Im modernen Christentum spricht man ungern über die Hölle, über die ewige Gottesferne als Konsequenz eines Lebens ohne Gott. Das hat zum Teil wohl auch mit unbiblischen Vorstellungen über die Hölle zu tun, die sich menschliche Fantasie und auch der Autor des Korans wie eine Folterkammer vorgestellt haben. Das Wesentliche der Hölle ist jedoch die ewige Trennung von Gott, der Quelle des Lebens und des Glücks, und die Verzweiflung, die aus der ungewollten, aber unausweichlichen Konfrontation mit der eigenen Bosheit und Schuld kommt.
Es gibt immer wieder Stimmen, die sich bemühen, auch für Judas, den Verräter Jesu, Hoffnung auszudrücken. Wenn es für Judas Hoffnung gibt, dann kann es nicht so schlimm sein.
Doch was hat Jesus dazu gesagt?
Der Menschensohn muss zwar seinen Weg gehen, wie die Schrift über ihn sagt. Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn ausgeliefert wird! Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre. (Matthäus 26,24 // Markus 14,21)
Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllte. (Johannes 17,12)
Im Johannesevangelium nennt Jesus Judas „Sohn des Verderbens“. Bei der Ankündigung des Verrats vor der Einsetzung des Herrenmahls sagte Jesus über den Verräter, dass es für ihn besser wäre, er wäre nie geboren.
„Sohn des Verderbens“ wird sonst nur der „Mensch der Gesetzwidrigkeit“, der „Widersacher“ in 2 Thessalonicher 2,3-4 genannt, oft als der „Antichrist“ verstanden, der im dortigen Zusammenhang aber nicht für eine Einzelperson stehen muss, sondern auch ein widerchristliches System bedeuten kann. Dieser Ausdruck bedeutet, dass jemand sich zum Feind Gottes gemacht hat. Jesus sagte in Johannes 17 auch ausdrücklich, dass der Sohn des Verderbens verloren ging, was sicher mehr bedeutet, als dass er nicht mehr im Kreis der Zwölf war.
Wenn Jesus sagte, dass es für diesen Menschen besser wäre, er wäre nie geboren, so ist das eine sehr grundsätzliche Aussage. Jeder Mensch ist von Gott geliebt und gewollt. Für jeden Menschen ist es daher einmal gut, dass er geboren ist. Wenn jemand das Ziel, für das ihn Gott geschaffen hat, erreicht, nämlich die ewige Gemeinschaft mit seinem Schöpfer, kann man nicht sagen, dass es für ihn besser wäre, wenn er nie geboren wäre. Meines Erachtens kann man die Worte Jesu nicht anders verstehen, als dass Judas verloren ist, ewig von Gott getrennt.
Auch die Worte von Petrus weisen in diese Richtung:
[…] damit er die Stelle dieses Dienstes und Apostelamtes empfängt, von dem Judas abgewichen ist, um an seinen eigenen Ort zu gehen. (Apostelgeschichte 1,25 – Elberfelder)
Mit „seinem eigenen Ort“ ist wohl der Ort gemeint, der seinen Taten entspricht.
Jesus sagte in Johannes 17,12 auch:
[…] damit sich die Schrift erfüllte.
Das bedeutet nicht, dass Judas nicht anders hätte handeln können. Die Worte des Alten Testaments liefern nicht das Drehbuch, in dem alles, was im Neuen Testament geschehen sollte, exakt vorgegeben wurde. Judas hat in freier Entscheidung Jesus das zugefügt, was auch im Alten Testament ein Gerechter von seinem vertrauten Freund erfahren hat. So hat Jesus auch dieses tiefe Unrecht ertragen müssen. Mehr dazu im Beitrag Mein Freund, der mein Brot aß.
Nach Matthäus und Markus sagte Jesus:
Der Menschensohn muss zwar seinen Weg gehen, wie die Schrift über ihn sagt.
Er wies dadurch auf die alttestamentlichen Stellen über das Leiden des Messias hin. Weil er von der Mehrheit seines Volkes abgelehnt wurde, war dieser Weg des Leidens und Sterbens der Weg, auf dem der Messias die Erlösung bringen sollte. Jesus wäre diesen Weg auch gegangen, wenn Judas ihn nicht verraten hätte. Für seine Gegner wäre es weniger einfach, aber nicht unmöglich gewesen, Jesus zu Tode zu bringen.
Judas war keineswegs durch die alttestamentlichen Worte gezwungen, Jesus zu verraten. Es war auch nicht so, dass Jesus Judas eigens deswegen berufen hatte, damit er ihn verraten würde. Judas sollte ein Apostel Jesu werden. Mehr dazu hier.
Judas hat sich durch seine eigene freie Entscheidung so weit in seiner Sünde verhärtet, dass er nicht mehr den Weg der Umkehr gefunden hat. Das sollen wir nicht schönreden, sondern als warnendes Beispiel vor Augen haben.