem zu entnehmen, dass der Antichrist (so es diesen als Einzelperson überhaupt geben sollte), aus dem Stamm Dan kommen würde. Vielleicht hängt die Nichterwähnung damit zusammen, dass in Dan eines der beiden Stierbilder stand, die Jerobeam errichten ließ (1 Könige 12,28-30). Auch der Stamm Ephraim, auf dessen Gebiet sich in Bet-El das andere Stierbild befand, wird nicht direkt genannt, sondern Josef, der Vater Ephraims und Manasses.

2 Offenbarung 14

1 Und ich sah und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion und bei ihm waren hundertvierundvierzigtausend; auf ihrer Stirn trugen sie seinen Namen und den Namen seines Vaters geschrieben. 2 Dann hörte ich eine Stimme vom Himmel her, die dem Rauschen von Wassermassen und dem Rollen eines gewaltigen Donners glich. Die Stimme, die ich hörte, war wie der Klang der Harfe, die ein Harfenspieler schlägt. 3 Und sie sangen ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier Lebewesen und vor den Ältesten. Aber niemand konnte das Lied lernen außer den hundertvierundvierzigtausend, die von der Erde weg freigekauft sind. 4 Sie sind es, die sich nicht mit Frauen befleckt haben; denn sie sind jungfräulich. Sie folgen dem Lamm, wohin es geht. Sie allein unter allen Menschen sind freigekauft als Erstlingsgabe für Gott und das Lamm. 5 Denn in ihrem Mund fand sich keinerlei Lüge. Sie sind ohne Makel. (Offenbarung 14,1-5)

Geht es hier um die Elite unter den Christen? Sie sind jungfräulich, also ehelos? In ihrem Mund fand sich keinerlei Lüge. Sie sind ohne Makel.

Oder geht es nicht doch um die Gesamtheit der Christen? Könnte mit der Jungfräulichkeit nicht auch eine Gesinnung der Reinheit gemeint sein, die auch in einer christlichen Ehe gegeben sein muss? Kann man die gottgewollte eheliche Verbindung zwischen Mann und Frau eine „Befleckung“ nennen? In 2 Korinther 11,2 schreibt Paulus:

Denn ich werbe eifrig um euch mit dem Eifer Gottes; ich habe euch einem einzigen Mann verlobt, um euch als reine Jungfrau zu Christus zu führen.

Damit hat Paulus die gesamte Gemeinde gemeint, nicht nur die Ehelosen in ihr.

Es geht um eine Gesinnung der Reinheit, die ganz auf Gott ausgerichtet ist, der alles Trachten der Erlösten bestimmt.

Es ist ein Wunder Gottes, dass er die Menschen, die an Jesus glauben, verändert. Wo früher Lüge im Mund war, herrscht Wahrhaftigkeit. Die Nachfolge Jesu, der die Wahrheit in Person ist, verändert seine Nachfolger in seinem Sinn.

„Freigekauft“ sind alle, die an ihn glauben. Jesus ist für alle gestorben, sogar für die, die ihn ablehnen, und die Freiheit, die er ihnen anbietet, verwerfen.

Die „Erstlingsgabe“ bezieht Jakobus auf die ganze Gemeinde:

Aus freiem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir eine Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien. (Jakobus 1,18)

Im Griechischen steht in Offenbarung 14,4 dasselbe Wort im in Jakobus 1,18.

Einige Handschriften (Papyrus 47, Sinaiticus) bieten statt „Erstlingsgabe“ allerdings die Variante „von Anfang an“. Im Griechischen ist nur ein Buchstabe Unterschied zwischen den beiden Lesarten. Der Satz würde dann lauten:

Sie allein unter allen Menschen sind von Anfang an freigekauft für Gott und das Lamm.

