Die Zeugen der Auferstehung Jesu nach 1 Korinther 15

3 Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, 4 und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, 5 und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. 6 Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. 7 Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln. 8 Zuletzt erschien er auch mir, gleichsam der Missgeburt. 9 Denn ich bin der Geringste von den Aposteln; ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe. (1 Korinther 15,3-9)

Weil in Korinth manche Probleme mit der Lehre über die Auferstehung der Gläubigen hatten, widmete Paulus dem Thema Auferstehung ein langes Kapitel seines Briefes. Grundlage der Auferstehung der Gläubigen ist die Auferstehung Jesu. Deshalb stellte Paulus an den Anfang seiner Gedanken die Überlieferung über den Tod und die Auferstehung Jesu, die er selber empfangen hatte.

Mit dem Wort „empfangen“ wies er auf die Botschaft hin, die er selbst nach seiner Bekehrung als junger Christ in der Gemeinde von Damaskus, wo er getauft worden war, gehört hat. Das war relativ kurze Zeit nach dem Tod und der Auferstehung Jesu, vermutlich im Jahr 31. Das wahrscheinliche Todesdatum Jesu war der 7. April 30.

Schon Jahre bevor die Evangelien schriftlich niedergelegt wurden, wurde den jungen Christen in Damaskus (und wohl auch in anderen Gemeinden) in knappen Worten der Kern des Evangeliums, der Tod und die Auferstehung Jesu, vermittelt, wobei großer Wert auf die Nennung von Zeugen gelegt wurde.

Da das Christentum mit der Auferstehung Jesu steht und fällt, war es besonders in den Anfangsjahren, als die Zeugen noch lebten, wichtig Zeugen für dieses wunderbare Ereignis zu nennen.

Wie passt diese Auflistung, die Paulus in Damaskus empfangen hat und später an die Korinther weitergegeben hat, zu den Berichten der Evangelien?

Noch vor den Zeugen der Auferstehung wird der Tod Jesu für unsere Sünden genannt. Diese Deutung des Todes Jesu als Erlösertod für die Sünden hat nicht Paulus erfunden, sondern von den Jüngern empfangen. Schon Jesus hat seinen Tod so verstanden (Matthäus 26,28).

Es fällt auf, dass in den Evangelien berichtet wird, dass Jesus zuerst Maria Magdalena und anderen Frauen erschienen ist (Johannes 20,14-18; Matthäus 28,9-10) , diese aber in 1 Korinther 15 nicht genannt sind. Das hängt wohl damit zusammen, dass in der damaligen Gesellschaft das Wort einer Frau weniger galt. Deswegen wurden in der kurzen Auflistung die Frauen nicht genannt. Aus den Evangelien geht das aber klar hervor. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass diese Erzählungen nicht erfunden wurden. In der damaligen patriarchalischen Gesellschaft wäre man nicht auf die Idee gekommen, eine Geschichte so zu erfinden, dass Frauen die ersten Zeugen gewesen sein sollten.

… und erschien dem Kephas

Der erste Zeuge auf der von Paulus empfangenen Liste war Kephas (= Petrus). Die Erscheinung Jesu vor Petrus wird in den Evangelien nicht direkt erzählt, wird aber in Lukas 24,34 genannt. Als die Jünger, denen Jesus auf dem Weg nach Emmaus erschienen ist, nach Jerusalem zurückkamen, fanden sie dort die Elf und die mit ihnen versammelt waren.

Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen. (Lukas 24,34)

Es ist möglich, dass die Erscheinung, die Simon Petrus hatte, in den Evangelien nicht genauer erzählt wurde, um seine Person nicht zu sehr zu betonen.

Die Erscheinung Jesu vor den Jüngern am Weg nach Emmaus fehlt in 1 Korinther 15. Es war wohl keine vollständige Liste beabsichtigt.

… dann den Zwölf

Über die Erscheinung vor den zwölf Aposteln berichten sowohl Lukas (24,36-49) als auch Johannes (20,19-23). Zu diesem Zeitpunkt waren es nur elf (eigentlich nur zehn, weil Thomas nicht dabei war), wie es auch Lukas 24,33 anmerkt. Doch außer den Elf waren auch andere Jünger anwesend, unter denen wohl auch Matthias, der später in den Zwölferkreis aufgenommen wurde, war. Laut Apostelgeschichte 1,22 musste der neue Apostel ein Zeuge der Auferstehung Jesu sein. Diese Erscheinung geschah am Abend dieses ersten Tages der Woche, nach wahrscheinlicher Datierung am 9. April 30.

Eine Woche später erschien Jesus den Jüngern nochmals. Diesmal war auch Thomas dabei, der Jesus als Herrn und Gott bekannte (Johannes 20,26-29). Diese Erscheinung wird in 1 Korinther 15 nicht eigens genannt. Bei der Nennung der Zwölf konnten auch beide Erscheinungen zusammengefasst worden sein.

Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen.

Die „mehr als fünfhundert Brüder“ werden in den Evangelien nicht genannt. Vermutlich waren diese Brüder die Gesamtheit der Jünger, die Jesus bis zu seinem Tod treu geblieben sind. Viele von ihnen mögen aus Galiläa gestammt haben.

In Matthäus 28,10 sagte Jesus zu den Frauen:

Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen.

Dem engeren Jüngerkreis ist Jesus noch am Abend desselben Tags in Jerusalem erschienen. Hier scheint es sich um eine Aufforderung an alle Brüder zu handeln, sich an einen bestimmten Ort in Galiläa zu begeben, wo ihnen Jesus erscheinen wollte. Andere Erscheinungen geschahen plötzlich und unerwartet. Doch wenn Jesus allen seinen Jüngern auf einmal erscheinen wollte, musste es organisiert werden, sodass alle zugleich an einem Ort waren.

Auch wenn in Matthäus 28 die fünfhundert Brüder nicht genannt werden, scheinen die Verse 16-20 von diesem Ereignis zu sprechen:

16 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. 17 Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder, einige aber hatten Zweifel. 18 Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. 19 Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes 20 und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

Ausdrücklich ist hier nur von den elf Jüngern die Rede. Doch um den elf Jüngern, denen er bereits in Jerusalem erschienen war, nochmals zu erscheinen, musste er sie nicht nach Galiläa bestellen. Es würde sehr gut passen, dass die Erscheinung in Galiläa die Erscheinung vor den mehr als fünfhundert Jüngern war. Auch die Bemerkung in Vers 17, dass einige Zweifel hatten, passt nicht zu den elf Jüngern, denen Jesus in Jerusalem bereits zweimal erschienen war. Das ist eher bei Jüngern zu erwarten, für die es die erste Erscheinung war.

Im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dieser Erscheinung ist die in Johannes 21 berichtete Erscheinung Jesu vor sieben Jüngern am See von Tiberias einzuordnen. Hier ist aber nicht klar, welche der beiden Erscheinungen die frühere war.

Danach erschien er dem Jakobus …

Diese Erscheinung wird in den Evangelien nicht berichtet. Jakobus war ein Verwandter Jesu, der während seines öffentlichen Wirkens nicht an ihn glaubte. Ob Jesus dem Jakobus erschienen ist, als er noch nicht an ihn glaubte oder ob Jakobus durch das Zeugnis der Jünger schon zum Glauben gekommen war, kann nicht eindeutig gesagt werden. Wenn in 1 Korinther 15 die Erscheinung vor Jakobus nach der Erscheinung vor den mehr als fünfhundert Jüngern eingeordnet ist, ist es möglich, dass das Zeugnis so vieler Jünger über die Auferstehung Jesu auch Jakobus überzeugt hat noch bevor Jesus ihm erschienen war.

… dann allen Aposteln

Hier könnte die letzte Erscheinung Jesu vor seiner Himmelfahrt gemeint sein. Lukas schreibt darüber in Lukas 24,50-52 und in Apostelgeschichte 1,4-12.

Zuletzt erschien er auch mir …

Hier verlässt Paulus die Auflistung der Zeugen, die er empfangen hatte, und ergänzt sie mit der Erscheinung des Auferstandenen vor ihm, die in der Apostelgeschichte dreimal erzählt wird (Apostelgeschichte 9,1-8; 22,6-12; 26,12-18). Die Texte der Apostelgeschichte könnte man auch so verstehen, dass Paulus nur eine Lichtvision hatte. Nach seinem eigenen Zeugnis sieht Paulus die Erscheinung, die er hatte, auf derselben Ebene wie die Erscheinungen, die die Jünger vor ihm hatten. Das wird auch durch 1 Korinther 9,1 bestätigt.

Bin ich nicht frei? Bin ich nicht ein Apostel? Habe ich nicht Jesus, unseren Herrn, gesehen? Seid ihr nicht mein Werk im Herrn?


Der Vergleich von 1 Korinther 15 mit den Texten der Evangelien und der Apostelgeschichte zeigt, dass es sich um voneinander unabhängige Zeugnisse der Auferstehung Jesu handelt. Sie widersprechen einander aber nicht, sondern liefern durch gegenseitige Ergänzung ein volleres Bild. Der Tod und die Auferstehung Jesu sind gut bezeugte Tatsachen. Das Christentum baut nicht auf Mythen auf, sondern auf dem Eingreifen Gottes in die Geschichte, das durch Zeugen bestätigt wurde.

Diesen Jesus hat Gott auferweckt, dafür sind wir alle Zeugen. (Apostelgeschichte 2,32)

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