Nie weicht von Juda das Zepter, der Herrscherstab von seinen Füßen, bis Schilo kommt, dem der Gehorsam der Völker gebührt.
(Genesis 49,10)
Vor seinem Tod ließ der greise Patriarch Jakob seine zwölf Söhne zu sich kommen. Er hatte für jeden von ihnen einige Worte, die vor allem die Zukunft der auf seine Söhne zurückgehenden Stämme des Volkes Israel betrafen.
Die Verse 8-12 sind an Juda gerichtet, der in Vers 9 mit einem Löwen verglichen wird. Auf die führende Stellung des Stammes Juda im Volk Israel wird in Vers 8b hingewiesen, wo es heißt:
Deines Vaters Söhne werfen sich vor dir nieder.
Daran schließt sinngemäß Vers 10 an, wo vom Zepter und vom Herrscherstab die Rede ist, die bis zum Kommen Schilos nicht von ihm weichen werden.
Die führende Stellung Judas begann aber nicht sofort. Die Einnahme des Landes Kanaan erfolgte unter Josua, der aus dem Stamm Ephraim war. Auch in der Richterzeit spielte Juda keine herausragende Rolle. Allerdings sind die Eroberungen Judas (Richter 1,1-11) das erste Thema im Richterbuch. Aber es waren vor allem andere Stämme, aus denen die führenden Männer kamen.
Erst mit David kam das Zepter zum Stamm Juda, von dem es bis zum Kommen „Schilos“ nicht mehr weichen sollte. Wer oder was ist dieser Schilo?
Dieses Wort kommt nur an dieser Stelle vor. Im Laufe der Geschichte gab es unterschiedliche Erklärungen.
Ein Erklärungsversuch war, Schilo mit dem gleichnamigen Ort im Stammesgebiet von Ephraim gleichzusetzen, in dem während der Richterzeit das Heiligtum mit der Bundeslade stand. Es müsste dann übersetzt werden: „bis er nach Schilo kommt“. Doch Schilo wurde bereits zerstört, bevor einer, dem „der Gehorsam der Völker gehört“, dorthinkommen können hätte.
Die lateinische Vulgata lautet:
donec veniat qui mittendus est / bis der kommt, der gesandt werden soll
Hier wurde das Wort Schilo vom Verb šalaḥ / senden abgeleitet. Claus Schedl nannte das eine unzutreffende Ableitung.1
Nach Schedl2 verdient eine Textverbesserung Beachtung,
[…] weil sie in der Lesart vieler hebräischer und samaritanischer Handschriften sowie in der Wiedergabe der griechischen Septuaginta, der syrischen Übersetzung und dem Targum Onkelos eine Stütze und in Ezechiel 21,32 eine Parallele hat. Danach liest man šellô statt šilôh und übersetzt: „bis der kommt, dem es gehört“ (oder gebührt), nämlich das Szepter oder der Herrscherstab, dessen dauerndes Verbleiben bei Juda verheißen wird.
Verbunden mit dem Schlussteil des Verses legt sich ein messianisches Verständnis des Verses nahe. „Dem der Gehorsam der Völker gebührt“ könnte man auch auf David beziehen. Doch kam das Zepter erst durch David im eigentlichen Sinn zum Stamm Juda. Daher passt diese Erklärung nicht.
Die von Schedl angeführte Parallele aus Ezechiel 21,32 spricht für eine messianische Deutung dieser Stelle.
30 Was aber dich betrifft, du entweihter Gesetzloser, du Fürst Israels, dessen Tag kommt zur Zeit der Sünde des Endes, 31 so spricht GOTT, der Herr: Fort mit dem Kopfbund, herunter mit der Krone! So wird es nicht bleiben: Das Niedrige soll erhöht, und das Hohe soll erniedrigt werden! 32 Zunichte, zunichte, zunichte will ich sie machen; auch dies soll nicht so bleiben, bis der kommt, dem das Anrecht zusteht, dem werde ich sie geben! (Ezechiel 21,30-32, Schlachter 2000)
Mit dem „entweihten Gesetzlosen“ ist wohl Zidkija, der letzte König Judas gemeint. Er verliert seine Krone. Sie wird dem gegeben werden, dem das Anrecht zusteht, also dem Messias. Nach Zidkija gab es keinen König mehr aus dem Hause David, aus dem der Messias kommen sollte.
