Jungfrauen im Paradies?

Ich habe mich bereits in dem Beitrag „Lust für alle Ewigkeit?“ mit der sexualisierten islamischen Paradieseserwartung beschäftigt. Ich bin dabei bewusst nicht auf die alternativen Übersetzungsvorschläge von Christoph Luxenberg1 eingegangen, da diese von Muslimen meist nicht akzeptiert werden. Aber vielleicht könnte es für Muslime doch hilfreich sein, sich mit einer alternativen Herangehensweise an den Koran auseinanderzusetzen.

Luxenbergs These nimmt an, dass große Teile des Korans einen syro-aramäischen Hintergrund haben und dass man bei zahlreichen „dunklen“ Stellen im Koran durch Rückgriff auf diesen Hintergrund zu einem besseren Verständnis gelangen kann. Sein Buch beschäftigt sich mit verschiedensten Versen, wenngleich er vor allem wegen seiner These zu den „Huris“ bekannt geworden ist. Da ich keine Arabischkenntnisse habe und meine Aramäischkenntnisse sich auf eine allgemeine Einführung in die wenigen aramäischen Abschnitte des Alten Testaments beschränken, bin ich nicht qualifiziert, seine These von der sprachwissenschaftlichen Seite her zu beurteilen. Ich werde daher auf seine sprachwissenschaftlichen Argumente nicht eingehen, nur beim Begriff „Huri“ werden sie kurz gestreift. Es ist aber bemerkenswert, dass seine Erklärungen in den jeweiligen Kontexten sinnvoll zu sein scheinen.

Der Koran gibt vor, die Schrift zu bestätigen.

Bevor Luxenberg sich mit den einzelnen Versen beschäftigt, weist er darauf hin, dass der Koran den Anspruch erhebt, die Schrift zu „bestätigen“ (z. B. Sure 2,41.89.91; 3,3; 4,47; 6,92 …), und dadurch die Schrift (Altes und Neues Testament) zum Maßstab macht. In diesem Zusammenhang führt er auch Sure 4,82 an:

Wäre er (der Koran) nämlich nicht von Gott, würden sie darin (im Vergleich zur Schrift) viele Unterschiede (Unstimmigkeiten) finden. (Übersetzung Christoph Luxenberg)

Er bezieht diesen Vers also in erster Linie nicht auf innere Widersprüche des Korans, die es durchaus auch gibt, sondern auf Unterschiede zu den früheren Schriften. Korrekterweise stellt er fest, dass die Existenz von Huris eine große Unstimmigkeit zur Schrift darstellen würde. Insofern sollte sein Motiv einem Muslim ja gefallen, da er ja den Widerspruch zwischen Bibel und Koran ausräumen möchte. Für einen ethisch eingestellten Muslim sollte die traditionelle Paradiesesvorstellung auch einen großen Anstoß darstellen.

Zum Begriff „Huri“

Ich werde die von Luxenberg behandelten Verse in drei deutschen Übersetzungen (Bubenheim & Elyas, Khoury, Paret) im Vergleich zu seiner Version bringen.

Sure 44,54 (ähnlich 52,20b):
B&E: […] Und Wir geben ihnen als Gattinnen Huris mit schönen, großen Augen.
Kh: […] Und Wir geben ihnen als Gattinnen Huri mit schönen, großen Augen.
P: […] Und wir geben ihnen großäugige Huris als Gattinnen,
Ch.L.: Wir werden es ihnen unter weißen, kristall(klaren) (Weintrauben) behaglich machen.

Das Wort „Huri“ wird vom Doppelausdruck hūr ‘īn abgeleitet, wovon der erste Teil die Bedeutung „weiß“ hat, der zweite Teil hat mit dem Wort für „Auge“ zu tun. In Abu Riddas Übersetzung wird das so erklärt:
Es handelt sich um herrliche jungfräuliche Paradiesmädchen mit schönen Augen, in denen das Schwarze und das Weiße deutlich zu sehen ist.
Von „schwarz“ steht allerdings nichts dort.
Luxenberg schreibt dazu:
Die arabische Erklärung, wonach der Doppelausdruck „hūr ‘īn“ den besonderen Glanz des Augenweiß als Schönheitsmerkmal jener Paradiesjungfrauen bezeichne, widerspricht nicht nur dem arabischen Sprachgebrauch. Wenn man nämlich die Schönheit der Augen beschreibt, so heißt es in aller Regel, und zwar nicht nur im Arabischen, „schöne schwarze, schöne braune, schöne blaue Augen“, niemals jedoch „schöne weiße Augen“, es sei denn, man ist blind. So heißt es auch im Koran von Jakob, seine Augen seien vor lauter Weinen über seinen Sohn Joseph „weiß“ geworden (Sure 12,84), d. h. sie seien erblindet. Die weitere Erklärung der arabischen Kommentatoren, dieses Weiß hebe die Schönheit der (großen) schwarzen Augen besonders hervor, ist nur eine erdachte Verlegenheitslösung.2

