Haben Propheten und Gottesmänner gesündigt?

Viele Muslime glauben, dass alle Propheten sündenlos waren. So heißt es auf der schiitischen Website eslam.de:

Propheten zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie durch die Gnade Gottes und Selbstläuterung fehlerfrei sind, obwohl sie wie alle Menschen fehlbar erschaffen wurden. Ihre vollständige Ergebenheit in Gott bewirkt allerdings, dass sie keine Fehler begehen.

In diesem Text ist zwar nicht von Sünden, sondern von Fehlern die Rede. Da nicht jeder Fehler eine Sünde ist, wohl aber jede Sünde auch ein Fehler, wird hier auch die Sündenlosigkeit der Propheten behauptet.

Sunniten drücken sich nicht mit derselben Absolutheit aus. So lesen wir auf islaminstitutstuttgart.de:

Sie sind vor den großen Sünden geschützt wie auch vor den kleinen erniedrigenden Sünden, d. h. vor den Sünden, die auf die Niederträchtigkeit desjenigen deuten, der sie begeht, wie das Stehlen einer Traubenbeere. Was aber die kleinen Sünden betrifft, die nicht erniedrigend sind, so kann es selten passieren, dass ein Prophet solch eine Sünde begeht, jedoch wird ihm sofort offenbart, dass sie eine Sünde ist und er bereut sie sofort, bevor andere ihn darin nachahmen.

Da die Bibel offen über die Sünden der Propheten und Gottesmänner spricht, wird – um die Ehre der Propheten zu schützen – leicht die Verfälschung der Bibel behauptet. Im selben Artikel des Islaminstituts Stuttgart wird gesagt:

Ebenso ist die folgende Geschichte über den Propheten Dâwûd (zu Dt. David) erlogen. Einige Menschen erzählen, dass der Prophet Dâwûd die Ehefrau seines Armeeführers gesehen hätte, als sie nackt war, um sich zu waschen. Sie behaupten, er hätte sie weiter angesehen und Gefallen an ihr gefunden. Danach hätte er seinen Armeeführer in den Krieg gesandt, damit der Prophet selbst diese Frau heiraten könnte. Die niederträchtigsten Menschen akzeptieren es nicht, dass man ihnen so etwas zuschreibt, wie könnte es dann auf einen Propheten zutreffen, während ein Prophet von ALLÂH gesandt wurde, um den Menschen unter anderem die noblen Charaktereigenschaften zu lehren?

Die Geschichte über Davids Sünden wurde nicht von irgendwelchen „einigen Menschen“ erzählt, sondern, wenn auch im Detail etwas anders, von einem von Gott inspirierten Schreiber in 2 Samuel 11. Indirekt behauptet der Autor dieses Artikels also die Verfälschung der Bibel.

Ist es nicht gerade ein Zeichen der Ehrlichkeit der biblischen Autoren, dass sie auch über die Sünden der Diener Gottes geschrieben haben? Selbst David, der große König Israels, der Stammvater des Messias, wurde nicht idealisiert. Seine Sünde wurde nicht verheimlicht, aber auch nicht seine Reue und Umkehr nach der Ermahnung durch den Propheten Natan (2 Samuel 12,1-14).

Blicken wir in den Koran, dann finden wir dort weder die Lehre der Verfälschung der Bibel (siehe dazu: Sagt der Koran, dass die Thora verfälscht wurde? und: Sagt der Koran, dass das Evangelium verfälscht wurde?) noch die Sündenlosigkeit der Propheten.

Der Koran erwähnt direkt oder indirekt Sünden verschiedener Menschen, die im Islam als Propheten gelten.

Adam

Anders als in der Bibel gilt der erste Mensch im Islam als Prophet. Doch erwähnt auch der Koran seine Sünde, der aber nicht dieselbe grundlegende Bedeutung zugemessen wird wie im Christentum.

35 Und Wir sagten: „O Ādam, bewohne du und deine Gattin den (Paradies)garten, und eßt von ihm reichlich, wo immer ihr wollt! Aber nähert euch nicht diesem Baum, sonst gehört ihr zu den Ungerechten!“ 36 Doch Satan entfernte sie davon, und da vertrieb er sie aus dem, worin sie (an Glückseligkeit) gewesen waren. Wir sagten: „Geht fort! Einige von euch seien der anderen Feind. Und auf der Erde sollt ihr Aufenthalt und Nießbrauch auf Zeit haben.“ 37 Da empfing Ādam von seinem Herrn Worte, und darauf nahm Er seine Reue an. Er ist ja der Reue-Annehmende und Barmherzige. (Sure 2,35-37)

120 Aber da flüsterte ihm der Satan ein und sagte: „O Ādam, soll ich dich auf den Baum der Ewigkeit hinweisen und auf eine Herrschaft, die nicht vergeht?“ 121 So aßen sie beide davon, und da zeigte sich ihnen ihre Blöße offenkundig, und sie begannen, Blätter des (Paradies)gartens auf sich zusammenzuheften. So widersetzte Ādam sich seinem Herrn, und da fiel er in Verirrung. 122 Hierauf erwählte ihn sein Herr, und so wandte Er Sich ihm Reue-Annehmend zu und leitete (ihn) recht. (Sure 20,120-122)

Abraham

[…] und von Dem ich erhoffe, daß Er mir am Tag des Gerichts meine Verfehlung vergeben wird. (Sure 26,82)

Mose

Er sagte: „Mein Herr, ich habe mir selbst Unrecht zugefügt; so vergib mir.“ Da vergab Er ihm, denn Er ist ja der Allvergebende und Barmherzige. (Sure 28,16)

David

24b Und Dāwūd verstand, daß Wir ihn nur der Versuchung ausgesetzt hatten. Da bat er seinen Herrn um Vergebung und fiel in Verbeugung nieder und wandte sich (Ihm) reuig zu. 25 Und so vergaben Wir ihm dies. Für ihn wird es fürwahr (den Zutritt in) Unsere Nähe und eine schöne Heimstatt geben. (Sure 38,24b-25)

Mehr zu dieser Begebenheit in diesem Beitrag.

