45 Jahre Fristenlösung

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Was ist die „Fristenlösung“?

Seit 1. Jänner 1975 gilt in Österreich die sogenannte Fristenlösung. Diese wird im § 97 Strafgesetzbuch festgelegt. Der Vollständigkeit halber zitiere ich auch § 96.

§96

(1) Wer mit Einwilligung der Schwangeren deren Schwangerschaft abbricht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen, begeht er die Tat gewerbsmäßig, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Ist der unmittelbare Täter kein Arzt, so ist er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, begeht er die Tat gewerbsmäßig oder hat sie den Tod der Schwangeren zur Folge, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(3) Eine Frau, die den Abbruch ihrer Schwangerschaft selbst vornimmt oder durch einen anderen zuläßt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

§ 97

(1) Die Tat ist nach § 96 nicht strafbar,

1. wenn der Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung von einem Arzt vorgenommen wird; oder
2. wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten Gefahr für das Leben oder eines schweren Schadens für die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren erforderlich ist oder eine ernste Gefahr besteht, daß das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde, oder die Schwangere zur Zeit der Schwängerung unmündig gewesen ist und in allen diesen Fällen der Abbruch von einem Arzt vorgenommen wird; oder
3. wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Rettung der Schwangeren aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr unter Umständen vorgenommen wird, unter denen ärztliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist.

(2) Kein Arzt ist verpflichtet, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder an ihm mitzuwirken, es sei denn, daß der Abbruch ohne Aufschub notwendig ist, um die Schwangere aus einer unmittelbar drohenden, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr zu retten. Dies gilt auch für die in gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen tätigen Personen.

(3) Niemand darf wegen der Durchführung eines straflosen Schwangerschaftsabbruchs oder der Mitwirkung daran oder wegen der Weigerung, einen solchen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder daran mitzuwirken, in welcher Art immer benachteiligt werden.

Nach § 96 ist Abtreibung verboten und wird bestraft. § 97 korrigiert das durch die Festlegung von Ausnahmefällen, in denen nicht bestraft wird. Diese Ausnahmen besagen aber nicht, dass Abtreibung erlaubt ist. Ein nicht bestraftes Vergehen bleibt ein Vergehen, auch wenn der Staat von einer Bestrafung absieht.

Die Realität spricht freilich eine andere Sprache. Was nicht bestraft wird, gilt in der Praxis als erlaubt. Das bedeutet, dass ungeborene Kinder in Österreich innerhalb der ersten drei Monate ihres Lebens im Mutterleib keinen Schutz ihres Rechts auf Leben genießen. Diese Menschen werden dadurch zu Nicht-Menschen degradiert. Sie sind vogelfrei.

Noch schlimmer ist die Situation für behinderte Kinder. Diese können (im Sinne der von Sozialdemokraten wie Julius Tandler und National-Sozialisten vertretenen „Eugenik“) während der gesamten Schwangerschaft getötet werden. Das sollte einen nicht wundern, wenn man weiß, dass Bundeskanzler Kreisky, der dieses Gesetz gegen massiven Widerstand durchgesetzt hat, so viele ehemalige Mitglieder der NSDAP als Minister in seiner Regierung hatte wie sonst kein anderer Bundeskanzler der Zweiten Republik. Auch die Formulierung der Gefahr eines schweren Schadens für die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren  ist ein Gummiparagraf, in dem man vieles unterbringen kann. Ebenso wird den Kindern jugendlicher Mütter das Lebensrecht bis zur Geburt verweigert.

Wer trägt die Verantwortung dafür?

Hauptverantwortlich für die Einführung dieses Gesetzes ist Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky, der damals eine mit absoluter parlamentarischer Mehrheit ausgestattete SPÖ-Alleinregierung führte. Zuständiger Minister war Dr. Christian Broda. Am 29. November 1973 wurde das Gesetz mit 93 Stimmen gegen 88 Stimmen der ÖVP und FPÖ vom Nationalrat beschlossen. Am 6. Dezember desselben Jahres erhob die ÖVP im Bundesrat Einspruch dagegen. Darauf folgte am 23. Jänner 1974 ein Beharrungsbeschluss im Nationalrat mit 92 gegen 89 Stimmen. Die von der ÖVP geführte Salzburger Landesregierung stellte daraufhin an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Fristenlösung wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben. Am 11. Oktober 1974 wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag im sogenannten Fristenlösungserkenntnis zurück. Dadurch hat der Verfassungsgerichtshof den ungeborenen Menschen das grundlegende Menschenrecht auf Leben abgesprochen.

Die Hauptverantwortung an allen Opfern der Fristenlösung ist somit neben dem Bundeskanzler und seinem Justizminister allen Abgeordneten der SPÖ zuzuschreiben, ebenso aber allen Richtern am Höchstgericht, die in einer unbeschreiblichen Hybris eine Gruppe von Menschen vom grundlegenden Menschenrecht auf Leben ausgeschlossen haben.

Neben den beiden damaligen Oppositionsparteien gab es auch starken außerparlamentarischen Widerstand gegen die Fristenlösung. Ein Volksbegehren zum Schutz des menschlichen Lebens wurde von 895.665 Österreichern unterschrieben. Das waren 17,93 % der stimmberechtigten Bevölkerung. Es handelte sich damals um das meistunterstützte Volksbegehren und steht auch bis heute an vierter Stelle aller bisher durchgeführten Volksbegehren. Trotz der hohen Unterstützung wurde dieses Volksbegehren zurückgewiesen.

Das Strafgesetzbuch hat nicht Verfassungsrang und kann mit einfacher parlamentarischer Mehrheit geändert werden.