Weiters fällt Luxenberg auf, dass die Weintrauben an zehn Koranstellen unter den Früchten der Erde und der irdischen Gärten vorkommen (2,266; 6,99; 13,4; 16,11.67; 17,91; 18,32; 23,19; 36,34; 80,28), jedoch nur an einer Stelle (78,32) unter den Paradiesesfrüchten. Andere Paradiesesfrüchte sind Dattelpalmen und Granatäpfel (55,68).
Es macht einen jedoch geradezu stutzig, daß die Weinrebe in irdischen Gärten im Koran fast nie fehlt, ausgerechnet im himmlischen Garten aber nur einmal ausdrücklich genannt wird.3

Luxenberg weist auch darauf hin, dass bei Ephräm dem Syrer (ca. 306-373), einem der größten Theologen der syrischen Kirche, in dessen Hymnus über das Paradies Weintrauben ein wichtiges Bild darstellten.

Er schlägt vor, den zweiten Teil des Wortes „hūr ‘īn“, das vom Begriff „Auge“ abgeleitete „‘īn“ entweder mit „Kostbarkeit“ oder „Juwelen, Kristalle“ wiederzugeben und beruft sich dafür auf mögliche Deutungen dieses Wortes im Syro-Aramäischen.4

Lesen wir Sure 44,54 im Kontext. Ich setze dazu Luxenbergs Vorschlag in den Text von Bubenheim & Elyas ein:

51 Gewiß, die Gottesfürchtigen befinden sich an sicherer Stätte, 52 in Gärten und an Quellen. 53 Sie tragen (Gewänder) aus Seidenbrokat und schwerem Brokat (,) und (sie liegen) einander gegenüber. 54 So ist es. Und Wir geben ihnen als Gattinnen Huris mit schönen, großen Augen. Wir werden es ihnen unter weißen, kristall(klaren) (Weintrauben) behaglich machen. 55 Sie rufen darin nach Früchten aller Art (und sind dort) in Sicherheit. 56 Sie kosten darin nicht den Tod, außer dem ersten Tod. Und Er bewahrt sie vor der Strafe des Höllenbrandes 57 als Huld von deinem Herrn. Das ist der großartige Erfolg.

Luxenbergs Deutung harmoniert mit Vers 55. Die Deutung mit den Jungfrauen passt nicht ganz zu Vers 53, wo die Geretteten einander gegenüber liegen.

Wie ist es mit 52,20?

17 Die Gottesfürchtigen aber werden in Gärten und Wonne sein. 18 Sie lassen es sich wohl sein an dem, was ihnen ihr Herr gibt. Und ihr Herr bewahrt sie vor der Strafe des Höllenbrandes. 19 „Eßt und trinkt als wohlbekömmlich für das, was ihr zu tun pflegtet, 20 indem ihr euch auf (voreinander)gereihten Liegen lehnt.“ Und Wir geben ihnen als Gattinnen Huris mit schönen, großen Augen. Wir werden es ihnen unter weißen, kristall(klaren) (Weintrauben) behaglich machen. 21 Und denjenigen, die glauben und denen ihre Nachkommenschaft im Glauben nachfolgt, lassen Wir ihre Nachkommenschaft sich (ihnen) anschließen. Und Wir verringern ihnen gar nichts von ihren Werken. Jedermann ist an das, was er erworben hat, gebunden. 22 Und Wir versorgen sie reichlich mit Früchten und Fleisch von dem, was sie begehren.

Wenn die Menschen im Paradies auf voreinander gereihten Liegen lehnen, fehlt doch die Intimität, die für das Zusammensein mit den Huris gewünscht wäre. Auch Vers 22 spricht über Früchte.

