Wie versteht der Koran Gotteskindschaft?

Die Juden und Christen sagen: „Wir sind Allahs Söhne und Seine Lieblinge.“ Sag: Warum bestraft Er euch dann für eure Sünden? Nein! Vielmehr seid ihr menschliche Wesen von denen, die Er erschaffen hat. Er vergibt, wem Er will, und Er straft, wen Er will. Und Allah gehört die Herrschaft der Himmel und der Erde und dessen, was dazwischen ist, und zu Ihm ist der Ausgang. (Sure 5,18)

Unter der Voraussetzung, dass mit Allah der Gott der Juden und Christen gemeint ist, zeigt dieser Vers aus dem Koran, dass dessen Autor mindestens zwei Dinge falsch verstanden hat. Oder, dass er seiner Aussage bewusst eine falsche Interpretation des jüdischen und christlichen Glaubens zugrunde legt.

1 Können Menschen Gottes Kinder sein?

Wenn es heißt: „Vielmehr seid ihr menschliche Wesen …“, setzt der Autor dieses Textes voraus, dass man einen Menschen unter keinen Umständen Kind Gottes nennen kann. Doch genau das lesen wir in der Bibel.

Im Alten Testament ist es meistens das Volk Israel in seiner Gesamtheit, das als Sohn Gottes bezeichnet wird.

Dann sag zum Pharao: So spricht der HERR: Israel ist mein erstgeborener Sohn. (Exodus 4,22)

Als Israel jung war, gewann ich ihn lieb, ich rief meinen Sohn aus Ägypten.
(Hosea 11,1)

In besonderer Weise wird der König Israels, da er im Auftrag Gottes über das Volk regieren sollte, Sohn Gottes genannt.

Ich werde für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein. (2 Samuel 7,14a)

Diese Verheißung für den König trägt in sich schon die Erwartung des vollkommenen Königs, des Messias.

In Gebeten wird auch die väterliche Zuneigung Gottes zu seinem Volk und zum einzelnen Gläubigen zum Ausdruck gebracht.

Du bist doch unser Vater! Abraham weiß nichts von uns, Israel kennt uns nicht. Du, HERR, bist unser Vater, Unser Erlöser von jeher ist dein Name.
(Jesaja 63,16)

Wie ein Vater sich seiner Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über alle, die ihn fürchten. (Psalm 103,13)

Das Thema von Psalm 103 ist die Sündenvergebung, die auch in Sure 5,18 angesprochen wird. Doch anders als im Koran ist im Psalm die Vergebung der Ausdruck von Gottes väterlicher Liebe.

Der Psalmist sieht im Menschsein keinen Widerspruch zur göttlichen Vaterliebe. Ganz im Gegenteil weist er geradezu auf die Vergänglichkeit des Menschen hin. Gott in seiner Liebe kann diese Vergänglichkeit überwinden.

14 Denn er weiß, was wir für Gebilde sind, er bedenkt, dass wir Staub sind. 15 Wie Gras sind die Tage des Menschen, er blüht wie die Blume des Feldes. 16 Fährt der Wind darüber, ist sie dahin; der Ort, wo sie stand, weiß nichts mehr von ihr. 17 Doch die Huld des HERRN währt immer und ewig für alle, die ihn fürchten. Seine Gerechtigkeit erfahren noch Kinder und Enkel, 18 alle, die seinen Bund bewahren, die seiner Befehle gedenken und danach handeln. (Psalm 103,14-18)

Diese Verse zeigen sehr schön, dass Gott gerade den Menschen, die vergänglich sind wie eine Blume des Feldes, seine väterliche Liebe schenken will.

Durch die Schriften des Alten Testaments hat Gott das Volk Israel auf das Kommen seines Sohnes vorbereitet. Er war der einzige Mensch, bei dem die Gottessohnschaft eine einzigartige Bedeutung hat, die weit über alles menschliche Denken hinausgeht. Doch die Gottessohnschaft Jesu soll jetzt nicht unser Thema sein.

Durch den Glauben an Jesus erhalten seine Jünger eine neuartige Beziehung zu Gott. Sie werden Gottes Kinder.

