Zum „Geheimnis von Fatima“

Im Jahre 1917 behaupteten drei Kinder im portugiesischen Ort Fatima, dass ihnen sechsmal, jeweils am 13. eines Monats, eine Dame erschienen ist, die sie als Maria, die Mutter Jesu identifizierten. Sie hat sich am 13. Oktober 1917 vor dem „Sonnenwunder“ selbst als die „Liebe Frau vom Rosenkranz“ bezeichnet.

Am 13. Juli 1917 habe die Erscheinung den Kindern das „Geheimnis von Fatima“ offenbart, das aus drei Teilen besteht. Ich beschäftige mich hier mit den schon länger bekannten ersten zwei Teilen. Der dritte Teil wurde lange Zeit geheimgehalten und ist bis heute unter Katholiken umstritten. Die ersten beiden Teile wurden von der einzigen Überlebenden1, Lucia dos Santos, am 31. August 1941 niedergeschrieben. Der Text ist auf der Website des Vatikans zu finden.

[…] Nun gut! Das Geheimnis besteht aus drei verschiedenen Teilen, von denen ich zwei jetzt offenbaren will. Der erste Teil war die Vision der Hölle.

Unsere Liebe Frau zeigte uns ein großes Feuermeer, das in der Tiefe der Erde zu sein schien. Eingetaucht in dieses Feuer sahen wir die Teufel und die Seelen, als seien es durchsichtige schwarze oder braune, glühende Kohlen in menschlicher Gestalt. Sie trieben im Feuer dahin, emporgeworfen von den Flammen, die aus ihnen selber zusammen mit Rauchwolken hervorbrachen. Sie fielen nach allen Richtungen, wie Funken bei gewaltigen Bränden, ohne Schwere und Gleichgewicht, unter Schmerzensgeheul und Verzweiflungsschreie, die einen vor Entsetzen erbeben und erstarren ließen. Die Teufel waren gezeichnet durch eine schreckliche und grauenvolle Gestalt von scheußlichen, unbekannten Tieren, aber auch sie waren durchsichtig und schwarz.

Diese Vision dauerte nur einen Augenblick. Dank sei unserer himmlische Mutter, die uns vorher versprochen hatte, uns in den Himmel zu führen (in der ersten Erscheinung). Wäre das nicht so gewesen, dann glaube ich, wären wir vor Schrecken und Entsetzen gestorben.

Wir erhoben den Blick zu Unserer Lieben Frau, die voll Güte und Traurigkeit sprach:

– Ihr habt die Hölle gesehen, wohin die Seelen der armen Sünder kommen. Um sie zu retten, will Gott in der Welt die Andacht zu meinem Unbefleckten Herzen begründen. Wenn man tut, was ich euch sage, werden viele Seelen gerettet werden, und es wird Friede sein. Der Krieg wird ein Ende nehmen. Wenn man aber nicht aufhört, Gott zu beleidigen, wird unter dem Pontifikat von Papst Pius XII. ein anderer, schlimmerer beginnen. Wenn ihr eine Nacht von einem unbekannten Licht erhellt seht, dann wißt, daß dies das große Zeichen ist, daß Gott euch gibt, daß Er die Welt für ihre Missetaten durch Krieg, Hungersnot, Verfolgungen der Kirche und des Heiligen Vaters bestrafen wird. Um das zu verhüten, werde ich kommen, um die Weihe Rußlands an mein unbeflecktes Herz und die Sühnekommunion an den ersten Samstagen des Monats zu verlangen. Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Rußland sich bekehren und es wird Friede sein. Wenn nicht, wird es seine Irrlehren über die Welt verbreiten, wird Kriege und Kirchenverfolgungen heraufbeschwören. Die Guten werden gemartert werden, der Heilige Vater wird viel zu leiden haben, verschiedene Nationen werden vernichtet werden, am Ende aber wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren. Der Heilige Vater wird mir Rußland weihen, das sich bekehren wird, und der Welt wird eine Zeit des Friedens geschenkt werden.

Beim Lesen dieses Textes stellen sich mehrere Fragen, die ich gesondert behandeln werde.

Eine nachträgliche Weissagung?