In diesen beiden Stellen würde die Erklärung Luxenbergs durchaus sinnvoll sein.

Weitere Stellen

Sure 2,25 (ähnlich 3,15; 4,57):
B&E: […] Und darin haben sie vollkommen gereinigte Gattinnen. Und ewig werden sie darin bleiben.
Kh: […] Und sie haben darin geläuterte Gattinnen. Und sie werden darin ewig weilen.
P: […] Und darin haben sie gereinigte Gattinnen (zu erwarten). Und sie werden (ewig) darin weilen.
Ch.L.: […] allerlei Arten von reinen (Früchten) […]

Lesen wir diesen Vers wieder im Zusammenhang:

Und verkünde denen, die glauben und rechtschaffene Werke tun, (die frohe Botschaft,) daß ihnen Gärten zuteil werden, durcheilt von Bächen. Jedesmal, wenn sie mit einer Frucht daraus versorgt werden, sagen sie: „Das ist ja das, womit wir zuvor versorgt wurden“; doch es ist ihnen eine ihr ähnliche gegeben worden. Und darin haben sie vollkommen gereinigte Gattinnen allerlei Arten von reinen (Früchten). Und ewig werden sie darin bleiben.

Sure 3,15:

Sag: Soll ich euch von etwas Besserem als diesem Kunde geben? Für diejenigen, die gottesfürchtig sind, werden bei ihrem Herrn Gärten sein, durcheilt von Bächen, ewig darin zu bleiben, und vollkommen gereinigte Gattinnen allerlei Arten von reinen (Früchten) und Wohlgefallen von Allah. Allah sieht die Menschen wohl.

Sure 4,57:

Diejenigen aber, die glauben und rechtschaffene Werke tun, werden Wir in Gärten eingehen lassen, durcheilt von Bächen, ewig und auf immer darin zu bleiben. Darin haben sie vollkommen gereinigte Gattinnen allerlei Arten von reinen (Früchten); und Wir lassen sie in vollkommenen Schatten eingehen.

An allen drei Stellen passt Luxenbergs Version problemlos.

Sure 37,48-49:
B&E: Und bei ihnen sind solche (weiblichen Wesen), die ihre Blicke zurückhalten, mit schönen, großen Augen, als ob sie wohlverwahrte Eier wären.
Kh: Und bei ihnen sind (Huri), die ihre Blicke zurückhalten und schöne, große Augen haben, als ob sie wohlverwahrte Eier wären.
P: Und sie haben großäugige (Huris) bei sich, die Augen (sittsam) niederschlagen, (unberührt) als ob sie wohlverwahrte Eier wären.
Ch.L.: Ihnen werden (zur Verfügung stehen) (zum Pflücken) herabhängende Früchte (Weintrauben), Juwelen (gleich), als wären sie (noch in der Muschel) eingeschlossene Perlen.

Und nun diesen Vers im Zusammenhang:

41 Für diese wird es eine festgesetzte Versorgung geben: 42 Früchte, und sie werden geehrt 43 in den Gärten der Wonne 44 auf Liegen (ruhend), einander gegenüber, 45 wobei ihnen ein Becher (voll) Quellwasser herumgereicht wird, 46 weiß, köstlich für diejenigen, die (daraus) trinken. 47 Darin steckt nichts Beeinträchtigendes, und dadurch werden sie nicht benommen. 48 Und bei ihnen sind solche (weiblichen Wesen), die ihre Blicke zurückhalten, mit schönen, großen Augen, Ihnen werden (zur Verfügung stehen) (zum Pflücken) herabhängende Früchte (Weintrauben), Juwelen (gleich), 49 als ob sie wohlverwahrte Eier wären. als wären sie (noch in der Muschel) eingeschlossene Perlen.

Wenn sie im Paradies auf Liegen einander gegenüber ruhen, passen wohl, wie bereits oben erwähnt, die Früchte besser als die Jungfrauen.

Sure 38,52:
B&E: Und bei ihnen sind gleichaltrige (weibliche Wesen), die ihre Blicke zurückhalten.
Kh: Und bei ihnen sind gleichaltrige (Huri), die ihre Blicke zurückhalten.
P: während sie gleichaltrige (atraab) (Huris) bei sich haben, die Augen (sittsam) niederschlagen.
Ch.L.: Bei ihnen werden niederhängende saftige Früchte (sein).

