49 Als seine Begleiter merkten, was bevorstand, fragten sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen? 50 Und einer von ihnen schlug auf den Diener des Hohepriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. 51 Da sagte Jesus: Lasst es! Nicht weiter! Und er berührte das Ohr und heilte den Mann. (Lukas 22,49-51)
Als Jesus gefangen genommen wurde, wollten ihn seine Jünger verteidigen. Einer von ihnen – nach Johannes 18,10 war es Simon Petrus – schlug mit dem Schwert dem Diener des Hohepriesters das rechte Ohr ab.
Menschlich gesehen war der Versuch, Jesus gegen seine Feinde zu verteidigen, verständlich. Von einer geistlichen Warte betrachtet zeigt er, dass Petrus und die anderen Jünger den Weg Gottes, der über die Demütigung, Leid und Tod zum Sieg führt, noch nicht verinnerlicht hatten.
So hat Jesus Petrus einerseits mit Worten Einhalt geboten:
52 Da sagte Jesus zu ihm: Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen. 53 Oder glaubst du nicht, mein Vater würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken, wenn ich ihn darum bitte? 54 Wie würden dann aber die Schriften erfüllt, dass es so geschehen muss? (Matthäus 26,52-54)
Da sagte Jesus zu Petrus: Steck das Schwert in die Scheide! Der Kelch, den mir der Vater gegeben hat – soll ich ihn nicht trinken? (Johannes 18,11)
Der Weg des Schwertes ist nicht der Weg, der zur Erlösung führt. Gott bewahrte den Erlöser nicht vor Leid und Tod, sondern durch die Liebe, die stärker war als der Tod, hat er den Sieg über Tod und Sünde errungen, der schon von den Schriften verheißen war.
Andererseits hat Jesus seine Liebe auch durch das letzte Wunder gezeigt, das er in seinem irdischen Leben gewirkt hat. Er hat das Ohr seines Feindes geheilt, der dabei war, ihn festzunehmen, damit ihm der Prozess gemacht werden könnte, der zu seiner Hinrichtung führen sollte.
Es war aber auch Liebe zu seinen Jüngern. Durch die Heilung hat er den Schaden, der durch den Schwerthieb entstanden war, gutgemacht. So fehlte der Beweis für den Widerstand Petri gegen die Obrigkeit.1
Aber das Wunder war gewiss mehr als ein taktischer Zug, der dem Jünger Jesu Schwierigkeiten ersparen sollte. Es geschah in erster Linie aus Liebe zum Feind heraus.
Wir sehen hier einen beeindruckenden Kontrast. Jesus wusste, was an Misshandlungen und Schmerzen auf ihn wartete. Er hat sich selber nicht geschont, hat die Schmerzen in Geduld und voller Liebe ertragen. Seinem Feind hat er das verletzte Ohr geheilt. Er hat nicht nur die Verstümmelung rückgängig gemacht. Die Heilung bedeutete auch das Ende der Schmerzen.
Johannes nennt auch den Namen des Dieners. Er hieß Malchus. Wenn Malchus unter den Christen unbekannt gewesen wäre, wäre sein Name nicht von Belang. Die Nennung seines Namens spricht dafür, dass diese Person unter den Christen bekannt war, und könnte als Indiz verstanden werden, dass sich Malchus bekehrt hat. Volle Gewissheit können wir darüber natürlich nicht haben. Aber es wäre nicht überraschend, dass dieses letzte Wunder Jesu Malchus zum Nachdenken gebracht hätte, sodass Jesus letztlich nicht nur das Ohr, sondern auch die Seele und das ganze Leben dieses Mannes geheilt hätte.
Das letzte Heilungswunder Jesu in seinem irdischen Leben war nicht sein letztes Heilungswunder. Jesus hat nach seiner Erhöhung die Verkündigung seiner Jünger durch Wunder bestätigt. So haben Petrus und Johannes eine Lahmgeborenen im Namen Jesu Christi geheilt (Apostelgeschichte 3,1-11).
Aber noch wichtiger ist die geistliche Heilung, die Jesus in allen bewirkt, die von ihren Sünden umkehren und ihm nachfolgen.
21 Dazu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt. 22 Er hat keine Sünde begangen und in seinem Mund war keine Falschheit. 23 Als er geschmäht wurde, schmähte er nicht; als er litt, drohte er nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter. 24 Er hat unsere Sünden mit seinem eigenen Leib auf das Holz des Kreuzes getragen, damit wir tot sind für die Sünden und leben für die Gerechtigkeit. Durch seine Wunden seid ihr geheilt. 25 Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber habt ihr euch hingewandt zum Hirten und Hüter eurer Seelen. (1 Petrus 2,21-25)
- Allerdings konnte auch in späteren Zeiten ein Bericht über diesen Schwerthieb gefährlich sein. Deswegen nennen die synoptischen Evangelien, die noch zu Lebzeiten Petri geschrieben wurden, seinen Namen nicht. Erst Johannes, der sein Evangelium nach dem Tod Petri abgeschlossen hat, konnte Petrus namentlich erwähnen, ohne ihn dadurch zu gefährden. ↩