Meines Erachtens handelt es sich hier wenigstens zum Teil um ein vaticinium ex eventu, eine nachträgliche Weissagung. Zum Zeitpunkt der Erscheinung tobte in Europa der 1. Weltkrieg. Die Dame kündigte aber einen noch schlimmeren Krieg an, der unter dem Pontifikat von Pius XII. beginnen sollte. 1917 war Benedikt XV. Papst. Nach seinem Tod folgte ihm im Jahre 1922 Achille Ratti unter dem Namen Pius XI. Auf diesen folgte am 2.3.1939 Eugenio Pacelli unter dem Namen Pius XII. Unter seinem Pontifikat brach am 1. September 1939 dann der 2. Weltkrieg aus. 1917 wusste niemand, dass es einmal einen Papst Pius XII. geben werde. Natürlich kann man sagen, dass die „Königin des Rosenkranzes“ das wusste und darum diesen Papst namentlich erwähnen konnte. Ich halte es aber für viel wahrscheinlicher, dass Lucia, als sie dieses Geheimnis 1941 niedergeschrieben hat, diese Ankündigung des Krieges erfunden hat.

Das „große Zeichen“, als „eine Nacht von einem unbekannten Licht erhellt“ wurde, war ein Nordlicht, das am 25. Jänner 1938 über weiten Teilen Europas sichtbar war. Lucia hat diese Weissagung aber erst nach dem Ereignis aufgeschrieben, was sehr stark dafür spricht, dass auch dieses Zeichen im Nachhinein der Dame in den Mund gelegt wurde.

Die Höllenvision

Die Hölle ist eine schreckliche Wirklichkeit, die nicht geleugnet werden darf. Doch spricht die Bibel nur in Bildern darüber. Der eigentliche Schrecken der Hölle ist die ewige Trennung des Menschen von Gott. Weil der Mensch nach Gottes Bild geschaffen ist, kann er Erfüllung nur in einer Beziehung zu seinem Schöpfer finden. Wer diese Beziehung verwirft, hat das Ziel seines Lebens verfehlt und bleibt im ewigen Unglück.

Eine Vision über die Hölle finden wir in der Heiligen Schrift nicht. Gott hat es offensichtlich nicht für notwendig oder hilfreich erachtet, seinen Propheten oder Aposteln einen Einblick in die Hölle zu schenken. Das blieb der Fantasie neugieriger Menschen überlassen. Schon im 2. Jahrhundert beschreibt die apokryphe Petrusapokalypse die Hölle. Auch der Koran lässt verschiedentlich, z. B. in Sure 4,56, einer grausamen Fantasie freien Lauf.

Ist es wirklich Gottes Wille, dass Gott drei Kindern im Alter von sieben bis zehn Jahren einen derartigen Schrecken einjagen will, wenn er reife Menschen, wie es seine Propheten und Apostel waren, damit nicht behelligt hat?

Oder zeigt diese Höllenvision nicht eher, wie sich Lucia die Hölle vorgestellt hat?

Die Motivation, Gott zu dienen, soll aus der Liebe zum Schöpfer kommen, nicht aus Schreckensbildern menschlicher Fantasie.

Was rettet vor der Hölle?

Ihr habt die Hölle gesehen, wohin die Seelen der armen Sünder kommen. Um sie zu retten, will Gott in der Welt die Andacht zu meinem Unbefleckten Herzen begründen.

In der Bibel steht das etwas anders:

Und es wird geschehen: Jeder, der den Namen des HERRN anruft, wird gerettet. (Joel 3,5a)

Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. (Johannes 3,16)

30 Er führte sie hinaus und sagte: Ihr Herren, was muss ich tun, um gerettet zu werden? 31 Sie antworteten: Glaube an Jesus, den Herrn, und du wirst gerettet werden, du und dein Haus. (Apostelgeschichte 16,30-31)

8 Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt -, 9 nicht aus Werken, damit keiner sich rühmen kann. 10 Denn seine Geschöpfe sind wir, in Christus Jesus zu guten Werken erschaffen, die Gott für uns im Voraus bestimmt hat, damit wir mit ihnen unser Leben gestalten. (Epheser 2,8-10)

Die Rettung kommt aus dem Glauben und zeigt sich in einem Leben nach den Geboten Gottes.

