Hat Abraham die Kaaba gebaut?

Und (gedenkt,) als Ibrāhīm die Grundmauern des Hauses errichtete, zusammen mit Ismāʿīl, (da beteten sie): „Unser Herr, nimm (es) von uns an. Du bist ja der Allhörende und Allwissende. (Sure 2,127)

Mit dem „Haus“ ist nach islamischer Auffassung die Kaaba, das würfelförmige Gebäude im Innenhof der Großen Moschee in Mekka, gemeint.

Auch in Sure 22 geht es um Abraham und das „Haus“:

26 Und als Wir Ibrāhīm die Stelle des Hauses zuwiesen: „Geselle Mir nichts bei und reinige Mein Haus für die den Umlauf Vollziehenden, die aufrecht Stehenden, sich Verbeugenden und die sich Niederwerfenden. 27 Und rufe unter den Menschen die Pilgerfahrt aus, so werden sie zu dir kommen zu Fuß und auf vielen hageren (Reittieren), die aus jedem tiefen Paßweg daherkommen, […] (Sure 22,26-27)

Dem Koran zufolge hat Abraham, nachdem ihm Allah die Stelle des Hauses zugewiesen hat, dieses gemeinsam mit seinem Sohn Ismael gebaut. Er hat es gereinigt und die Menschen zur Pilgerfahrt aufgerufen.

Die erste Frage, die sich stellt, ist: War Abraham jemals in Mekka?

Anders als der Koran liefert das Buch Genesis zahlreiche geografische Angaben im Zusammenhang mit Abraham.

Abraham zog gemeinsam mit seinem Vater Terach aus Ur in Chaldäa nach Haran in Nordmesopotamien, in der heutigen Türkei (Genesis 11,31). Von dort rief ihn Gott, in das Land zu ziehen, das er ihm zeigen werde (Genesis 12,1). So zog Abraham ins Land Kanaan (heute Israel und palästinensische Gebiete). Die erste Station war Sichem (Genesis 12,6), es folgte Bet-El (Genesis 12,8). An beiden Orten baute Abraham dem HERRN einen Altar, aber kein Haus. Wegen einer Hungersnot begab er sich nach Ägypten (Genesis 12,10), von wo er wieder nach Kanaan zurückkehrte (Genesis 13,1). Vom Negeb im Süden ging es wieder nach Bet-El (Genesis 13,3). Dann zog er in die Nähe von Hebron (Genesis 13,18), wo er sich dann weiterhin aufhielt. Längere Zeit verbrachte Abraham im Land des Negeb zwischen Kadesch und Schur in Gerar (Genesis 20,1), das war von Hebron betrachtet Richtung Südwesten. Nach einem Aufenthalt in Beerscheba war Abraham wieder in Hebron, wo seine Frau Sara (Genesis 23,2) und schließlich auch er starb und begraben wurde (Genesis 25,8-9).

Von einem Abstecher nach Mekka, das immerhin 1217 km Luftlinie von Hebron und 1201 km Luftlinie von Beerscheba entfernt liegt, ist nichts bekannt.

Ismael wurde während des Aufenthalts bei Hebron geboren. Als 14 Jahre später Isaak geboren wurde, war Abraham in der Nähe von Gerar oder Beerscheba. Nach der Entwöhnung Isaaks wurden Hagar und Ismael vertrieben. Sie hielten sich zuerst in der Wüste bei Beerscheba auf, anschließend in der Wüste Paran (im nördlichen Bereich der Halbinsel Sinai) auf. Seine Mutter nahm ihm eine Frau aus Ägypten (Genesis 21,12-21). Danach war Ismael nicht mehr bei Abraham. Erst bei Abrahams Begräbnis war er wieder zugegen (Genesis 25,9).

Als Ismael von seinem Vater weggeschickt wurde, mag er 17 Jahre alt gewesen sein. Sollte Abraham tatsächlich mit Ismael in Mekka gewesen sein, müsste das gewesen sein, als dieser noch ein Teenager war, eigentlich vor der Geburt Isaaks, als Ismael 14 Jahre alt war, da nicht anzunehmen ist, dass Abraham seine Frau Sara gemeinsam mit dem Säugling Isaak zurückgelassen hätte, um mit Ismael über 1200 km zu reisen, um in Mekka die Kaaba zu bauen.

Nach Genesis 17,25 war Ismael 13 Jahre alt, als Gott mit Abraham den Bund der Beschneidung geschlossen hatte und sowohl Abraham als auch Ismael beschnitten wurden. Sollte der unbeschnittene Abraham gemeinsam mit dem weniger als 13-jährigen ebenfalls unbeschnittenen Ismael die Kaaba gebaut haben? Nach der Beschneidung Ismaels gab es dafür keine Zeit mehr. Kurz danach wurde Abraham die Geburt Isaaks angekündigt (Genesis 18,10), die auch ca. ein Jahr später geschah. In dieser Zeit war Abraham an der Seite seiner schwangeren Frau Sara.

Die biblischen Berichte lassen keinen Raum für einen Besuch Abrahams und Ismaels in Mekka. Sie können daher auch nicht die Kaaba gebaut haben und zur Pilgerfahrt aufgerufen haben, die sie anschließend selber nie durchgeführt haben.

Hier steht der Koran in offensichtlichem Widerspruch zur Thora. Es sieht eher danach aus, dass man die heidnische Kultstätte von Mekka durch eine erfundene Gründungslegende, in der Abraham als Erbauer genannt wird, zum Zentrum einer monotheistischen Religion umfunktionieren wollte. Muslime, die eine Verfälschung der Thora behaupten, können sich in diesem Punkt nicht einmal auf den Koran stützen.

Es ist offensichtlich, dass der Autor des Korans die biblischen Berichte nicht kannte. Unmöglich kann der Koran das direkte Wort Gottes sein.

Da es seit dem Kommen Jesu und der Zerstörung des Tempels in Jerusalem kein Haus für Gott mehr gibt, liegt die Bedeutung Abrahams nicht in der Verbindung mit einer Kultstätte, sondern in seinem Glauben, der uns als Vorbild gegeben ist.

20 Er zweifelte aber nicht im Unglauben an der Verheißung Gottes, sondern wurde stark im Glauben, indem er Gott die Ehre erwies, 21 fest davon überzeugt, dass Gott die Macht besitzt, auch zu tun, was er verheißen hat. 22 Darum wurde es ihm auch als Gerechtigkeit angerechnet. (Römer 4,20-22)

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