Salomo

31 Als ihm am Abend die edlen, schnellen Pferde vorgeführt wurden, 32 da sagte er: „Ich habe mich der Liebe der (irdischen) Güter hingegeben und es darüber unterlassen, meines Herrn zu gedenken, bis sie sich hinter dem Vorhang verbarg. 33 Bringt sie mir wieder her.“ Da begann er, ihnen die Beine und den Hals zu zerhauen. 34 Und Wir setzten ja Sulaimān der Versuchung aus und setzten eine Gestalt auf seinen Thron. Hierauf wandte er sich (Allah) reuig zu. 35 Er sagte: „Mein Herr, vergib mir und schenke mir eine Königsherrschaft, die niemandem nach mir geziemt. Gewiß, Du bist ja der unablässig Schenkende.“ (Sure 38,31-35)

Die schwerste Sünde Salomos, sein Götzendienst (1 Könige 11,1-10), der im Zusammenhang mit seiner Polygamie stand, wird im Koran allerdings nicht erwähnt.

Jona

139 Auch Yūnus gehörte wahrlich zu den Gesandten. 140 Als er zum vollbeladenen Schiff davonlief. 141 Er warf Lose und wurde einer der Unterlegenen. 142 Da verschlang ihn der (große) Fisch, während er sich Tadel zugezogen hatte. (Sure 37,139-142)

Und (auch) dem Mann mit dem Fisch, als er erzürnt wegging. Da meinte er, Wir würden ihm nicht (den Lebensunterhalt) bemessen. Dann rief er in den Finsternissen: „Es gibt keinen Gott außer Dir! Preis sei Dir! Gewiß, ich gehöre zu den Ungerechten.“ (Sure 21,87)

Mehr zu Jona in diesem Beitrag.

Mohammed

So sei standhaft. Gewiß, Allahs Versprechen ist wahr. Und bitte um Vergebung für deine Sünde und lobpreise deinen Herrn am Abend und am frühen Morgen. (Sure 40,55)

Wisse also, daß es keinen Gott außer Allah gibt. Und bitte um Vergebung für deine Sünde und für die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen. Allah kennt euren Wandel und euren Aufenthalt. (Sure 47,19)

[…] damit dir Allah das von deinen Sünden vergebe, was vorher war und was später sein wird, und damit Er Seine Gunst an dir vollende und dich einen geraden Weg leite […] (Sure 48,2)

Die Sünden Mohammeds werden nicht beim Namen genannt, aber es wird eindeutig vorausgesetzt, dass er gesündigt hat. Sure 33,21 nennt Mohammed „ein schönes Vorbild“.

Ihr habt ja im Gesandten Allahs ein schönes Vorbild, (und zwar) für einen jeden, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft und Allahs viel gedenkt.

In Sure 33 finden wir auch Hinweise auf seine Sünden, die dort allerdings nicht Sünde genannt werden, sondern wie in Vers 37 der Ehebruch mit der Frau seines Adoptivsohns als „Anordnung Allahs“ ausgegeben werden. Mehr dazu im Beitrag über Sure 33.


Gottes Propheten haben gesündigt. Auch Mohammed hat nach dem Zeugnis des Korans gesündigt.

Der einzige, der nicht gesündigt hat, ist Jesus.

14 Da wir nun einen erhabenen Hohepriester haben, der die Himmel durchschritten hat, Jesus, den Sohn Gottes, lasst uns an dem Bekenntnis festhalten. 15 Wir haben ja nicht einen Hohepriester, der nicht mitfühlen könnte mit unseren Schwächen, sondern einen, der in allem wie wir versucht worden ist, aber nicht gesündigt hat. (Hebräer 4,14-15)

Er ist es, zu dem wir uns in unseren Nöten und Sünden wenden dürfen. Er, der nie gesündigt hat, kann uns von unseren Sünden befreien.

1 Darum wollen auch wir, die wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, alle Last und die Sünde abwerfen, die uns so leicht umstrickt. Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der vor uns liegt, 2 und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens; er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen, ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt. 3 Richtet also eure Aufmerksamkeit auf den, der solche Anfeindung von Seiten der Sünder gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermattet und mutlos werdet! (Hebräer 12,1-3)

Aber auch alle Diener Gottes, über deren Sünden die Bibel nicht schweigt, sind uns als Vorbilder gegeben. Sie haben sich reuevoll Gott zugewandt und haben Vergebung erfahren. Nicht die Idealisierung dieser Menschen hilft uns, sondern das Vorbild ihrer Reue und Umkehr.

3 Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen! 4 Wasch meine Schuld von mir ab und mach mich rein von meiner Sünde! 5 Denn ich erkenne meine bösen Taten, meine Sünde steht mir immer vor Augen. 6 Gegen dich allein habe ich gesündigt, ich habe getan, was böse ist in deinen Augen. So behältst du recht mit deinem Urteilsspruch, lauter stehst du da als Richter. (Psalm 51,3-6)

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