Im Zusammenhang:

49 Dies ist eine Ermahnung. Und für die Gottesfürchtigen wird es wahrlich eine schöne Heimstatt geben, 50 die Gärten Edens, deren Tore ihnen geöffnet stehen, 51 worin sie sich lehnen und worin sie nach vielen Früchten und nach Getränk rufen. 52 Und bei ihnen sind gleichaltrige (weibliche Wesen), die ihre Blicke zurückhalten. Bei ihnen werden niederhängende saftige Früchte (sein). 53 Dies ist, was euch versprochen wurde für den Tag der Abrechnung, 54 Das ist fürwahr Unsere Versorgung; sie geht nicht zu Ende.

In Vers 51 wird nach Früchten gerufen. In Vers 52 erhalten sie die Früchte. Vers 54 fasst das als „Unsere Versorgung“ zusammen. Luxenbergs Variante passt vorzüglich.

Sure 55,56:
B&E: Darin sind (weibliche Wesen), die ihre Blicke zurückhalten, die vor ihnen weder Mensch noch Ginn berührt haben
Kh: Darin sind (Frauen), die ihre Blicke zurückhalten, die vor ihnen weder Mensch noch Djinn beschlafen hat –
P: Darin befinden sich (auch), die Augen (sittsam) niederschlagen, weibliche Wesen, die vor ihnen weder Mensch noch Dschinn (dschaann) entjungfert hat.
Ch.L.: Darin (befinden sich) herabhängende (pflückreife) Früchte, die weder Mensch noch Genius vor ihnen je befleckt hat.

Blicken wir wieder auf den Zusammenhang:

46 Für jemanden aber, der den Stand seines Herrn fürchtet, wird es zwei Gärten geben 47 – welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? -, 48 die beide Zweige haben. 49 Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? 50 Darin sind zwei Quellen, die fließen. 51 Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? 52 Darin gibt es von jeder Frucht zwei Arten‘. 53 Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? 54 Sie werden sich auf Ruhebetten lehnen, deren Futter aus schwerem Brokat sind. Und die Ernte der beiden Gärten hängt herab. 55 Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? 56 Darin sind (weibliche Wesen), die ihre Blicke zurückhalten, die vor ihnen weder Mensch noch Ginn berührt haben Darin (befinden sich) herabhängende (pflückreife) Früchte, die weder Mensch noch Genius vor ihnen je befleckt hat. 57 – welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? -, 58 als wären sie Rubine und Korallen. 59 Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen?

Luxenbergs Erklärung passt gut in den Zusammenhang. In Vers 54 hängt die Ernte der beiden Gärten herab, das sind die in Vers 56 erwähnten herabhängenden Früchte, die in Vers 58 mit Rubinen und Korallen verglichen werden.

Sure 55,70.72.74:
B&E: 70 Darin sind gute schöne (weibliche Wesen) 72 Huris, (die) in den Zelten zurückgezogen (leben) -, 74 die vor ihnen weder Mensch noch Ginn berührt haben.
Kh: 70 Darin sind gute und schöne Frauen 72 Huri, die in den Zelten zurückgezogen wohnen. 74 Vor ihnen hat sie weder Mensch noch Djinn beschlafen.
P: 70 Darin befinden sich (auch) gute und schöne weibliche Wesen. 72 Huris, in den Zelten abgesperrt (so daß sie den Blicken von Fremden entzogen sind). 74 (Weibliche Wesen) die vor ihnen weder Mensch noch Dschinn (dschaann) entjungfert hat.
Ch.L.: 70 Darin (befinden sich) erlesene, vorzügliche (Früchte), 72 Weiße, in den (Wein)lauben herabhängende Weintrauben, 74 die weder Mensch noch Genius vor ihnen je befleckt hat.

Im Zusammenhang:

68 Darin sind Früchte und Palmen und Granatäpfel. 69 Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? 70 Darin sind gute schöne (weibliche Wesen) Darin (befinden sich) erlesene, vorzügliche (Früchte), 71 – welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? -, 72 Huris, (die) in den Zelten zurückgezogen (leben) Weiße, in den (Wein)lauben herabhängende Weintrauben, – 73 welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? -, 74 die vor ihnen weder Mensch noch Ginn berührt haben. die weder Mensch noch Genius vor ihnen je befleckt hat. 75 Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen? 76 Sie lehnen sich auf grünen Decken und schönen Teppichen. 77 Welche der Wohltaten eures Herrn wollt ihr beide denn leugnen?