Auch die Juden beziehen diesen Vers auf den Messias. In der Erklärung von Raschi heißt es:
bis Schiloh kommt: [Dies bezieht sich auf] den König Messias, dem das Königreich gehört (שֶׁלוֹ), und so hat Onkelos es wiedergegeben: [bis der Messias kommt, dem das Reich gehört].
Im Neuen Testament wird dieser Vers nicht zitiert. Aber schon im 2. Jahrhundert führt Justin der Märtyrer Genesis 49,10 als eine auf Jesus hinweisende Stelle an.
Moses, der erste der Propheten, sprach wörtlich also: „Nicht wird fehlen ein Herrscher aus Juda noch ein Führer aus seinen Lenden, bis der kommt, dem es vorbehalten ist. Dieser wird sein die Erwartung der Völker; er bindet an einen Weinstock sein Füllen und wäscht im Blute der Traube sein Gewand.“ Es muß euch nun interessieren, genau zu erforschen und festzustellen, bis wann die Juden einen einheimischen Herrscher und König gehabt haben. Das war der Fall bis zur Erscheinung Jesu Christi, unseres Lehrers […] (Justin, 1. Apologie 32)
Es heißt nun im Segen Judas: ‚Nicht wird fehlen ein Herrscher aus Juda und nicht ein von ihm stammender Führer, bis der kommt, dem es (= das Königtum) vorbehalten ist; er wird die Erwartung der Heiden sein’. Dies wurde offenbar nicht auf Juda, sondern auf Christus gesagt. Denn wir alle, die wir aus allen Völkern sind, erwarten nicht Juda, sondern Jesus, welcher auch eure Väter aus Ägypten geführt hat. Für die Ankunft Christi wurde das Wort prophezeit: ‚bis der kommt, dem es vorbehalten ist; er wird die Erwartung der Heiden sein.’ (Justin, Dialog mit dem Juden Trypho, 120,3)
Justin hat den Text der Septuaginta verwendet und spricht dieser Übersetzung entsprechend nicht vom Gehorsam, sondern von der Erwartung der Völker. Er hat dieses Wort eindeutig auf Jesus bezogen.
Ebenfalls im 2. Jahrhundert hat Irenäus diese Stelle in Jesus erfüllt gesehen:
Juda ist aber der Stammvater der Hebräer, der Sohn Jakobs. Von ihm erhielten sie den Namen. Und [tatsächlich] fehlte bei ihnen der Fürst und Führer nicht bis zur Ankunft Christi. Zur Zeit seiner Ankunft wurden die der Waffenköcher Kundigen unterworfen und das Land der Juden kam unter die Botmäßigkeit der Römer. Einen eigenen Fürsten oder König erhielten sie nicht mehr über sich. Denn jener war ja gekommen, dem im Himmel die Königsherrschaft zugedacht war […]
Er sah durch die Unterwerfung unter die Römer ein Ende der Herrschaft Judas. Tatsächlich wurde im Jahre 6 n. Chr. Judäa zu einer römischen Provinz. Nur kurzfristig gab es zwischen 41 und 44 das Königreich Herodes Agrippas I. Mit der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 und der Niederwerfung des Aufstands Bar Kochbas 135 n. Chr. war das Ende der Staatlichkeit Judäas besiegelt. Genau genommen war das Zepter bereits 587 v. Chr. aus Juda gewichen, als Zidkija, der letzte König aus der Dynastie Davids, von den Babyloniern in die Gefangenschaft geschleppt wurde. Doch gab es unter den Persern, Griechen und Römern meist eine gewisse Eigenständigkeit der Juden in ihrem Lande. Während der durch die Makkabäer erkämpften Selbstständigkeit des Landes waren ihre Herrscher aber nicht aus dem Stamm Juda, sondern aus dem Stamm Levi. Doch die Verheißung für den Nachkommen Davids blieb bestehen. Im Davididen Jesus aus dem Stamm Judas hat sie ihre Erfüllung gefunden.
Für die jüdische Tradition, die Jesus nicht als Messias anerkannt hat, hat sich die Herrschaft Judas in den Exilarchen in Babylon fortgesetzt. Die Erklärung von Raschi sagt dazu:
Das Zepter soll nicht von Juda weichen: von David und danach. Diese (die das Zepter nach dem Ende des Königreichs tragen) sind die Exilarchen (Fürsten) in Babylon, die mit einem Zepter über das Volk herrschten, [und] die durch königlichen Auftrag ernannt wurden. – [Aus Sanh. 5a]
Im Talmud, Sanhedrin 5a heißt es:
wie gelehrt wird: Es wird der Herrscherstab von Jehuda nicht weichen, das sind die Exilarchen in Babylonien, die das Volk mit dem Stabe unterjochen; noch ein Gesetzgeber von zwischen seinen Füßen, das sind die Kindeskinder Hillels, die öffentlich die Tora lehren.