Das würde bedeuten, dass Gott von Anfang an wusste, dass sie die Erlösung annehmen würden. Auch bei dieser Variante wäre klar, dass es um alle Gläubigen geht.1

Es gibt aber auch einige Indizien, die in die Richtung weisen, auch in Offenbarung 14 die 144.000 auf die Erlösten aus Israel zu beziehen:

  • Das Lamm und die 144.000 stehen auf dem Berg Zion. Man könnte das auf das irdische Jerusalem und das Volk Israel beziehen. Nach Hebräer 12,22 könnte sich der Berg Zion allerdings auch auf die himmlische Wirklichkeit beziehen.
  • Sie sind von der Erde weg freigekauft. Man könnte die Erde als Symbol für Israel und das Meer als Symbol für die Völkerwelt sehen.
  • In Vers 6 geht es um die Verkündigung eines ewigen Evangeliums an alle Nationen, Stämme, Sprachen und Völker. Daraus könnte man schließen, dass es im zuvorgehenden Abschnitt nur um die Erlösten aus dem Volk Israel geht.
  • Man könnte die Erstlingsgabe auch so interpretieren, dass das Heil zuerst zu den Juden gekommen ist, sodass die Judenchristen in gewisser Weise die Erstlingsgabe darstellten. Auch der Jakobusbrief wurde an Judenchristen geschrieben.

3 Die beiden Stellen im Vergleich

Wenn die 144.000 in Kapitel 7 für die Erlösten aus dem Volk Israel stehen, die 144.000 in Kapitel 14 aber für alle Christen, scheint das doch etwas eigenartig zu sein. Sollte diese Symbolzahl nicht in beiden Kapiteln dieselben Menschen meinen?

In beiden Stellen haben die 144.000 etwas auf ihrer Stirn. In Kapitel 7 tragen sie das Siegel, in Kapitel 14 den Namen des Lammes und den Namen seines Vaters. Das passt gut zusammen. Das Siegel kennzeichnet sie als Eigentum Gottes. Hier liegt wohl auch ein Kontrast zu Offenbarung 13,16-17 vor:

16 Die Kleinen und die Großen, die Reichen und die Armen, die Freien und die Sklaven, alle zwang es, auf ihrer rechten Hand oder ihrer Stirn ein Kennzeichen anbringen zu lassen. 17 Kaufen oder verkaufen konnte nur, wer das Kennzeichen trug: den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens.

Die Erlösten tragen nicht den Namen des Tieres. Sie gehören Gott und tragen daher auch seinen Namen.

Da es in Kapitel 7 mit großer Wahrscheinlichkeit um die Erlösten aus Israel geht, müsste man, wenn mit den 144.000 in Kapitel 14 dieselbe Gruppe gemeint ist, man auch dort annehmen, dass es um Juden geht. Ich habe auch einige Indizien in diese Richtung erwähnt, die meines Erachtens aber nicht besonders stark sind.

Anderenfalls bleibt nur die Annahme, dass die Zahl 144.000 in beiden Fällen eine unterschiedliche Bedeutung hat.2 Einmal geht es um die Geretteten aus den Stämmen Israels, einmal um alle Erlösten. Diese Annahme ist zwar auch nicht problemlos, aber auch nicht unmöglich. Einmal steht die Symbolzahl 144.000 für die Fülle Israels, das andere Mal steht sie für die Fülle der Gemeinde.

Auf jeden Fall können diese Stellen eine Ermunterung sein, sich durch das Lamm von der Welt freikaufen zu lassen, die Welt nicht zu lieben, sondern zu überwinden. So schenkt Gott die jungfräuliche Reinheit, die Liebe zur Wahrheit, die uns von der Lüge fernhält. So wird man würdig, das neue Lied zur Verherrlichung Gottes und des Lammes zu singen.

4 Zur Deutung der Zeugen Jehovas

Die Zeugen Jehovas unterscheiden zwei Klassen von Geretteten. Einerseits gibt es solche mit himmlischer Hoffnung, die mit dem Heiligen Geist gesalbt wurden. Sie allein sind es, die als Söhne Gottes adoptiert wurden. Die Zahl der Angehörigen dieser Klasse, die die erneuerte Erde vom Himmel aus regieren werden, beträgt 144.000. Daneben gibt es noch eine große Zahl von „schafsähnlichen“ Menschen, die ein irdisches Paradies bewohnen werden. Sie haben keine Hoffnung, in den Himmel zu kommen, sie wollen nicht einmal dorthin. Sie sind nicht mit dem Heiligen Geist gesalbt, nehmen daher am jährlich wiederkehrenden Gedächtnismahl nur als Zuschauer teil, selbst wenn kein einziger in der Versammlung vom Brot und vom Wein nimmt. Sie freuen sich darauf, dass sie für alle Ewigkeit auf einer paradiesischen Erde leben dürfen, regiert von der Klasse im Himmel, die im Grunde keine Menschen mehr sind, sondern „als Geistgeschöpfe auferweckt“ wurden.