In Luxenbergs Wiedergabe schließt Vers 70 gut an Vers 68 an.

Sure 56,22-23:
B&E: 22 Und (darin sind) Huris mit schönen, großen Augen, 23 gleich wohlverwahrten Perlen.
Kh: 22 Und (darin sind) großäugige Huri, 23 gleich wohlverwahrten Perlen.
P: 22 Und großäugige Huris (haben sie zu ihrer Verfügung), 23 (in ihrer Schönheit) wohlverwahrten Perlen zu vergleichen.
Ch.L.: 22 Weiße (Weintrauben), Juwelen 23 Perlen gleich, die (noch in der Muschel) eingeschlossen sind.

Auch hier wieder ein Blick auf den Zusammenhang:

20 und (mit) Früchten von dem, was sie sich auswählen, 21 und Fleisch von Geflügel von dem, was sie begehren. 22 Und (darin sind) Huris mit schönen, großen Augen, 22 Weiße (Weintrauben), Juwelen 23 gleich wohlverwahrten Perlen. Perlen gleich, die (noch in der Muschel) eingeschlossen sind. 24 (Dies) als Lohn für das, was sie zu tun pflegten.

In den Versen 20 und 21 geht es um Nahrung. Wenn es in den Folgeversen auch darum geht, passt es gut.

Sure 56,34-37:
B&E: 34 und (auf) erhöhten Ruhebetten. 35 Wir haben sie derart entstehen lassen 36 und sie zu Jungfrauen gemacht, 37 liebevoll und gleichaltrig,
Kh: 34 Und auf erhöhten Unterlagen. 35 Wir haben sie eigens entstehen lassen 36 Und sie zu Jungfrauen gemacht, 37 Liebevoll und gleichaltrig,
P: 34 und dick gepolsterten Betten. 35 (Und Huris stehen zu ihren Diensten.) Wir haben sie regelrecht geschaffen 36 und sie zu Jungfrauen gemacht, 37 heiß liebend (`uruban) und gleichaltrig,
Ch.L.: 34 Hochgezogene (Wein)lauben (werden sie haben); 35 diese haben wir hochwachsen lassen 37 und zu eisgekühlten, saftigen 36 Erstlingsfrüchten gemacht.

Auch diese Stelle im Zusammenhang:

28 (Sie sind) unter dornenlosen Sidr-Bäumen 29 und dichtgeschichteten Mimosen 30 und langgestrecktem Schatten, 31 (an) sich ergießendem Wasser, 32 (bei) vielen Früchten, 33 die weder unterbrochen noch verwehrt sind, 34 und (auf) erhöhten Ruhebetten. Hochgezogene (Wein)lauben (werden sie haben); 35 Wir haben sie derart entstehen lassen diese haben wir hochwachsen lassen 36 und sie zu Jungfrauen Erstlingsfrüchten gemacht, 37 liebevoll und gleichaltrig, eisgekühlt und saftig, 38 für die Gefährten der rechten Seite.

Auch hier sind die Früchte des Paradieses das Thema. Luxenbergs Vorschlag unterbricht den Zusammenhang nicht, wie es die plötzliche Einführung von Betten und Jungfrauen täte.

Sure 78,33:
B&E: und prächtige, gleichaltrige (weibliche Wesen)
Kh: Und gleichaltrige Frauen mit schwellenden Brüsten,
P: gleichaltrige (Huris) mit schwellenden Brüsten
Ch.L.: und (zwar) üppige, saftige (Früchte)

Bei dieser Stelle ist zu bemerken, dass auch Bubenheim & Elyas die traditionellen „schwellenden Brüste“ vermieden haben, aber dennoch in Klammer klargemacht haben, dass es sich um weibliche Wesen handelt.

Auch hier wieder ein Blick auf den Zusammenhang (hier Luxenbergs Version in Khourys Übersetzung eingetragen):

31 Für die Gottesfürchtigen ist ein Ort des Erfolges bestimmt, 32 Gärten und Weinstöcke, 33 Und gleichaltrige Frauen mit schwellenden Brüsten, und (zwar) üppige, saftige (Früchte) 34 Und ein randvoller Becher.