Seit dem Beschluss dieses Gesetzes gab es zwei Perioden ohne Regierungsbeteiligung einer lebensfeindlichen Linkspartei. Das war von 2000 bis 2007 unter dem ÖVP-Bundeskanzler Schüssel und 2017 bis 2018 unter Bundeskanzler Kurz. Hätten ÖVP und FPÖ dieselbe Entschlossenheit gezeigt, das Morden zu verhindern, wie es ihre Abgeordneten im Jahre 1973 taten, gäbe es die Fristenlösung nicht mehr und unzähligen Menschen wäre das Leben gerettet worden. Da aber keine der beiden Parteien diesen Mordparagrafen abschaffen will, klebt das Blut der unschuldig ermordeten Kinder auch an den Händen der Politiker der einstmals lebensfreundlichen Parteien.

Es gibt keine relevante politische Kraft in unserem Land, die das Morden der ungeborenen Kinder beenden will. Auch die Vertreter der offiziellen „Kirchen“ scheinen mit der Fristenlösung gut leben zu können. Es gibt katholischerseits nur einen einzigen bereits pensionierten Bischof, der sich noch entschlossen gegen die Abtreibung zu Wort meldet. Alle anderen Kirchenführer haben sich offensichtlich mit dem Status quo abgefunden.

Die Verantwortung für die ermordeten Kinder ruht derzeit auf sehr, sehr vielen Schultern.

Konsequenzen der Fristenlösung

Da es keine Statistiken über die Anzahl der durchgeführten Abtreibungen gibt und vermutlich auch noch länger nicht geben wird, weiß niemand, wie viele Kinder seit 1975 im Mutterleib getötet wurden. Es kann nur geschätzt werden. Die Schätzungen schwanken zwischen 30.000 und 100.000 Abtreibungen pro Jahr. Wenn wir die niedrigste Schätzung von 30.000 Abtreibungen pro Jahr annehmen, wurden in den vergangenen 45 Jahren 1,350.000 Menschen im Mutterleib ermordet. Es können aber auch über 3 Millionen gewesen sein.

Jeder Einzelne dieser Menschen war ein einmaliges von Gott geliebtes Geschöpf, geschaffen nach dem Bilde des Schöpfers. Millionen Menschen wurde das grundlegende Recht auf Leben verwehrt. Sie wurden in den ersten Tagen oder Wochen ihres jungen Lebens hingeschlachtet.

Es wurden aber nicht nur die Leben dieser Menschen zerstört. Auch das Leben aller, die an einer Abtreibung beteiligt waren, besonders der Mütter, aber auch der Väter, sonstiger Freunde und Bekannter, die den Rat zum Töten gaben, nicht zuletzt aber auch der Ärzte, die die Tötungen durchgeführt haben, litt schweren Schaden. Auch wenn nicht in allen Fällen psychische Probleme die Folge sind, so wurde doch das Gewissen schwerst geschädigt. Man kann nicht folgenlos ein Menschenleben auslöschen.

Aber nicht nur die Gewissen der an Abtreibungen Beteiligten wurden zerstört. Es sieht so aus, dass sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung mit der Abtreibung abgefunden hat. Man empfindet es nicht mehr als schlecht, wenn dem Leben eines unschuldigen ungeborenen Kindes ein gewaltsames Ende bereitet wird. So wurde das Gewissen von Millionen Menschen durch den Gesetzgeber schwerst geschädigt.

Ebenso sind die demografischen Auswirkungen äußerst negativ. Ein Blick auf die Bevölkerungspyramide zeigt das. Die getöteten Kinder fehlen als Steuerzahler, als Beitragszahler zur Pensionsversicherung. Zuwanderung kann das nicht ausgleichen und ist mit zusätzlichen sozialen Risiken verbunden. Ein Volk, das seine eigenen Kinder ermordet, zerstört sich selbst. Das ist der Zustand Österreichs im Jahr 2020.

Gibt es Hoffnung auf Änderung?

Wie es aussieht, nicht wirklich. Die sich mitunter als „Lebensschutzpartei“ bezeichnende ÖVP bekennt sich zur Fristenlösung. In einer Koalition mit den Grünen, für die die Abtreibung ein Menschenrecht ist, wird da nichts unternommen werden.

Es ist zu befürchten, dass die Initiative #fairändern, die wenigstens die eugenische Indikation abschaffen will und auch sonst einige kleine Verbesserung an der Fristenlösung durchsetzen will, im Parlament nicht durchkommen wird, obwohl es mit den Stimmen der FPÖ und ÖVP eine Mehrheit gäbe. Der ÖVP sind Menschenleben vermutlich keinen Koalitionsbruch wert.

Da der Bevölkerung weitgehend das Bewusstsein fehlt, dass eine Abtreibung Unrecht ist, werden auch in Zukunft 30.000 oder mehr Menschen pro Jahr der Fristenlösung zum Opfer fallen.

Ändern können sich immer nur Einzelne. Abtreibung trennt von Gott. Aber es ist nicht nur die Abtreibung. Wer zu sich selbst ehrlich ist, wird auch viele andere Punkte in seinem Leben finden, die dem Willen Gottes widersprechen. Da gibt es nur eine Lösung: Umkehr. Deswegen ist Gott in Jesus Christus Mensch geworden, damit er uns aus unserer Schuld herausholt und zu einer tiefen Reue und Hinwendung zu unserem Schöpfer führt. Diese Hinwendung zu Gott schenkt Hoffnung, zumindest für den Einzelnen. Nur wenn viele Einzelne Gottes Willen tun, gibt es auch Hoffnung für die Gesellschaft. Derzeit sieht es leider nicht danach aus.

Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muss, spricht der Herr, HERR. So kehrt um, damit ihr lebt! (Ezechiel 18,32 – Elberfelder)

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