In Ihrer Publikation „Die Offenbarung — Ihr großartiger Höhepunkt ist nahe!“ kann man die Erklärung der Zeugen Jehovas zu Kapitel 7 hier und hier, zu Kapitel 14 hier lesen. Man wird dort auch mit der erstaunlichen Tatsache konfrontiert, dass es in diesen Kapiteln vor allem um Ereignisse aus dem frühen 20. Jahrhundert geht, was mit ihrer Fixierung auf das Jahr 1914 zu tun hat. Mit diesem Teil ihrer Erklärung werde ich mich hier aber nicht beschäftigen, sondern mich darauf beschränken, ob man die Stellen in der Offenbarung wirklich so verstehen kann, dass die 144.000 im Himmel ist, die große Volksschar aber wegen ihrer irdischen Hoffnung auf der Erde zu sehen ist.

In Offenbarung 7,1-3 wird vorausgesetzt, dass sich die 144.000 auf der Erde befinden, da die Winde der Erde festgehalten wurden und dem Land, dem Meer und den Bäumen kein Schaden zugefügt werden soll, bis die 144.000 das Siegel auf die Stirn gedrückt erhalten. Das kann man so erklären, dass sie noch in ihrem irdischen Leben versiegelt wurden. In Kapitel 14 stehen die 144.000 auf dem Berg Zion, womit entweder der irdische Berg Zion in Jerusalem oder das himmlische Jerusalem gemeint sein kann. In 14,3 singen sie ein neues Lied vor dem Thron. Der Thron ist offensichtlich im Himmel. Aber auch die große Schar aus allen Nationen steht in 7,9 vor dem Thron und vor dem Lamm. Also ist die große Schar in 7,9 am selben Ort positioniert wie die 144.000 in 14,3.

In Bezug auf 7,9 wird erklärt:

Zum Beispiel bedeutet das griechische Wort (enṓpion), das hier mit „vor“ wiedergegeben wurde, buchstäblich „in Sicht“, „vor den Augen“ und wird mehrere Male in Verbindung mit Menschen auf der Erde gebraucht, die sich „vor Gott“ oder „vor Gottes Augen“ befinden (1. Timotheus 5:21; 2. Timotheus 2:14; Römer 14:22; Galater 1:20). […] In ähnlicher Weise steht die große Volksmenge „vor dem Thron und vor dem Lamm“; sie steht nämlich vor den Augen Jehovas und seines Königs, Christus Jesus, von denen sie ein günstiges Urteil erhält.

Die große Volksmenge steht demzufolge auf der Erde vor dem Thron Gottes, der im Himmel ist. Man kann sagen, dass es in Kapitel 14 noch die Zusatzinformation gibt, dass die 144.000 mit dem Lamm auf dem Berg Zion stehen. Aber auch über die große Volksmenge gibt es eine derartige Zusatzinformation:

15 Deshalb stehen sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm bei Tag und Nacht in seinem Tempel; und der, der auf dem Thron sitzt, wird sein Zelt über ihnen aufschlagen. 16 Sie werden keinen Hunger und keinen Durst mehr leiden und weder Sonnenglut noch irgendeine sengende Hitze wird auf ihnen lasten. 17 Denn das Lamm in der Mitte vor dem Thron wird sie weiden und zu den Quellen führen, aus denen das Wasser des Lebens strömt, und Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen. (Offenbarung 7,15-16)

Dazu die Erklärung der aus ihrer Publikation über die Offenbarung:

Es stimmt zwar, daß es später, in Offenbarung 7:15, heißt, sie bringe Gott „in seinem Tempel“ Dienst dar, aber mit diesem Tempel ist nicht der innere Teil des Heiligtums, das Allerheiligste, gemeint, sondern der irdische Vorhof des geistigen Tempels Gottes. Das griechische Wort naós, das hier mit „Tempel“ übersetzt worden ist, bezieht sich oft in einem umfassenderen Sinn auf das gesamte Gebäude, das für die Anbetung Jehovas errichtet worden war. Heute ist damit ein geistiges Gebäude gemeint, das sowohl den Himmel als auch die Erde einschließt.