11 Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12 Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, 13 die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. (Johannes 1,11-13)

Man wird nicht durch natürliche Zeugung Kind Gottes, sondern durch ein geistliches Wirken Gottes. Die Geburt „aus Gott“ hängt eng mit der Abkehr von den Sünden und der Hinwendung zu Gott zusammen. Gott nimmt uns als seine Kinder an.

14 Denn die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes.15 Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, sodass ihr immer noch Furcht haben müsstet, sondern ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! 16 Der Geist selber bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. (Römer 8,14-16)

Gottes Kinder wenden sich von ihren Sünden ab, sie töten die sündigen Taten des Leibes (Römer 8,13). Gott schenkt ihnen ihren Geist, sodass sie als gehorsame Kinder ihres Vaters leben können.

Bei all dem sind und bleiben Gottes Kinder Menschen. Kein Jünger Jesu wird jemals denken, dass er ein Engel oder ein Gott sei. Das Argument des Korans läuft ins Leere.

2 Straft Gott seine Kinder?

Die Frage von Sure 5,18 „Warum bestraft Er euch dann für eure Sünden?“ wurde schon mehr als 1000 Jahre vorher im Buch der Sprüche beantwortet.

11 Mein Sohn, verachte nicht die Erziehung des HERRN und werde seiner Zurechtweisung nicht überdrüssig. 12 Denn wen der HERR liebt, den züchtigt er, wie ein Vater seinen Sohn, den er gern hat. (Sprüche 3,11-12)

Der Hebräerbrief greift diesen Text auf und verwendet ihn zur Ermahnung und Ermunterung seiner Leser.

4 Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet 5 und ihr habt die Mahnung vergessen, die euch als Söhne anredet: Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn und verzage nicht, wenn er dich zurechtweist! 6 Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er schlägt mit der Rute jeden Sohn, den er gern hat. 7 Haltet aus, wenn ihr gezüchtigt werdet! Gott behandelt euch wie Söhne. Denn wo ist ein Sohn, den sein Vater nicht züchtigt? 8 Würdet ihr nicht gezüchtigt, wie es doch bisher allen ergangen ist, dann wäret ihr keine legitimen Kinder, ihr wäret nicht seine Söhne. 9 Ferner: An unseren leiblichen Vätern hatten wir harte Erzieher und wir achteten sie. Sollen wir uns dann nicht erst recht dem Vater der Geister unterwerfen und so das Leben haben? 10 Jene haben uns für kurze Zeit nach ihrem Ermessen in Zucht genommen; er aber tut es zu unserem Besten, damit wir Anteil an seiner Heiligkeit gewinnen. 11 Jede Züchtigung scheint zwar für den Augenblick nicht Freude zu bringen, sondern Leid; später aber gewährt sie denen, die durch sie geschult worden sind, Gerechtigkeit als Frucht des Friedens.
(Hebräer 12,4-11)

Der Autor des Hebräerbriefs hat eine völlig andere Herangehensweise als sie mehr als 500 Jahre nach ihm der Autor des Korans haben sollte. Er sieht in den Züchtigungen Gottes einen Hinweis darauf, dass Gott die Gläubigen als Kinder angenommen hat und sie als seine Kinder erzieht. Gottes Wille ist die Heiligung seiner Kinder. Deswegen ist er ihren Sünden gegenüber nicht gleichgültig, sondern möchte sie aufrütteln und zur Umkehr bewegen. Weil Gott seine Kinder vor dem Unheil der ewigen Gottesferne bewahren möchte, lässt er zu, dass sie Schmerz und Leid erfahren, das ihnen eine Hilfestellung im Kampf gegen die Sünden schenkt.

Der Vergleich zwischen den biblischen Texten und Sure 5,18 zeigt, dass dem Autor des Korans die kindliche Beziehung zu einem väterlichen Gott gefehlt hat. Es sieht so aus, dass er auch den Kampf gegen Sünden und Versuchungen nicht gekannt hat, sodass er Gottes Wirken oft nicht verstanden hat. Dadurch hat er auch viele andere Menschen daran gehindert, Gott als ihren liebenden Vater kennenzulernen.

1 Seht, welche Liebe uns der Vater geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es. Deshalb erkennt die Welt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. 2 Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes. Doch ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. 3 Jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt, heiligt sich, so wie er heilig ist.
(1 Johannes 3,1-3)

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