Da hier auch Hillel genannt ist, scheint nicht das babylonische Exil nach dem Ende des Königreichs Juda gemeint zu sein, sondern die Gelehrtenschule in Babylon, in der der babylonische Talmud entstanden ist. Offensichtlich war diese Erklärung eine Notlösung, um die Zeit bis zum Kommen des Messias zu überbrücken. Aber die Exilarchen in Babylon gibt es auch schon lange nicht mehr. Ich weiß nicht, wie die heutigen Juden damit umgehen.
Wir können sehen, dass sich Juden und Christen grundsätzlich in der Deutung von Genesis 49,10 auf den Messias einig waren. Der Unterschied bestand „nur“ in der Frage, ob der Messias schon gekommen ist.
Da sollte auch für Muslime klar sein, dass es um den Messias geht, der nach dem Zeugnis des Korans Jesus ist. Immerhin wird Jesus im Koran elfmal Messias (masīḥ) genannt.
Es gibt aber Muslime, die Genesis 49,10 auf Mohammed beziehen.
David Benjamin Keldani, ein konvertierter chaldäisch-katholischer Priester, hat in seinem Buch Muhammad in the Bible3 ein ganzes Kapitel (S. 54-62) gewidmet, aus dem ich auszugsweise zitiere.4
Es versteht sich von selbst, dass sowohl die Juden als auch die Christen diesen Segen für eine der wichtigsten messianischen Prophezeiungen halten. Dass Jesus (Friede sei mit ihm), der Prophet von Nazareth, ein Christus oder Messias ist, kann kein Muslim leugnen, denn der Koran erkennt diesen Titel an. Dass jeder israelitische König und Hohepriester mit dem heiligen Öl gesalbt wurde bestehend aus Olivenöl und verschiedenen Gewürzen gesalbt wurde, wissen wir aus den hebräischen Schrift (Lev. xxx. 23-33[korrekt: Exodus 30,23-33]). Selbst der Zarduschti Koresch, König von Persien, wird Christus Gottes genannt: „So spricht der Herr zu seinem Christus Cyrus“, etc. (Jes. xlv. 1-7).
Es wäre hier überflüssig zu erwähnen, dass zwar weder Cyrus noch Jesus (Friede sei mit ihm) mit der heiligen Salbung gesalbt wurden, dennoch werden sie Messiasse genannt.
Was Jesus (Friede sei mit ihm) betrifft, selbst wenn seine prophetische Sendung von den Juden anerkannt würde, könnte sein messianisches Amt von ihnen niemals angenommen werden. Denn keines der Zeichen oder Merkmale des Messias, die sie erwarten, ist in dem Mann zu finden, den sie zu kreuzigen versuchten. Der Jude erwartet einen Messias mit dem Schwert und weltlicher Macht, einen Eroberer, der das Reich Davids (Friede sei mit ihm) wiederherstellt und ausbaut, und einen Messias, der das zerstreute Israel im Land Kanaan versammeln und viele Völker unter sein Joch zwingen würde; aber sie könnten niemals einen Prediger auf dem Ölberg oder einen in einer Krippe Geborenen als solchen bejubeln.
Sein Argument gegen die Erfüllung dieser Stelle in Jesus ist, dass Jesus nicht den jüdischen Erwartungen entsprochen hat. Wenn er von Jesus als einem Messias (unter mehreren) schreibt, dann stellt er sich sogar gegen den Koran. Im Koran ist immer von l-masīḥ, dem Messias (mit bestimmtem Artikel) die Rede. Dass Kyros an einer einzigen Stelle im Alten Testament auch als „Gesalbter“ vorkommt, ändert daran nichts. Wenn Jesus sich vor dem Hohen Rat als Messias bekannt hat (Matthäus 26,63-64), hat er damit ausgedrückt, nicht irgendein Messias zu sein, sondern der Messias, den das Volk Israel als von Gott verheißen erwartete.
