3 Denn weil das Gesetz, ohnmächtig durch das Fleisch, nichts vermochte, sandte Gott seinen Sohn in der Gestalt des Fleisches, das unter der Macht der Sünde steht, wegen der Sünde, um die Sünde im Fleisch zu verurteilen; 4 dies tat er, damit die Forderung des Gesetzes durch uns erfüllt werde, die wir nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist leben. (Römer 8,3-4)
In diesem Beitrag soll es darum gehen, was es heißt, dass Gott seinen Sohn „in der Gleichheit / Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde“ sandte.
Im Griechischen steht ἐν ὁμοιώματι σαρκὸς ἁμαρτίας / en homoiōmati sarkòs hamartías.
Oμοίωμα / homoíōma hat üblicherweise die Bedeutung „Gleichheit, Ähnlichkeit“, aber laut Elberfelder Studienbibel nicht im Sinne von Identität. Das Wörterbuch von Bauer nennt auch noch die Bedeutungen „Bild, Abbild“ oder „Gestalt“. An der letzten Möglichkeit haben sich offensichtlich die Übersetzer der Einheitsübersetzung orientiert, aber auch die der Elberfelder Bibel.
Σαρκὸς ἁμαρτίας / sarkòs hamartías wäre wörtlich mit „[des] Fleisches [der] Sünde“ zu übersetzen. Die Einheitsübersetzung hat das als „des Fleisches, das unter der Macht der Sünde steht“ interpretiert, die Elberfelder Bibel bleibt bei der wörtlichen Wiedergabe.
Das Neue Testament bezeugt klar, dass Jesus nie gesündigt hat.
Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen? (Johannes 8,46a)
Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden. (2 Korinther 5,21)
Ein solcher Hohepriester ziemte sich in der Tat für uns: einer, der heilig ist, frei vom Bösen, makellos, abgesondert von den Sündern und erhöht über die Himmel; (Hebräer 7,26)
Er hat keine Sünde begangen und in seinem Mund war keine Falschheit. (1 Petrus 2,22)
Wenn Jesus in der Gestalt oder Gleichheit des Fleisches der Sünde gekommen ist, heißt das also keinesfalls, dass Jesus gesündigt hat.
Aber es heißt, dass Jesus bei seiner Menschwerdung sich ganz auf unsere Ebene begeben hat. Er wurde Mensch in unserer gefallenen Natur. Als Mensch war er nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch versuchbar. Auch für ihn bedeutete die Überwindung von Versuchungen einen Kampf.
Darum heißt es im Hebräerbrief:
Wir haben ja nicht einen Hohepriester, der nicht mitfühlen könnte mit unseren Schwächen, sondern einen, der in allem wie wir versucht worden ist, aber nicht gesündigt hat. (Hebräer 4,15)
„In allem versucht“, kann nicht meinen, dass er jede einzelne erdenkbare Versuchung zu überwinden hatte. Es gibt keinen Menschen, der von allen möglichen Versuchungen betroffen ist. Auch für viele Menschen, die ihr Leben ohne Gott führen, stellen z. B. harte Drogen keine Versuchung dar. Andererseits kann für jemanden, der sich immer konsequent von Alkohol, Nikotin und anderen Drogen ferngehalten hat und für den diese Dinge keine Versuchung darstellen, der Stolz darauf, besser als andere Menschen zu sein, zur Versuchung werden.
Bei Jesus, der von Kindheit an immer konsequent und siegreich gegen Versuchungen gekämpft hat, war die Situation schon aus diesem Grund anders als bei allen anderen Menschen. Aber auch für ihn waren die Versuchungen real.
Gerade dadurch, dass er auf unserer Ebene, auf der Ebene des „Fleisches der Sünde“, gekämpft hat, hat er „die Sünde im Fleisch verurteilt“. Die Sünde hat ihn nie besiegt, sondern er hat die Sünde immer besiegt. Auch als er den Hass seiner Gegner erdulden musste, die Folter, den nicht nur schmerzhaften, sondern auch schändlichen Tod am Kreuz, blieb er in Liebe und Treue mit seinem himmlischen Vater verbunden und frei von jeder Sünde.
Die Folge dieses Sieges beschreibt Paulus in Vers 4:
Dies tat er, damit die Forderung des Gesetzes durch uns erfüllt werde, die wir nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist leben.
Das „durch das Fleisch ohnmächtige Gesetz“ kann nur zeigen, wie man leben sollte. Es kann nicht die Kraft geben, dieser Forderung nachzukommen. Eigentlich ist nicht das Gesetz ohnmächtig, sondern der Mensch hat sich durch sein Sündigen selbst in eine Position gebracht, die ihn immer weiter in die Sünde hineinzieht. Er kommt ohne Hilfe nicht mehr heraus. Das Gesetz kann diese Hilfe nicht geben.
Die Hilfe kommt von Jesus, der in seinem Fleisch die Sünde verurteilt hat. Er schenkt allen, die ihm nachfolgen, Anteil an seinem Sieg, denen, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist leben. Durch den Heiligen Geist, den er schenkt, gibt er die Kraft, die Sünde zu überwinden.
12 Wir sind also nicht dem Fleisch verpflichtet, Brüder, sodass wir nach dem Fleisch leben müssten. 13 Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die sündigen Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben. (Römer 8,12-13)