Jesus aber sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich aus tun […] (Johannes 5,19a)
Von mir selbst aus kann ich nichts tun; […] (Johannes 5,30a)
Diese Verse werden manchmal von Muslimen angeführt, um damit zu beweisen, dass Jesus nicht beansprucht hat, Gott zu sein. Wie kann jemand, der behauptet, der allmächtige Gott zu sein, sagen, dass er von sich aus nichts tun kann? Mit diesen Worten bekennt er ja seine Ohnmacht, das gerade Gegenteil von Allmacht.
Aus gutem Grund werden diese Verse nicht zur Gänze und schon gar nicht im Zusammenhang zitiert. Tut man das, verkehrt sich der Vorwurf in das Gegenteil.
16 Daraufhin verfolgten die Juden Jesus, weil er das an einem Sabbat getan hatte. 17 Jesus aber entgegnete ihnen: Mein Vater wirkt bis jetzt und auch ich wirke. 18 Darum suchten die Juden noch mehr, ihn zu töten, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch Gott seinen Vater nannte und sich damit Gott gleichmachte. 19 Jesus aber sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht. Was nämlich der Vater tut, das tut in gleicher Weise der Sohn. 20 Denn der Vater liebt den Sohn und zeigt ihm alles, was er tut, und noch größere Werke wird er ihm zeigen, sodass ihr staunen werdet. 21 Denn wie der Vater die Toten auferweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn lebendig, wen er will. 22 Auch richtet der Vater niemanden, sondern er hat das Gericht ganz dem Sohn übertragen, 23 damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat. (Johannes 5,16-23)
Als erstes sei darauf hingewiesen, dass Jesus in diesem Zusammenhang ständig von Gott als seinem Vater und von sich als dessen Sohn spricht. In Sure 9,30 werden die Christen verflucht, weil sie den Messias als Sohn Gottes verehren.
Die Juden sagen: „ʿUzair ist Allahs Sohn“, und die Christen sagen: „Al-Masīḥ ist Allahs Sohn.“ Das sind ihre Worte aus ihren (eigenen) Mündern. Sie führen ähnliche Worte wie diejenigen, die zuvor ungläubig waren. Allah bekämpfe sie! Wie sie sich (doch) abwendig machen lassen!
Damit verflucht der Koran auch Jesus, auch wenn das Wort „verfluchen“ nicht im Text steht. Allah soll sie bekämpfen. Dann muss Allah konsequenterweise auch Jesus bekämpfen, der den Anspruch erhoben hat, Gottes Sohn zu sein.
Darum erkläre ich euch: Keiner, der aus dem Geist Gottes redet, sagt: Jesus sei verflucht! (1 Korinther 12,3a)
De facto verflucht der Koran Jesus. Somit kann der Koran nicht vom Geist Gottes sein.
Im Zusammenhang von Johannes 5 hat Jesus einen Gelähmten am Sabbat geheilt (Verse 1-16). Deswegen haben ihn die jüdischen Führer verfolgt. Jesus hat sich damit gerechtfertigt, dass sein Vater bis jetzt wirkt und auch er wirkt. Jesus hat wohl gemeint, dass Gott, auch wenn er beim Abschluss des Schöpfungswerks „geruht“ hat (Genesis 2,2-3), er als Erhalter der Welt ständig wirkt. Somit wirkt auch Jesus als sein Sohn beständig. Seine Gegner haben erkannt, dass Jesus sich dadurch Gott gleichmache. Den Beginn der Antwort Jesu in Vers 19a könnte man so verstehen, dass Jesus ihnen entgegenkommt und sagt, dass er keinesfalls behauptet, der allmächtige Gott zu sein. Doch mit der zweiten Vershälfte sagt Jesus geradezu das Gegenteil.
Jesus lebt in völliger Abhängigkeit vom Vater. Er macht nichts aus sich selbst. Er ist ganz eins mit dem Vater. Er macht das, was er den Vater tun sieht. Der Sohn macht in gleicher Weise das, was der Vater tut. Wer unter allen Geschöpfen kann in gleicher Weise das tun, was Gott tut? Im zweiten Teil von Vers 19 erhebt Jesus den Anspruch, mit Gott auf einer Ebene zu stehen. Er ist einerseits vom Vater so sehr abhängig, dass er nichts aus sich selbst tut. Aber er wirkt in gleicher Weise wie der Vater.
