Die Malzeichen Jesu

In Zukunft mache mir keiner Mühe! Denn ich trage die Malzeichen Jesu an meinem Leib. (Galater 6,17 – Elberfelder)

Mit diesem Vers beendet Paulus seinen Brief an die galatischen Gemeinden. Es folgt nur mehr der abschließende Segenswunsch, in welchem er die Brüder der Gnade des Herrn Jesus Christus anvertraut.

Am Ende seines Briefes, in welchem er die jungen Gemeinden teils auch mit harten Worten von dem Irrweg einer Religiosität abhalten wollte, die nicht auf die Gnade Gottes vertraut, verweist Paulus auf sich selbst, auf die Spuren, die die Nachfolge Jesu an seinem Leib hinterlassen hat. Paulus war nicht nur ein Mann der Theorie. Er hat sich mit seinem Leben für seine Überzeugung eingesetzt.

Im 2. Korintherbrief hat er sich in seinem Bemühen um die Korinther genötigt gesehen, seine Leiden aufzuzählen.

Ich ertrug mehr Mühsal, war häufiger im Gefängnis, wurde mehr geschlagen, war oft in Todesgefahr. 24 Fünfmal erhielt ich von Juden die vierzig Hiebe weniger einen; 25 dreimal wurde ich ausgepeitscht, einmal gesteinigt, dreimal erlitt ich Schiffbruch, eine Nacht und einen Tag trieb ich auf hoher See. (2 Korinther 11,23b-25)

In dieser Auflistung sind die Ereignisse nach seiner Gefangennahme in Jerusalem, darunter auch der Schiffbruch vor Malta, noch nicht enthalten. Die Umstände der meisten dieser Begebenheiten sind uns unbekannt. Die Steinigung, die Paulus in Lystra erlitt, wird aber in Apostelgeschichte 14,19-20 berichtet. Sie geschah auf der ersten Missionsreise in einer Stadt im Süden der Provinz Galatia. Das war auf jeden Fall vor dem Galaterbrief, und im wahrscheinlichen Fall, dass dieser Brief an die südgalatischen Gemeinden gerichtet war, war diese Steinigung seinen Empfängern sehr gut bekannt, da Paulus sie in einer ihrer Städte erlitt. Diese versuchte Ermordung muss deutliche Spuren an seinem Körper hinterlassen haben. Es spricht einiges dafür, dass auch der „Stachel im Fleisch„, der Paulus plagte, auf dieses Verbrechen, dem er zum Opfer gefallen ist, zurückgeht.

Auch die vielen Schläge, die Paulus gemeinsam mit Silas in Philippi erlitten hat (Apostelgeschichte 16,22-24), müssen sichtbare Narben hinterlassen haben. Doch war das vermutlich erst nach der Abfassung des Galaterbriefs.

Diese „Malzeichen“ waren die Folgen seiner Liebe zu Jesus, der Verkündigung des Evangeliums. Paulus ist seinem Herrn auch in seinen Leiden nachgefolgt. Sein zerschundener Körper war eine Bestätigung seiner Verkündigung und seines Zeugnisses für Jesus.

Die „Malzeichen Jesu“ bedeuteten bei Paulus nicht, dass er durch ein besonderes Wirken Gottes die Wundmale Jesu an seinen Händen, Füßen und an seiner Brust empfangen hätte.

Das von Paulus verwendete Wort στίγμα / stígma (Plural: στίγματα / stígmata) wird aber verwendet, um ein Phänomen, das im katholischen Raum seit dem 13. Jahrhundert auftritt, zu benennen. Im Neuen Testament kommt dieses Wort nur in Galater 6,17 vor. Im Profangriechischen stand es z. B. für ein Zeichen, mit dem ein Herr seinen Sklaven kennzeichnete. Es konnte auch für eine Tätowierung stehen, die jemand an sich zu Ehren einer Gottheit anbrachte. Vielleicht hat Paulus dieses Wort verwendet, weil ihn die körperlichen Auswirkungen seiner Nachfolge als einen Sklaven Jesu kennzeichneten.

Die „Stigmata“, die seit dem 13. Jahrhundert vor allem unter katholischen Mystikern auftraten, waren anderer Art. Es ging um eine Einprägung der Wunden, die Jesus bei seiner Kreuzigung erlitten hat, in den Körper der jeweiligen Person, also um die Wundmale an den Händen, den Füßen und an der Seite. Laut Kathpedia gab es seit dem 13. Jahrhundert insgesamt über 400 Stigmatisierte, von denen die überwältigende Mehrzahl Frauen waren. Von 321 im Jahr 1935 gezählten Stigmatisierten waren nur 41 Männer. Der erste Stigmatisierte soll mit Franz von Assisi aber ein Mann gewesen sein. Ein anderer bekannter Stigmatisierter war der 2002 heiliggesprochene „Pater Pio“.

Bemerkenswert ist, dass bei den meisten Stigmatisierten die Wundmale an den Händen auftraten, dort, wo sie in künstlerischen Darstellungen des Gekreuzigten zu sehen sind. Die Römer haben jedoch anders gekreuzigt. Ein Nagel in der Handfläche hätte den Körper nicht halten können. Darum wurden die Nägel durch die Handwurzeln geschlagen. Diese Stigmatisierungen hingen offensichtlich stark damit zusammen, wie sich die Betreffenden die Kreuzigung vorgestellt haben.

Wie dieses Phänomen zustande kam, soll hier nicht das Thema sein. Da müsse man sich wohl mit jedem Fall gesondert beschäftigen. Es kann mit Psychosomatik zusammenhängen. In manchen Fällen mag auch mit chemischen oder anderen Hilfsmitteln nachgeholfen worden sein. Vielleicht gibt es auch noch andere Erklärungen.

Die Bibel kennt derartige Malzeichen Jesu nicht. Weder Jesus noch die Apostel haben etwas in diese Richtung angekündigt.

Oft waren die Stigmatisierten sehr stark in einem Sühnedenken verwurzelt. Sie dachten, durch ihre Leiden die Sünden anderer Menschen vor Gott sühnen zu können. Dieser Wunsch ist verständlich, zeigt aber auch einen großen Stolz. Wir können nicht einmal unsere eigenen Sünden gutmachen. Wie sollten wir dann für die Sünden anderer Menschen sühnen?

Doch kann keiner einen Bruder auslösen, an Gott für ihn ein Sühnegeld zahlen. (Psalm 49,8)

Franz von Assisi soll die Wundmale am 17. September 1222 erhalten haben. Im selben Zeitraum wurden die Waldenser, die Jesus Christus ohne die katholischen Irrtümer nachfolgen wollten, von der katholischen Kirche verfolgt. Franziskus stand auf der Seite der verfolgenden „Kirche“, auch wenn er persönlich damit nichts zu tun hatte. Erst seine späteren Ordensbrüder wurden in der Inquisition und Verfolgung aktiv. Wer trug damals die Malzeichen Christi? Jemand, der in einem visionären Erlebnis unbiblische „Stigmata“ empfing und sich einer gottlosen Hierarchie unterordnete, oder diejenigen, die nur dem Wort Gottes gehorchen wollten und dafür bereit waren, sich von einer sich „Kirche“ nennenden machtvollen Institution verfolgen zu lassen?

13 Lasst uns also zu ihm vor das Lager hinausziehen und seine Schmach tragen! 14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern wir suchen die zukünftige. (Hebräer 13,13-14)

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