Auch hier schließt sich Vers 33 mit den üppigen, saftigen Früchten bei Luxenberg besser in den Zusammenhang ein als die Frauen mit schwellenden Brüsten der anderen Übersetzer.

Die Gattinnen der Männer im Paradies

An zwei Stellen schreibt der Koran auch über die Gattinnen der Männer im Paradies. Mit den Gattinnen sind in diesem Fall nicht die Huris gemeint, sondern die Frauen, mit denen sie schon auf der Erde verheiratet waren.

55 Gewiß, die Insassen des (Paradies)gartens sind heute in Beschäftigung und Vergnügen. 56 Sie und ihre Gattinnen befinden sich im Schatten und lehnen sich auf überdachte Liegen. 57 Sie haben darin Früchte, und sie haben, was sie erbeten. 58 „Friede!“, als (Gruß)wort von einem barmherzigen Herrn. (Sure 36,55-58)

68 „O meine Diener, keine Furcht soll heute über euch kommen, noch sollt ihr traurig sein, 69 (ihr,) die ihr an Unsere Zeichen glaubtet und (Allah) ergeben wart. 70 Geht in den (Paradies)garten ein, euch und euren Gattinnen wird Freude bereitet.“ 71 Es werden ihnen Schüsseln aus Gold und Trinkschalen herumgereicht; darin gibt es, was die Seelen begehren und köstlich für die Augen ist. „Und ewig werdet ihr darin bleiben. 72 Das ist der (Paradies)garten, der euch zum Erbe gegeben worden ist für das, was ihr zu tun pflegtet. 73 Darin habt ihr vielerlei Früchte, von denen ihr eßt.“

Da in 43,70 davon die Rede ist, dass sie mit ihren Gattinnen in den Paradiesgarten eintreten sollen, damit ihnen dort Freude bereitet wird, ist offensichtlich, dass es sich um die Frauen handeln muss, mit denen sie auf der Erde verheiratet waren. Ob es diesen Frauen wirklich Freude macht, wenn sie sehen, wie sich ihr Mann mit all den Huris vergnügt? Mir hat einmal ein Muslim gesagt, dass die Frauen dieser Männer das gar nicht mitbekommen, wenn diese mit den Huris zusammen sind. Ich bin mir einerseits nicht sicher, ob das tatsächlich die islamische Tradition so sagt. Andererseits würde das bedeuten, dass die Männer im Paradies ein Doppelleben führen, dass es also auch im Paradies Lüge und Heuchelei geben würde. So ein Paradies wäre doch die Hölle!

Der Tafsir scheint damit aber kein Problem zu haben. Dort heißt es zum Abschnitt 36,55-58 auf den Seiten 706-707:

[…] Die Paradiesbewohner werden an diesem Tag – am Tag der Vergeltung – zu beschäftigt sein mit den Freuden und Gnadenfüllen, in denen sie sich befinden, um an die Bewohner des Feuers zu denken. Sie erfreuen sich an den großäugigen Paradiesjungfrauen und genießen das Essen und Trinken und das Hören der Musik. In den ausgedehnten Schatten der Gärten, wo es keine brennende Sonne und keine schneidende Kälte gibt, liegen sie und ihre Ehefrauen auf Ruhebetten gelehnt, die mit Tüchern und Vorhängen geschmückt sind. […] (Hervorhebungen von mir)