In der Bibel steht nichts über ein „unbeflecktes Herz Marias“ und auch nichts über eine besondere Andacht zu diesem Herzen. Der Gottesdienst eines Christen besteht aus seinem ganzen Leben.

1 Ich ermahne euch also, Brüder und Schwestern, kraft der Barmherzigkeit Gottes, eure Leiber als lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer darzubringen – als euren geistigen Gottesdienst. 2 Und gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene! (Römer 12,1-2)

Im Neuen Testament werden wir auch vor dem Halten von besonderen Tagen gewarnt.

10 Ihr beobachtet Tage und Monate und bestimmte Zeiten und Jahre. 11 Ich fürchte um euch, ob ich nicht etwa vergeblich an euch gearbeitet habe. (Galater 4,10-11, Elberfelder)

Da ist kein Platz für einen besonderen Ritus an jedem ersten Samstag im Monat.

Sühnekommunion?

Das Herrenmahl, so wie es in der Bibel steht, hat keinen Sühnecharakter. Es ist eine Erinnerung an die Erlösungstat, die Jesus für alle Menschen geleistet hat. Es ist Gemeinschaft mit dem Leib und Blut Christi. Es ist Gemeinschaft mit den Brüdern und Schwestern der Gemeinde.

Wir können für andere keine Sühne leisten. Jeder Mensch, auch jeder Gläubige, ist Sünder und bedarf der Vergebung Gottes. In dieser Welt sollen wir die Vollkommenheit anstreben, aber wer das ernsthaft tut, wird immer erkennen, wie groß der Mangel noch ist. Da bleibt nichts an guten Taten, für die Sühne an anderen.

Gebet für andere ist richtig und wichtig. Aber niemand kann einem anderen seine persönliche Umkehr abnehmen. Diesen Schritt muss jeder selber setzen.

Jesus hat durch seine vollkommene Liebe alles getan, damit alle Menschen gerettet werden könnten, so sie denn wollten.

Er (Jesus) ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt. (1 Johannes 2,2)

Es ist Hochmut zu meinen, dass man dazu noch etwas hinzufügen kann.

So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan. (Lukas 17,10)

„Was ich euch sage“

Wenn man tut, was ich euch sage, werden viele Seelen gerettet werden, und es wird Friede sein.

Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Rußland sich bekehren und es wird Friede sein.

Die biblische Maria hat anders gesprochen. Das letzte aus ihrem Munde überlieferte Wort lautet:

Was er euch sagt, das tut! (Johannes 2,5b)

Der Fokus in Fatima liegt eindeutig auf „Maria“, nicht auf Jesus.

Weitere Themen

Die Dame hat immer wieder vom „Heiligen Vater“ gesprochen. In der Bibel wird nur Gott „Heiliger Vater“ genannt.

Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir! (Johannes 17,11)

Mehr dazu gibt es in einem eigenen Beitrag.

Auch die Weihe Russlands ist Thema eines gesonderten Beitrags, ebenso wie der Rosenkranz, dessen Rezitation in Fatima von der „Königin des Rosenkranzes“ gefordert wurde.

Schlussfolgerung

Die genannten Beispiele zeigen, dass das „Geheimnis von Fatima“ oder die mit diesen Erscheinungen verbundene Botschaft nicht der Lehre Jesu und der Apostel entspricht.

Wir dürfen uns vertrauensvoll an Jesus, dein einzigen Mittler zwischen Gott und den Menschen wenden. Der Glaube an ihn rettet, nicht ein unbiblisches Ritual, das jeden ersten Samstag im Monat durchgeführt wird.

Am Ende wird nicht das „unbefleckte Herz“ der „Lieben Frau vom Rosenkranz“ triumphieren, sondern Gott durch Jesus Christus, seinen ewigen Sohn.

Gott aber sei Dank, der uns den Sieg geschenkt hat durch unseren Herrn Jesus Christus. (1 Korinther 15,57)

Und alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde, unter der Erde und auf dem Meer, alles, was darin ist, hörte ich sprechen: Ihm, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebühren Lob und Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit. (Offenbarung 5,13)


  1. Die anderen beiden Kinder starben bereits im Kindesalter 1919 bzw. 1920. 

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