Die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.

Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. (Matthäus 16,18)

Diesem Wort Jesu entnehmen Katholiken die Überzeugung, dass die auf dem Felsen des Papsttums gebaute Kirche nicht untergehen wird und nicht untergehen kann. Doch hat Jesus das gemeint?

Ich habe meine Gedanken zum ersten Teil des Verses in einem früheren Beitrag zusammengestellt. In diesem Text soll es um den zweiten Teil des Verses gehen, um die Verheißung, dass die Kirche von den Pforten der Unterwelt nicht überwältigt werden wird.

Wenn, wie früher dargelegt, nicht Simon Petrus, sondern Jesus oder das Bekenntnis zu Jesus als dem Sohn Gottes und Messias das Fundament der Kirche ist, ist auch klar, dass die Kirche auch nicht auf dem Papsttum aufbauen kann. Die Anrede des Papstes mit „Heiliger Vater“ steht in direktem Widerspruch zum Gebot Jesu, niemanden auf Erden Vater zu nennen (Matthäus 23,9). Institutionalisierter Ungehorsam kann nie und nimmer das Fundament der Kirche Jesu sein.

Aber kann man nicht grundsätzlich sagen, dass die Gemeinden, die auf die Apostel zurückgehen, und in weiterer Folge auch die in der Tradition dieser Gemeinden stehenden Gemeinden die Kirche bilden, die von den Pforten der Unterwelt nicht überwältigt werden können?

Die römisch-katholische Kirche beruft sich auf die Gemeinde von Rom, mit der sie durchaus in organisatorischer Hinsicht verbunden sein mag, auch wenn die Tradition, dass Petrus Bischof von Rom gewesen sein soll, historisch nicht haltbar ist. Die griechisch-orthodoxe Kirche führt sich auf Andreas, den Bruder von Petrus zurück, der der erste Bischof von Byzanz gewesen sein soll. Das ist nun aber völlig legendär. Aber immerhin gab es die Gemeinden von Korinth und Thessalonich, in deren Tradition heute griechisch-orthodoxe Kirchen stehen. Die Kopten führen sich auf die Gemeinde von Alexandrien zurück, deren erster Bischof der Evangelist Markus gewesen sein soll. Auch wenn Markus das nicht war, geht die Gemeinde von Alexandrien wohl schon auf die apostolische Zeit zurück. Ebenfalls auf Petrus berufen sich die Patriarchate von Antiochien, von denen es drei verschiedene gibt.

Wenn es um einen gewissen organisatorischen Zusammenhang geht, könnten sich also die römisch-katholische, die griechisch-orthodoxe, die koptische und auch die syrisch-orthodoxe Kirche darauf berufen, dass sie die Kirche sind, die von den Pforten der Unterwelt nicht überwältigt werden können.

Was ist aber, wenn sich eine Kirche im Laufe der Zeit immer weiter von der Lehre Jesu und der Apostel entfernt? Wenn die Lebenspraxis nicht der Praxis der Urgemeinde entspricht?

Ist das noch die Kirche Jesu, wenn nicht nur zu Gott gebetet wird, sondern auch zu verstorbenen „Heiligen“, auch wenn man vorgibt, zwischen Anbetung und fürbittendem Gebet zu unterscheiden? Ist das noch die Kirche Jesu, wenn man gegen das zweite Gebot Kultbilder verehrt? Ist das noch die Kirche Jesu, wenn jeder, an dem als Kleinkind ein Ritual namens Taufe vollzogen wurde, als Christ betrachtet wird, unabhängig davon, was er wirklich glaubt und wie er lebt? Ist das noch die Kirche Jesu, wenn entgegen der Lehre Jesu in Matthäus 18,15-17 Sünder nicht ermahnt werden und trotz Verhärtung in schwersten Sünden akzeptiert werden? Ist das noch die Kirche Jesu, in der manche so reich sind, dass sie nicht wissen, was sie mit dem Geld tun sollen und andere ihr Dasein in Not und Elend fristen müssen? Ist das noch Kirche Jesu, die Menschen, die die Worte Jesu ernst nehmen wollen, blutig verfolgt, wie es etwa die katholische Kirche des Mittelalters mit den Waldensern gemacht hat?

Die Kirche Jesu lebt nicht aus einem fernen organisatorischen Zusammenhang mit apostolischen Gemeinden, sondern sie lebt durch ihre Verbindung mit dem Fundament, das einzig und allein Jesus Christus ist.

Auch wenn in toter Tradition erstarrte „Kirchen“ nicht mehr den Anspruch erheben dürfen, Kirche Jesu zu sein, geht die von Jesus begründete Kirche nicht unter. Sie lebt überall dort, wo Menschen mit ihrem ganzen Leben und ihrer vollen Hingabe Jesus Christus nachfolgen. Sie lebt nicht hierarchisch organisiert, sondern als lebender Organismus mit Jesus Christus als Haupt und einzigem Oberhirten. Diese Kirche wird nicht untergehen, weil sie auf dem von Jesus Christus gelegten Fundament aufbaut.

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