1 Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen.
2 (Alles) Lob gehört Allah, dem Herrn der Welten,
3 dem Allerbarmer, dem Barmherzigen,
4 dem Herrscher am Tag des Gerichts.
5 Dir allein dienen wir, und zu Dir allein flehen wir um Hilfe.
6 Leite uns den geraden Weg,
7 den Weg derjenigen, denen Du Gunst erwiesen hast, nicht derjenigen, die (Deinen) Zorn erregt haben, und nicht der Irregehenden!
Die Sure Al-Fātiha hat im Vergleich zu den restlichen 113 Suren des Korans eine Sonderstellung. Sie ist das einzige im Koran überlieferte Gebet. Da nach islamischer Überzeugung der Koran das Wort Allahs an die Menschen darstellt, passt ein Gebet, dass sich an Allah wendet, nicht in dieses Konzept. Deswegen wurde die erste Sure von ʿAbdallāh ibn Masʿūd nicht als Bestandteil des Korans gesehen.
Diese Sure ist die von meistrezitierte Sure, da sie einen wichtigen Bestandteil des rituellen Gebets darstellt. Im Rahmen der fünf täglichen Gebetszeiten wird sie insgesamt siebzehnmal rezitiert.
Unter der Annahme, dass mit Allah der einzige Gott gemeint sei, kann man den Text dieses Gebets sehr allgemein verstehen und er würde auch in den Mund eines Juden oder Christen passen.
Vergleicht man diesen Text aber mit den Worten, mit denen Jesus seine Jünger beten gelehrt hat, dem sogenannten Vater Unser, gibt es doch einen großen Unterschied.
Ganz offensichtlich wird Gott in dieser Sure nicht als Vater angesprochen. Damit fehlt gerade ein zentraler Punkt dessen, was Jesus gebracht hat. Hier bestätigt der Koran das Evangelium nicht, obwohl nach Sure 3,3 das die Aufgabe Mohammeds war.
Er hat dir das Buch mit der Wahrheit offenbart, das zu bestätigen, was vor ihm (offenbart) war. Und Er hat (auch) die Tora und das Evangelium (als Offenbarung) herabgesandt.
Es macht einen großen Unterschied aus, ob wir Gott als unseren Vater kennen, oder nur als den Herrn der Welten und den Herrscher am Tag des Gerichts, was Gott zweifellos ist.
Gewiss ist in der Sure die Rede vom barmherzigen Allerbarmer. Gleich viermal kommt in diesem kurzen Text die Barmherzigkeit Gottes vor. Doch ist ein großer Unterschied zwischen der Liebe eines Vaters zu seinem Kind und der Barmherzigkeit eines Herrn zu seinem Sklaven.
6 Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen, den Geist, der ruft: Abba, Vater. 7 Daher bist du nicht mehr Sklave, sondern Sohn; bist du aber Sohn, dann auch Erbe, Erbe durch Gott. (Galater 4,6-7)
Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. (Johannes 15,15)
In Psalm 103 verwendet auch die Bibel das Wort „erbarmen“ für eine Vater-Kind-Beziehung:
Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über alle, die ihn fürchten. (Psalm 103,13)
Doch ist für den Koran völlig ausgeschlossen, dass jemand ein Kind Gottes sein könne.
Er hat nicht gezeugt und ist nicht gezeugt worden. (Sure 112,3)
92 Es ziemt dem Allerbarmer nicht, Sich Kinder zu nehmen. 93 Niemand in den Himmeln und auf der Erde wird zum Allerbarmer anders denn als Diener kommen (können). (Sure 19,92-93)
Vers 1, die sogenannte Basmala, dient auch zur Einleitung aller anderen Suren, außer der neunten Sure, wo sich aufgrund ihres unbarmherzigen Inhalts die Erwähnung der Barmherzigkeit wohl nicht nahegelegt hat. Die Formulierung „Im Namen …“ findet sich auch in der Bibel, sowohl im Alten (z. B.: Deuteronomium 18,20; 1 Samuel 17,45; Psalm 118,26; 124,8; Micha 4,5), als auch im Neuen (z. B.: Matthäus 21,9; Johannes 5,43; 14,13; Apostelgeschichte 3,6; 10,48; Kolosser 3,17; vergleiche auch Matthäus 28,19) Testament. Im Neuen Testament fällt auf, dass in diesen Formulierungen immer wieder vom Namen Jesu die Rede ist, einmal auch vom Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. In Johannes 14,13 verspricht Jesus sogar, dass er alles tun wird, was man in seinem Namen bitten wird. Auch dieser Zusage Jesu wurde im Islam nicht entsprochen, ebenso wird die auf Jesus zurückgehende Berufung auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes abgelehnt. Was Gott durch sein ewiges Wort, Jesus Christus, offenbart hat, zählt offensichtlich nicht.
Wenn man die durch Jesus geschehene Offenbarung ablehnt, wie kann man dann Gott noch bitten, dass er jemanden auf dem geraden Weg leiten möge? Wie kann man sagen, dass man ihm allein dient, wenn man seinen Sohn, der auch nach dem Koran das Wort Gottes ist, zurückweist?
Das Ende von Vers 7 erscheint, wenn man auf die islamische Tradition1 sieht, in einem völlig anderen Licht, als es auf den ersten Blick aussieht.
Da sagte er (Mohammed): ‚Die Juden haben sich (Allahs) Zorn zugezogen und die Christen sind irregeleitet.‘ (Tirmidhi 2953/2)
’Abbad ibn Hubaisch berichtet, dass Adijj bin Hatim sagte: Der Prophet (s.a.s.)
sagte: „Die Juden sind diejenigen, denen (von Gott) gezürnt wird, und die
Christen sind irregeleitet.“ (Tirmidhi 2954)
Im Grunde ist es ja nicht erstaunlich, dass Muslime denken, dass Juden unter dem Zorn Gottes stehen und Christen irregeleitet sind. Aus christlicher Sicht sind auch Muslime irregeleitet. Es ist aber schon bemerkenswert, dass Muslime dadurch in jedem ihrer Gebete ihre Ablehnung der früheren Offenbarung Gottes ausdrücken.
Mein Wunsch ist, dass Gott die Muslime tatsächlich auf dem geraden Weg leiten möge. Wo wir diesen Weg finden, hat Jesus klar ausgedrückt:
Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.
(Johannes 14,6)
- Beide Zitate stammen von dem Tafsir auf der Website way-to-allah auf Seite 17. ↩