In Offenbarung 11,19 ist aber vom Tempel Gottes im Himmel die Rede, ebenso in 14,15.17; 15,5.8; 16,1.17. Der Sprachgebrauch der Offenbarung stützt die Erklärung der Zeugen Jehovas nicht. Man sieht, wie hier nicht vom Text ausgegangen wird, sondern mit Tricks versucht wird, die eigene Ideologie in den Text hineinzulegen.

Das zeigt mit erschütternder Deutlichkeit, dass für die Menschen, die diese Erklärung produziert haben, das Wort aus Offenbarung 14,5 nicht zutrifft:

Denn in ihrem Mund fand sich keinerlei Lüge. Sie sind ohne Makel.

Im Gegenteil trifft auf sie das Wort aus Offenbarung 21,8 zu:

Aber die Feiglinge und Treulosen, die Befleckten, die Mörder und Unzüchtigen, die Zauberer, Götzendiener und alle Lügner – ihr Los wird der See von brennendem Schwefel sein. Dies ist der zweite Tod.

Dass die Einteilung der Gläubigen in zwei Klassen, eine mit himmlischer und eine mit irdischer Hoffnung ganz und gar nicht der Lehre Jesu und der Apostel entspricht, wird in diesem Artikel aufgezeigt.

Eine weitere Frage, die sich bei der Erklärung der Zeugen Jehovas stellt, ist, warum die Zahl 144.000 wörtlich zu verstehen ist, die zwölf Stämme mit deren Namen hingegen symbolisch.

Die Deutung des Buchs der Offenbarung ist nicht einfach, und man kommt manchmal zu keinem eindeutigen Ergebnis. Trotzdem kann man auch sehen, dass manche Erklärungen sicher falsch sind. Dazu gehört auch die Deutung der 144.000 durch die Wachtturmgesellschaft.

Wer siegt, der darf mit mir auf meinem Thron sitzen, so wie auch ich gesiegt habe und mich mit meinem Vater auf seinen Thron gesetzt habe. (Offenbarung 3,21)


  1. In 2 Thessalonicher 2,13 finden wir dieselbe Variation zwischen „Erstlingsgabe“ und „von Anfang an“. Dort heißt es in der Einheitsübersetzung: Wir müssen Gott zu jeder Zeit euretwegen danken, vom Herrn geliebte Brüder, weil Gott euch als Erstlingsgabe dazu auserwählt hat, aufgrund der Heiligung durch den Geist und aufgrund eures Glaubens an die Wahrheit gerettet zu werden. Die Elberfelder Bibel folgt anderen Handschriften und bietet diesen Text: Wir aber müssen Gott allezeit für euch danken, vom Herrn geliebte Brüder, dass Gott euch von Anfang an erwählt hat zur Rettung in Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit. 
  2. Dass die 144.000 in Kapitel 14 andere als die in Kapitel 7 genannte sind, hat auch Andreas von Caesarea um 610 angenommen. Seine Begründung ist jedoch fragwürdig.
    Bei den Alten (im Alten Bund) nämlich lässt sich die heilsame Einrichtung der Jungfräulichkeit nur äußerst selten und bei gar Wenigen finden, deshalb muss man annehmen, dass es sich bei diesen [Jungfrauen] um andere handelt, im Gegensatz zu denen, die wir zuvor anführten, namentlich jene, die aus den Stämmen Israels hervorgegangen sind. An ihnen ist keine Jungfräulichkeit bezeugt. (Heiliger Andreas von Caesarea, Kommentar zur Apokalypse des Johannes, Wachtendonk 2014, S.130). 

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