Mariä Geburt

Am 8. September feiern Katholiken, Orthodoxe und Anglikaner das Fest Mariä Geburt.

Natürlich weiß niemand, wann Maria tatsächlich geboren wurde. Außerdem sind der Bibel Geburtstagsfeiern unter Gläubigen unbekannt. Aber immerhin scheint die Tradition dieses Festes bis in das 5. Jahrhundert zurückzugehen. Seit den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gibt es ein zweites Datum für die Geburt Marias. Die „Seher“ von Međugorje behaupten, dass ihnen die ihnen erscheinende „Gospa“ verraten habe, dass ihr Geburtstag am 5. August sei. Das mag daraufhinweisen, dass diese Jugendlichen mit dem katholischen Festkalender nicht ausreichend vertraut waren. Der Termin im Sommer liegt aber sehr günstig für ein jährlich stattfindendes Jugendfestival. Somit gibt es derzeit unter Katholiken zwei unterschiedliche Geburtstage der Mutter Jesu.

In der Bibel ist die Geburt Marias kein Thema. Von Maria ist nur in Zusammenhang mit ihrem Sohn Jesus die Rede, vor allem im Zusammenhang mit der Empfängnis im Schoß seiner jungfräulichen Mutter, seiner Geburt und Kindheit.

Das Schweigen der Bibel hat ab dem 2. Jahrhundert fantasiereiche Menschen dazu verleitet, sich eine Version der Geburt Marias zu erdenken. Diese Gedanken haben ihren Niederschlag im sogenannten Protoevangelium des Jakobus gefunden, das natürlich nichts mit dem biblischen Jakobus zu tun hat.

In den ersten vier Kapiteln ging es um die Vorgeschichte der Geburt Marias. Ihre Eltern Joachim und Anna waren unfruchtbar. Joachim begab sich in die Wüste, um zu fasten und Anna gab sich ihrer Trauer hin. In Kapitel 4 kündigt ein Engel dann die Geburt eines Kindes an, woraufhin Anna dieses Kind Gott weiht.

4.1. Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu ihr und sagte: „Anna, Anna, erhört hat Gott der Herr deine Bitte. Du wirst empfangen und gebären, und man wird von deiner Nachkommenschaft reden auf dem ganzen Erdkreis.“ Da sprach Anna: „So wahr Gott der Herr lebt: Wenn ich gebäre, einen Knaben oder ein Mädchen, so will ich das Kind als Opfergabe darbringen Gott dem Herrn. Es soll ihm Dienste verrichten alle Tage seines Lebens.“

In Kapitel 5 wird dann das Kind geboren.

5.2. Es erfüllten sich aber für sie etwa sechs Monate. Im siebenten [bzw. neunten] Monat gebar Anna, und sie sprach zu der Hebamme: „Was habe ich geboren?“ Und die Hebamme sagte: „Ein Mädchen.“ Da sprach Anna: „Es preist meine Seele diesen Tag.“ Und sie legte es nieder. Als aber die Tage erfüllt waren, reinigte sich Anna von ihrem Wochenbett und gab dem Kind die Brust und gab ihm den Namen „Maria“.

Die Geschichte geht sehr fantasievoll weiter. Maria kommt als dreijähriges Mädchen in Tempel, wo sie bis zum Alter von zwölf Jahren bleibt, als sie Josef anvertraut wurde, der sie behüten sollte.

Diese Erzählung ist offensichtlich bemüht, das Leben Marias von Anfang an, schon vor ihrer Geburt als etwas ganz besonders Wunderbares hinzustellen. Auch wenn dieses Werk nie offiziell anerkannt wurde, blieb es nicht ohne Auswirkungen auf die Lehre und das Leben der offiziellen Kirche. So werden Joachim und Anna, deren Namen man nur aus dieser apokryphen Schrift kennt, als „Heilige“ verehrt.

Was nicht in der Bibel steht, ist manchmal im Koran zu lesen.

33 Gewiß, Allah hat Adam und Nuh und die Sippe Ibrahims und die Sippe ′Imrans vor den (anderen) Weltenbewohnern auserwählt, 34 eine der anderen Nachkommenschaft. Und Allah ist Allhörend und Allwissend. 35 Als ′Imrans Frau sagte: „Mein Herr, ich gelobe Dir, was in meinem Mutterleib ist, für Deinen Dienst freigestellt. So nimm (es) von mir an! Du bist ja der Allhörende und Allwissende.“ 36 Als sie sie dann zur Welt gebracht hatte, sagte sie: „Mein Herr, ich habe ein Mädchen zur Welt gebracht.“ Und Allah wußte sehr wohl, was sie zur Welt gebracht hatte, und der Knabe ist nicht wie das Mädchen. „Ich habe sie Maryam genannt, und ich stelle sie und ihre Nachkommenschaft unter Deinen Schutz vor dem gesteinigten Satan.“ 37 Da nahm ihr Herr sie auf gütigste Art an und ließ sie auf schöne Weise heranwachsen und gab sie Zakariyya zur Betreuung. Jedesmal, wenn Zakariyya zu ihr in die Zelle trat, fand er bei ihr Versorgung. Er sagte: „O Maryam, woher hast du das?“ Sie sagte: „Es kommt von Allah; Allah versorgt, wen Er will, ohne zu berechnen.“ (Sure 3,33-37)

Es gibt hier einige Ähnlichkeiten zum Protoevangelium des Jakobus. Auch hier gelobt die schwangere Mutter Marias, ihr Kind in den Dienst Gottes zu stellen. Auch der Name des Priesters, dem sie im Tempel anvertraut wurde, ist derselbe. Es ist Zacharias, der später Vater von Johannes dem Täufer werden sollte.

Allerdings heißt der Vater Marias im Koran ′Imran und nicht Joachim. Das schließt eine direkte Abhängigkeit des koranischen Texts vom Protoevangelium des Jakobus aus. Die im 2. Jahrhundert entstandene Überlieferung hat aber über die syrische Kirche auch ihren Weg zu den Arabern gefunden.1

Der Name Imran weist in die Richtung, dass der Autor des Korans Maria die Mutter Jesu mit Mirjam, der Schwester Aarons gleichgesetzt hat. Nach Exodus 6,20 hieß der Vater von Mose und Aaron (und daher auch von Mirjam) Amram, was dem arabischen ′Imran entspricht. Das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass der Koran nicht Gott als Urheber hat.

Wir sehen, dass die Geburt Marias für die ersten Christen bedeutungslos war. Sie haben sie, ebenso wie die Geburt irgendeines anderen Menschen, ja sogar die Geburt Jesu, nicht gefeiert. Das heißt nicht, dass es unter ihnen keine Hochachtung für die Mutter Jesu gab. Es gab aber keine religiöse Verehrung für sie und auch keine Geburtstagsfeier.

Wichtig wurde die Geburt Marias für die, die sich vom Weg Jesu immer mehr entfernt haben und daher seine Mutter in eine Position erhoben haben, die ihr nicht gebührt und die sie auch selber nicht wollte. Das hat leider schon im 2. Jahrhundert begonnen und hat sich bis heute fortgesetzt. Auch im Koran, der den Anspruch Jesu verwirft, hat diese Überhöhung Marias Spuren hinterlassen.

Wer meint, Maria zu ehren, indem er sie auf der Grundlage fragwürdiger Texte kultisch verehrt, entehrt sie. Wer Maria ernst nimmt, befolgt das letzte aus ihrem Munde überlieferte Wort:

Was er (= Jesus) euch sagt, das tut! (Johannes 2,5)


  1. Vergleiche dazu die Umwelttexte zu Sure 3,35 auf corpuscoranicum.de

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