4 Höre, Israel! Der HERR, unser Gott, der HERR ist einzig. 5 Darum sollst du den HERRN, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. (Deuteronomium 6,4-5)
Diese Verse bilden einen der zentralen Texte des Alten Testaments. Er wird von frommen Juden täglich in ihren Gebeten rezitiert. Er verbindet das Bekenntnis zum einen und einzigen Gott mit dem Gebot, ihn mit unserem ganzen Sein zu lieben.
Jesus hat dieses Gebot das erste von allen Geboten genannt.
28 Ein Schriftgelehrter […] fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen? 29 Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. 30 Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft. (Markus 12,28-30)
Wenn der Koran die Bestätigung der Thora und des Evangeliums ist und den krönenden und alles zusammenfassenden Abschluss der Offenbarung darstellt, wäre zu erwarten, das Gebot, Gott aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und mit ganzer Kraft zu lieben, auch in diesem dem Anspruch nach vollkommenen Buch zu finden.
Dem ist aber nicht so. Ich habe folgende Stellen gefunden, die von der Liebe des Menschen zu Allah sprechen.
31 Sag: Wenn ihr Allah liebt, dann folgt mir. So liebt euch Allah und vergibt euch eure Sünden. Allah ist Allvergebend und Barmherzig. 32 Sag: Gehorcht Allah und dem Gesandten. Doch wenn sie sich abkehren, so liebt Allah die Ungläubigen nicht. (Sure 3,31-32)
Und doch gibt es unter den Menschen manche, die außer Allah andere als Seinesgleichen annehmen und ihnen dieselbe Liebe schenken wie Allah. Aber diejenigen, die (wirklich) glauben, sind stärker in ihrer Liebe zu Allah. Und wenn doch diejenigen, die Unrecht tun, wenn sie der Strafe angesichtig werden, erkennen würden, daß alle Stärke Allah gehört und daß Allah streng im Strafen ist. (Sure 2,165)
O die ihr glaubt, wer von euch sich von seiner Religion abkehrt –, so wird Allah Leute bringen, die Er liebt und die Ihn lieben, bescheiden gegenüber den Gläubigen, mächtig (auftretend) gegenüber den Ungläubigen, und die sich auf Allahs Weg abmühen und nicht den Tadel des Tadlers fürchten. Das ist Allahs Huld, die Er gewährt, wem Er will. Allah ist Allumfassend und Allwissend. (Sure 5,54)
Sag: Wenn eure Väter, eure Söhne, eure Brüder, eure Gattinnen und eure Sippemitglieder, Besitz, den ihr erworben habt, Handel, dessen Niedergang ihr fürchtet, und Wohnungen, an denen ihr Gefallen findet, euch lieber sind als Allah und Sein Gesandter und das Abmühen auf Seinem Weg, dann wartet ab, bis Allah mit Seiner Anordnung kommt! Allah leitet das Volk der Frevler nicht recht. (Sure 9,24)
Das Gebot, Gott oder Allah zu lieben, wird nicht genannt, aber vorausgesetzt. Das zeigt wieder einmal, dass auch im Fall, dass der Koran in allen Punkten richtig wäre, er dennoch unvollständig wäre und man zum vollen Verständnis die Bibel benötigen würde.
In Sure 2,165 werden die Menschen getadelt, die die Liebe, die Allah gebührt, auch anderen (Göttern?) schenken. Ihnen werden die wahren Gläubigen gegenübergestellt, deren Liebe zu Allah stärker ist.
In Sure 5,54 wird den Abtrünnigen angekündigt, dass Allah ein Volk bringen wird, das in einer gegenseitigen Liebesbeziehung zu ihm steht. Diese werden den Ungläubigen gegenüber hart sein (so nach der Übersetzung von Abu-r-Rida) und sich „auf Allahs Weg abmühen“, womit der Dschihad gemeint ist. Die Liebe zu Allah findet ihren Ausdruck im Kampf gegen die Ungläubigen.
Sure 9,24 warnt davor, dass die Menschen, die einem nahestehen, und der Besitz jemandem lieber werden könnten als Allah.
In Sure 3,31f bedeutet Liebe zu Allah, dass man dem Gesandten (= Mohammed) folgt und ihm gehorcht. Auffällig ist, dass zuerst die Liebe zu Allah da sein muss. Als Antwort folgt die Liebe Allahs. Wenn ihr Allah liebt, so liebt euch Allah.
Beim Gott der Bibel ist es umgekehrt.1
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. (Johannes 3,16)
Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat. (1 Johannes 4,10)
Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. (1 Johannes 4,19)
Gott setzt mit seiner Liebe den ersten Schritt. Unsere Liebe kann immer nur die unvollkommene Antwort auf seine vollkommene Liebe sein. Weil Gott uns zuerst geliebt hat, sind wir überhaupt in der Lage, ihn zu lieben.
Gott hat uns seine Liebe auf verschiedene Weise geschenkt. Das beginnt bei der Schöpfung und führt über die Heilsgeschichte des Alten Bundes hin zu Jesus. In Jesus ist Gottes Liebe in Person auf uns zugegangen, um uns aus unserer Rebellion gegen ihn herauszuholen. Der Höhepunkt dieser Liebe war die vollkommene Hingabe Jesu am Kreuz.
Im Islam wird dieser Liebeserweis Gottes abgelehnt. Könnte es sein, dass aus diesem Grund die Liebe zu Gott im Koran nur ein Randthema ist?
Um Gott lieben zu können, müssen wir zuerst seine Liebe verstehen und annehmen.
Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! (Johannes 15,9)
- Es gibt auch in der Bibel Stellen, wo zuerst die Liebe des Menschen genannt wird. So sagt Jesus in Johannes 14,21: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“ Hier ist aber die Liebe der Jünger bereits die Antwort auf die Liebe Gottes, die zuerst da war. Dadurch kann Gott seine Liebe noch tiefer schenken. ↩