Das Zeugnis von Johannes von Damaskus

Johannes von Damaskus (gestorben 754) wurde zur Zeit des frühen Islams in Damaskus geboren. Er gilt als der letzte „Kirchenvater“. In seinem Werk De Haeresibus (Über die Irrlehren) schrieb er auch über den Islam als der 100. Irrlehre, ohne das Wort „Islam“ zu verwenden. Eine englische Übersetzung dieses Textes findet man hier. Er bringt einige Gegenargumente gegen die „Ismaeliten“, wie er sie nannte. Man gewinnt den Eindruck, dass er alles Negative über diese Häresie zusammengestellt hat, worüber er wusste. Neben den christologischen Differenzen – Jesus war nicht Sohn Gottes, nur Geist und Wort von ihm – wusste er auch über die Polygamie der Ismaeliten Bescheid, über den Stein, den sie in der Kaaba verehren. Er wusste auch, dass Mohammed auf „Gottes Befehl“ hin Zaids Frau geheiratet hatte. Er erwähnt mehrere Suren direkt, interessanterweise auch eine Sure, „Das Kamel“ genannt, die es im heutigen Koran nicht gibt, damals aber möglicherweise schon. Im Zusammenhang mit dieser Sure erwähnt er auch die islamischen Vorstellungen über das Paradies. Er erwähnt aber nicht die Huris. Hätte es zu seiner Zeit diese Vorstellung gegeben, wäre das für Johannes ein schlagendes Argument gewesen, da in den Augen der Christen seiner Zeit ein derartiges Paradies pure Unmoral gewesen wäre. Johannes hätte dieses Argument keinesfalls ausgelassen. Es scheint ziemlich eindeutig zu sein, dass ihm die Vorstellung der Paradiesesjungfrauen nicht bekannt war. Es ist zwar nur ein Argument aus dem Schweigen, es stützt meines Erachtens aber Luxenbergs Theorie.

Fazit

Obwohl es meines Erachtens gute Gründe gibt, Luxenbergs Gedanken zuzustimmen, möchte ich nicht behaupten, dass er recht hat. Dazu fehlt mir der sprachwissenschaftliche Hintergrund.

Falls seine Theorie stimmt, stellen sich für einen Muslim einige Fragen:

  • Wie kann es sein, dass die gesamte islamische Tradition den Koran falsch verstanden hat? Es gibt ja auch Hadithe, die sich dieses sexualisierte Paradies ausmalen und das sogar dem „Gesandten“ in den Mund legen, z. B. hier und hier.
  • Wie kann es sein, dass das „ewige Wort Gottes“ von praktisch allen Muslimen falsch verstanden wurde?
  • Wie kann es sein, dass das „ewige Wort Gottes“ zeitbedingte Paradiesesvorstellungen aufnimmt, wie sie damals im syrischen Raum auch durch das Wirken von Ephräm dem Syrer verbreitet waren?

Falls seine Theorie nicht stimmt, stellen sich aber auch Fragen:

  • Wie kann es sein, dass im Paradies die Männer einerseits mit ihren Gattinnen zusammen sind, andererseits aber auch mit den Huris? Wie kann das für diese Gattinnen das Paradies sein?
  • Haben die gläubigen Frauen im Paradies neben ihren Gatten auch so etwas wie männliche „Huris“?
  • Warum sollte es im Paradies überhaupt sexuelle Beziehungen geben? Werden dort auch Kinder geboren? (Siehe dazu auch die Gedanken in „Lust für alle Ewigkeit?
  • Ist es nicht ein Problem, wenn der Koran in diesem Punkt etwas ganz anderes lehrt als Jesus (z. B. Markus 12,24-25), der sexuelle Beziehungen im Jenseits kategorisch ausschloss? Wie kann man dann behaupten, dass der Koran die Schrift bestätigt?
  • Wenn man ein Paradies erwartet, in dem man seine Begierden voll ausleben kann, kann man dann in diesem Leben überhaupt die Motivation haben, sündhafte Begierden zu überwinden?

Man sieht, dass beide Möglichkeiten für einen ernsthaften Muslim zu einem Dilemma führen. Entweder muss er sich eingestehen, dass der Koran die Unmoral propagiert, oder er muss akzeptieren, dass so gut wie alle Muslime den Koran falsch verstanden haben und dass die islamische Tradition völlig unglaubwürdig ist.

Ein ernsthafter Muslim kann nur wählen zwischen Unmoral oder der Verwerfung der islamischen Tradition.

Der Ausweg aus diesem Dilemma besteht im Glauben an Jesus Christus, dem ewigen Wort Gottes, der gekommen ist, uns von der Sünde zu befreien und zum ewigen Glück in der Gemeinschaft mit Gott zu führen.

Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben. (Johannes 8,12)

Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen.
(Matthäus 5,8)


  1. Christoph Luxenberg, Die syro-aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, 2. Auflage 2004, S.255-294. „Christoph Luxenberg“ ist das Pseudonym eines deutschsprachigen Koranforschers, das dieser aus Sicherheitsgründen verwendet. 
  2. Seite 265-266. 
  3. Seite 267. 
  4. Seite 271-274. 

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