Um zu zeigen, dass diese sehr alte Prophezeiung praktisch und buchstäblich in Muhammad erfüllt wurde, können folgende Argumente vorgebracht werden. Mit den allegorischen Ausdrücken „das Zepter“ und „Gesetzgeber“ ist nach einhelliger Meinung der Kommentatoren die königliche königliche Autorität bzw. die Prophezeiung gemeint. […]
Folgen wir der ersten Interpretation von Shiloh wie in der [syrischen] Peschitta-Version: „der, dem es gehört“. Dies bedeutet praktisch „der Besitzer des Zepters und des Gesetzes“, oder „derjenige, der die souveräne und gesetzgebende Gewalt besitzt, und sein ist der Gehorsam der Völker. Wer kann also dieser mächtige Fürst und große Gesetzgeber sein?
Es folgt eine Erklärung, dass weder Mose noch David gemeint sein können. Dann kommt er wieder auf Jesus zu sprechen:
Und offensichtlich nicht Jesus (Friede sei mit ihm) Christus, denn er selbst lehnte die Vorstellung ab, dass der Messias, den Israel erwartete, ein Sohn Davids war (Matthäus xxii.44,45; Markus xii.35-37; Lukas xx.41-44).
Das ist zumindest eine sehr eigenwillige Interpretation der Frage Jesu an die Pharisäer. Jesus wollte durch seine Frage seine Gesprächspartner zum Nachdenken darüber anregen, ob der Messias nicht mehr ist als nur der Sohn Davids. Das bedeutet aber nicht, dass er behauptet hätte, der Messias sei nicht der Sohn Davids.
Er hat kein geschriebenes Gesetz hinterlassen, und hat nie davon geträumt, das königliche Zepter zu übernehmen; in der Tat riet er den Juden, Cäsar treu zu sein und ihm Tribut zu zahlen, und bei einer Gelegenheit versuchte die Menge, ihn zum König zu machen, aber er entkam und versteckte sich. Sein Evangelium war auf die Tafel seines Herzens geschrieben, und er verkündete seine Botschaft der „gute Nachricht“, nicht in Schriftform, sondern mündlich. In dieser Prophezeiung geht es nicht um die Erlösung von der Erbsünde durch das Blut eines Gekreuzigten noch um eine Herrschaft eines Gottmenschen über die Herzen der Menschen. Außerdem, hat Jesus (Friede sei mit ihm) das Gesetz des Mose (Friede sei mit ihm) nicht aufgehoben, sondern er hat ausdrücklich erklärt, dass er gekommen ist, es zu erfüllen. Er war auch nicht der letzte Prophet, denn nach ihm spricht Paulus von vielen „Propheten“ in der Kirche.
Es werden hier verschiedene Themen angesprochen, die mit der Stelle aus Genesis 49 nur bedingt in einem Zusammenhang stehen. Wenn das Königtum des Messias nicht von dieser Welt war (Johannes 18,36), heißt das nicht, dass es später wieder einen irdischen König geben soll. Zur Frage der „Gesetzgebung“ Jesu ist die ganze Bergpredigt zu lesen, nicht nur ein einziger Vers. Überdies schreibt sogar der Koran in Sure 3,50, dass Jesus etwas am Gesetz geändert hat:
Und das zu bestätigen, was von der Thora vor mir (offenbart) war, und um euch einiges von dem zu erlauben, was euch verboten war. Und ich bin mit einem Zeichen von eurem Herrn zu euch gekommen; so fürchtet Allah und gehorcht mir!
Zur Frage nach dem letzten Propheten gibt es einen eigenen Beitrag auf dieser Website.
Muhammad (Friede sei mit ihm) kam mit militärischer Macht und dem Koran, um das alte jüdische verschlissene Zepter und das unpraktische und altmodische Gesetz der Opfer und einer korrupten Priesterschaft zu ersetzen. Er verkündete die reinste Religion des einen wahren Gottes und legte die besten praktischen Gebote und Regeln für die Moral und das Verhalten der Menschen fest. Er gründete die Religion des Islam, die viele Nationen und zu einer wahren Bruderschaft vereint hat, die kein Wesen dem Allmächtigen beigesellen. Alle muslimischen Völker gehorchen dem Gesandten Allahs, lieben und verehren ihn als den Begründer ihrer Religion, aber sie beten ihn nicht an oder geben ihm göttliche Ehre und Attribute. Er zerschlug und beendete die letzten Überreste des jüdischen Fürstentums von Qureihda und Khaibar. Er zerstörte alle ihre Schlösser und Befestigungen.