Hinsichtlich seiner menschlichen Natur hat er sich ganz seinem himmlischen Vater untergeordnet. Sein menschlicher Wille ist dem göttlichen Willen untertan. Hinsichtlich seiner göttlichen Natur ist er nicht ein zweiter Gott neben dem Vater. Er hat seine göttliche Natur aufgrund seines ewigen Hervorgangs aus seinem Vater, mit dem er von Ewigkeit in alle Ewigkeit in der Einheit des göttlichen Wesens verbunden ist. Deswegen wirkt er in völliger Einheit mit dem Vater. Er tut nichts aus sich selbst. In untrennbarer Wesenseinheit wirkt er in gleicher Weise wie sein Vater.
Jesus zeigt das an den Beispielen der Auferweckung der Toten in Vers 21 und des Gerichts in Vers 22. Die Auferweckung der Toten ist ebenso wie das Gericht über alle Menschen das Werk Gottes. Wenn Jesus das tut, kann er es nur tun, weil er Gott ist. Ein begrenzter Mensch kann das nicht. Auch wenn Jesus, wie es Jehovas Zeugen glauben, der Erzengel Michael wäre, wäre er ein begrenztes Geschöpf und dazu nicht in der Lage.
Darum erwartet Jesus in Vers 23 göttliche Verehrung.
[…] damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat.
Man kann den Vater nicht ehren, wenn man Jesus nicht dieselbe Ehre gibt.
24 Amen, amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben; er kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben hinübergegangen. 25 Amen, amen, ich sage euch: Die Stunde kommt und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden; und alle, die sie hören, werden leben. 26 Denn wie der Vater das Leben in sich hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben in sich zu haben. 27 Und er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist. 28 Wundert euch nicht darüber! Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören 29 und herauskommen werden: Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, werden zum Gericht auferstehen. 30 Von mir selbst aus kann ich nichts tun; ich richte, wie ich es vom Vater höre, und mein Gericht ist gerecht, weil ich nicht meinen Willen suche, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. (Johannes 5,24-30)
Diese Verse stehen im selben Zusammenhang. Jesus spricht von der Auferweckung im doppelten Sinne. In den Versen 24-25 geht es um die geistliche Auferstehung, die in diesem Leben geschieht. Wer als von Gott getrennter und somit geistlich toter Sünder die Stimme des Menschensohns hört, was den Gehorsam einschließt, wird leben. Er empfängt schon in dieser Welt das geistliche Leben. Jesus, der Menschensohn, kann das Leben geben, weil er das Leben in sich hat. Es wurde ihm vom Vater gegeben, weil der Vater der ewige Ursprung des Sohnes ist. Weil Jesus Gott ist, hat er das Leben in sich. Kein Geschöpf kann sagen, dass er das Leben so in sich hat wie der Vater. Jesus sagt das. Jesus ist die Auferstehung und das Leben in Person.
Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. (Johannes 11,25)
Ab Vers 27 geht es um das Gericht und die Auferweckung am Ende der Zeit. Alle, die Guten und die Bösen, werden Jesu Stimme hören. Er ist es, der die Toten auferweckt.
Wenn Jesus in Vers 30 sagt, dass er nichts aus sich tun kann, drückt er dadurch genauso wie in Vers 19 seine völlige Abhängigkeit vom Vater aus. Er kann die Menschen gerecht richten, weil er es in völliger Einheit mit dem Vater tut. Auch seinen Willen, den er als Mensch hat, hat er völlig dem göttlichen Willen untergeordnet.
Jesus ist ganz von seinem Vater abhängig. Zugleich ist er auf seiner Ebene mit ihm in Wesenseinheit verbunden und vollbringt seine Werke. Er schenkt den Menschen das Leben und richtet sie gerecht.
Er ist der wahre Gott und ewiges Leben. (aus 1 Johannes 5,20)