11 Denn die Leiber der Tiere, deren Blut vom Hohepriester zur Sühnung der Sünde in das Heiligtum gebracht wird, werden außerhalb des Lagers verbrannt. 12 Deshalb hat auch Jesus, um durch sein eigenes Blut das Volk zu heiligen, außerhalb des Tores gelitten. 13 Lasst uns also zu ihm vor das Lager hinausziehen und seine Schmach tragen! 14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern wir suchen die zukünftige. (Hebräer 13,11-14)
Gegen Ende des Hebräerbriefs zieht der Autor einen Vergleich zwischen den Opfertieren des Versöhnungstages und den Umständen des Todes Jesu und ermuntert danach seine Leser, die geistlichen Schlüsse daraus zu ziehen. Zugleich richtet er seinen Blick auf das Ziel.
Der Versöhnungstag fand jährlich am 10. Tag des 7. Monats (September / Oktober) statt. Er war der einzige im Gesetz vorgeschriebene Fasttag. Nur an diesem Tag durfte der Hohepriester als Einziger das Allerheiligste im Tempel betreten. Er betrat diesen innersten Teil des Heiligtums mit dem Blut geopferter Tiere, um dadurch symbolisch Versöhnung für sich und das ganze Volk zu erwirken. Das Ritual dieses Tages wird in Levitikus 16 beschrieben. Natürlich bewirkt ein Ritual in sich keine Versöhnung. Es sollte aber dem Volk dadurch bewusst gemacht werden, wie dringend sie die Versöhnung mit Gott brauchen. Das sollte sie motivieren, von ihren Sünden umzukehren und sich wieder ganz neu Gott zuzuwenden, der vergebungsbereit ist.
Doch die Erlösung stand noch aus. Das Allerheiligste war durch einen Vorhang abgeschlossen. Erst die vollkommene Hingabe Jesu hat die Erlösung bewirkt, den Weg zu Gott freigemacht. Der Hebräerbrief beschäftigt sich in den Kapiteln 5 und 7-10 mit der Thematik der Opfer und des Priestertums Jesu, durch das die alttestamentlichen Opfer ihre Erfüllung und ihren Abschluss gefunden haben.
Im Rahmen des Vergleichs mit dem Versöhnungstag weist der Autor auf ein Detail aus Levitikus 16,27 hin:
Den Jungstier und den Bock, die man als Sündopfer dargebracht und deren Blut man hereingebracht hat, um im Heiligtum Versöhnung zu erwirken, soll man aus dem Lager hinausschaffen und ihr Fell, ihr Fleisch und ihren Mageninhalt im Feuer verbrennen.
Mit dem „Lager“ war während der Wüstenwanderung der Israeliten das Lager des Volkes gemeint. Zur Zeit des Tempels ging es um die Stadt Jerusalem. Die Überreste der Opfertiere sollten außerhalb der Stadt verbrannt werden. Einerseits wurde das Blut dieser Tiere als etwas sehr Kostbares gesehen. Es wurde in das Allerheiligste gebracht und auf die Bundeslade gespritzt. Das sollte ein Symbol für die Reinigung sein. Das Blut stand für das Leben, für das Leben, das Gott schenkt, wenn die Beziehung zu ihm in Ordnung ist. Die Überreste dieser Tiere galten aber als unrein und sollten aus dem Lager bzw. der Stadt hinausgeschafft werden.
Hier sah der Schreiber des Hebräerbriefs eine Parallele zum Todesleiden Jesu. Jesus wurde außerhalb der Mauern Jerusalems gekreuzigt, was man Matthäus 27,31; Markus 15,20 und Johannes 19,17 entnehmen kann. Auf seinem Weg in das himmlische Heiligtum (vergleiche Hebräer 9,24-25) erfuhr Jesus, dass er die von Gott erwählte Stadt verlassen musste.
Jesus wurde von den Führern seines Volkes verstoßen und verworfen, aber von seinem Vater angenommen. Dadurch hat er einen neuen Weg erschlossen.
19 So haben wir die Zuversicht, Brüder und Schwestern, durch das Blut Jesu in das Heiligtum einzutreten. 20 Er hat uns den neuen und lebendigen Weg erschlossen durch den Vorhang hindurch, das heißt durch sein Fleisch. (Hebräer 10,19-20)
Dieser neue und lebendige Weg bedeutet, so zu leben wie Jesus, der diesen Weg gebahnt hat. Das bedeutet auch Spott und Verfolgung und draußen sein.
20 Denkt an das Wort, das ich euch gesagt habe: Der Sklave ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen; wenn sie an meinem Wort festgehalten haben, werden sie auch an eurem Wort festhalten. 21 Doch dies alles werden sie euch um meines Namens willen antun; denn sie kennen den nicht, der mich gesandt hat. (Johannes 15,20-21)
So finden wir auch in Hebräer 13,13 die Ermunterung, aus dem Lager hinauszuziehen und die Schmach Christi zu tragen. Jesus nachfolgen heißt, ein Außenseiter zu sein. Das Außenseitersein ist nicht das Ziel, aber die Folge, wenn man nicht bei allem mitmacht, was unter Menschen, für die Gottes Wille nicht wichtig ist, tun.
Darum schreibt Johannes:
15 Liebt nicht die Welt und was in der Welt ist! Wer die Welt liebt, in dem ist die Liebe des Vaters nicht. 16 Denn alles, was in der Welt ist, die Begierde des Fleisches, die Begierde der Augen und das Prahlen mit dem Besitz, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. 17 Die Welt vergeht und ihre Begierde; wer den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit. (1 Johannes 2,15-17)
Diese Welt, alles, was Menschen mit oberflächlicher Freude erfüllt, wird vergehen. Dessen sollen wir uns bewusst sein. Gott hat uns für die Ewigkeit geschaffen. Diese zukünftige Stadt ist die Heimat seiner Kinder. Diese Stadt sollen wir suchen und so „als Fremde und Gäste“ (1 Petrus 2,11) außerhalb des Lagers leben.
25 Wen habe ich im Himmel außer dir? Neben dir erfreut mich nichts auf Erden. 26 Mag mein Fleisch und mein Herz vergehen, Fels meines Herzens und mein Anteil ist Gott auf ewig. (Psalm 73,25-26)