Als Mohammed kam, gab es schon seit mehr als einem halben Jahrtausend keine jüdischen Opfer mehr. Da gab es kein „altmodisches Gesetz“ zu ersetzen. Diese Opfer haben ihre Erfüllung in der Hingabe Jesu am Kreuz gefunden. Im Islam wurden die Opfer zumindest beim jährlichen Opferfest wieder eingeführt. Dass die „besten praktischen Gebote und Regeln für die Moral“ oft nicht nur weit hinter dem Niveau der Gebote Jesu, sondern auch hinter dem mosaischen Gesetz zurückbleiben, wollte der konvertierte Priester leider nicht sehen. Als Beispiele seien die Ehescheidung sogar von vorpubertären Kindern, der Umgang mit Dieben, der erlaubte Ehebruch mit verheirateten kriegsgefangenen Frauen genannt.
Dann soll noch ausgerechnet ein brutaler Kriegszug gegen friedliche Juden zeigen, dass Mohammed der von Jakob verheißene „Schilo“ ist. Das mag etwas über den Charakter sowohl Mohammeds als auch des Schreibers dieser Erklärung zeigen, die sich beide geweigert haben, dem Messias zu gehorchen.
Keldani geht dann noch auf andere (nicht korrekte) Erklärungen des Wortes „Schilo“ ein, die er ebenfalls auf Mohammed anwendet, auf die ich hier nicht eingehe. Es folgen noch abschließende Beobachtungen, die sich gegen den jüdischen Anspruch richten, dass Schilo noch nicht gekommen sei. Er schreibt, dass ihnen das Zepter ihnen genommen worden ist, was korrekt ist, und dass der Stamm Juda verschwunden sei, was nicht stimmt.
Es folgt noch eine dritte Beobachtung:
Als dritte Beobachtung ist anzumerken, dass der Text eindeutig impliziert, und das widerspricht dem jüdisch-christlichen Glauben, dass Silo ein völlig Fremder für den Stamm Juda und sogar für alle anderen Stämme sein soll.
Dies ist so offensichtlich, dass ein paar Minuten des Nachdenkens ausreichen, um zu überzeugen. Die Vorhersage zeigt deutlich, dass, wenn Silo kommt, das Zepter und der Gesetzgeber von Juda weggehen werden; dies kann nur dann verwirklicht werden, wenn Silo ein Fremder in Juda ist. Wenn Silo ein Nachkomme von Juda ist, wie könnten dann diese beiden Elemente in diesem Stamm aufhören zu existieren? Es kann auch kein Nachkomme eines der anderen Stämme sein, denn das Zepter und der Gesetzgeber waren für ganz Israel bestimmt und nicht nur für einen Stamm.
Diese Feststellung entkräftet auch die christliche Behauptung. Denn Jesus (Friede sei mit ihm) ist ein Nachkomme von Juda – zumindest von der Seite seiner Mutter.
Nein, der Text sagt nicht, dass das Zepter aus Juda verschwinden wird, wenn Schilo kommt. Das Wort „bis“ besagt nicht notwendigerweise, dass ein Zustand beendet wird.
Schedl schreibt dazu:5
Das hebräische ʿad (bis) bedeutet, zeitlich genommen, nicht die Grenze, an welcher ein Zustand aufhört, sondern nur den Zeitpunkt, bis zu welchem er fortdauert. Ob dieser Punkt auch Schlusspunkt ist, an dem der Zustand sein Ende findet, ist anderweitig herauszubringen (vgl. II Sam 6,23; Ps 110,1; Mt 1,25)
Psalm 110,1:
Spruch des HERRN für meinen Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füße! (Elberfelder)
Der Messias wird auch nach dem Sieg über die Feinde zur Rechten Gottes sitzen. So ist auch nach dem Kommen Schilos das Zepter bei Juda geblieben, weil Schilo, der Messias, aus Juda gekommen ist.
Da sagte einer von den Ältesten zu mir: Weine nicht! Siehe, gesiegt hat der Löwe aus dem Stamm Juda, der Spross aus der Wurzel Davids; er kann das Buch und seine sieben Siegel öffnen. (Offenbarung 5,5)
- Claus Schedl, Geschichte des Alten Testaments. II. Band: Das Bundesvolk Gottes, Innsbruck 1956, S. 96. ↩
- Schedl, S. 96. ↩
- Ich kenne nur die englische Version, die unter diesem Link heruntergeladen werden kann. Das Buch gibt es auch auf Deutsch: David Benjamin: Muhammad in der Bibel, 2., neubearb. Aufl., SKD Bavaria, München 2002. ↩
- Ich habe aus dem Englischen mit deepl.com übersetzt. ↩
- Schedl, S. 95. ↩