Muslime weisen immer wieder darauf hin, dass der Islam eine Religion ist, die der Vernunft des Menschen entspricht, der Weg Gottes für alle Menschen.
Was wäre, wenn alle Menschen diesen Weg gehen würden? Betrachten wir einige Beispiele aus dem Lebensvollzug der Gläubigen, jeweils im Vergleich zwischen Islam und Christentum. Beide Religionen erheben den Anspruch, einen Weg zu lehren, der für alle Menschen der Wille Gottes ist.
Christen ist bewusst, dass diese Frage nur theoretischer Natur sein kann. Jesus hat von einem schmalen Weg gesprochen, auf dem nur wenige Menschen gehen.
Geht durch das enge Tor! Denn weit ist das Tor und breit der Weg, der ins Verderben führt, und es sind viele, die auf ihm gehen. Wie eng ist das Tor und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und es sind wenige, die ihn finden. (Matthäus 7,13-14)
Auch wenn es leider immer nur wenige Christen geben wird, zeigt sich an dem Denkmodell, was wäre, wenn alle Menschen Christen oder Muslime wären, etwas darüber, ob eine Religion wirklich der Weg Gottes ist.
1 Die Sprache der Offenbarung
Sowohl für den Islam als auch für das Christentum sind die jeweiligen Heiligen Schriften (Koran bzw. Bibel) von existenzieller Bedeutung.
Ein Unterschied besteht in der Bedeutung der Sprache, in der diese Schriften verfasst wurden. Im Christentum war von Anfang an wichtig, dass die von Gott offenbarten Inhalte möglichst allen Menschen in einer für sie verständlichen Sprache zugänglich gemacht werden. Es war daher kein Problem, sie zu übersetzen. Die Worte Jesu wurden von Anfang an in der damaligen Weltsprache, dem Griechischen, verbreitet. Muslime sehen jedoch nur im arabischen Koran das von Allah offenbarte Wort.
Wenn alle Menschen Allahs Offenbarung verstehen wollen, müssen sie Arabisch lernen. In Konsequenz heißt das, dass es für Menschen, die deren Muttersprache nicht Arabisch ist, viel schwieriger ist, Allahs Willen zu erkennen.
Christen sind überzeugt, dass Gott sich so klar offenbart hat, dass sein Wille durch eine Übersetzung der Bibel nicht entstellt werden kann.
Wären alle Menschen Muslime, müssten alle Arabisch lernen, und würden selbst dann viele Feinheiten des Textes nicht verstehen, da Arabisch für sie nur eine Fremdsprache wäre.
Wären alle Menschen Christen, so würden alle den Reichtum des Wortes Gottes in der Bibel in ihrer eigenen Sprache erfahren.
2 Das Fasten
Für Muslime ist das Fasten im Monat Ramadan verpflichtend, was unter anderem bedeutet, einen Mondmonat lang zwischen Morgen- und Abenddämmerung weder Speise noch Trank zu sich zu nehmen.
Das Christentum kennt keine verpflichtende Fastenregelung. Fastenzeiten, die in manchen Konfessionen eingehalten werden, gehen nicht auf Jesus oder die Lehre der Apostel zurück.
Es gibt aber eine Verpflichtung zu einem Leben in Heiligkeit an jedem Tag unseres Lebens. Das zeigt sich in einer Offenheit für Gottes Willen in völlig unterschiedlichen Situationen. Mäßigkeit und Bescheidenheit sind Eigenschaften, die Gott den Seinen schenkt. Verzicht auf Speise und Trank kann situationsbezogen richtig sein, vor allem, wenn wichtige geistliche Situationen es erfordern.
Wären alle Menschen Christen, dann gäbe es keine einheitlichen Fastentermine, aber es gäbe eine Gesellschaft, die von Liebe, Bescheidenheit, Dankbarkeit und Teilen der Güter geprägt wäre.
Das Fasten im Monat Ramadan ist vorschriftsmäßig weltweit praktisch nicht durchführbar. Wenn der Ramadan in die Zeit um die Sommersonnenwende fällt, gibt es nördlich des Polarkreises keine Nacht, um zu essen und zu trinken. Umgekehrt gibt es dort bei einem Fasten um die Wintersonnenwende kein Tageslicht. Man kann also durchgehend essen und trinken.
Manche Islamische Theologen haben eine Lösung für dieses Problem, nämlich, dass man sich in nördlichen und südlichen Regionen an die Zeiten des 45. Breitengrades halten sollte. M. Hamidullah schrieb in seinem Buch „Der Islam. Geschichte, Religion, Kultur“ (Islamabad 1991, S. 101): „In den Regionen zwischen 45° und 90° muss man also dem Stand der Uhren folgen, nicht dem der Sonne.“ Diese Lösung wird aber weder im Koran noch in den Worten Mohammeds vorgeschlagen, da sich weder Allah noch sein Prophet und dessen Zeitgenossen dieser Problematik bewusst waren. Hier wird ersichtlich, dass der Islam ursprünglich nicht für eine universelle Befolgung konzipiert war.
Die Gefährdung der Gesundheit durch übermäßig langen Flüssigkeitsentzug stellt ein zusätzliches Problem dar.
3 Die Pilgerreise nach Mekka
„Für jeden Erwachsenen, Mann wie Frau, ist es Pflicht, sich einmal im Leben nach Mekka zu begeben, um hier die große „Anstrengung“ zur Angleichung an den Willen Gottes zu erfüllen. Wer nicht die Mittel zur Durchführung der Reise hat, ist davon befreit; aber welcher Muslim würde nicht das nötige Geld zusammensparen, um eines Tages den Mittelpunkt seiner Religion zu besuchen, die Ka’bah, das Haus Gottes?“ (Hamidullah, S.105).
Diese Hadsch genannte Pilgerfahrt findet jedes Jahr im islamischen Monat Dhū l-Hiddscha, dem letzten Monat des islamischen Jahres, statt. Es werden dabei fest vorgeschriebene Rituale in Mekka und einigen Orten der Umgebung durchgeführt. Derzeit kommen jährlich über 2 Millionen Pilger gleichzeitig nach Mekka. Immer wieder kommt es wegen dieser großen Menschenmenge zu Unglücksfällen (so 2015 mit über 700 Toten – manche Quellen sprechen von über 2500 bis zu 4000 Toten).
Wären alle Menschen Muslime, so ergäbe das bei einer Bevölkerungszahl von über 7 Milliarden Menschen 80 bis 100 Millionen Pilger, die jährlich zur selben Zeit dieselben Rituale am selben Ort durchführen müssten. Das ist logistisch nicht machbar. Vermutlich würden in dieser Situation islamische Theologen auch eine Lösung finden. Das ursprüngliche Konzept des Islams und des Haddsch wäre jedoch undurchführbar, wenn tatsächlich alle Menschen Muslime wären.
Sollten wir das nicht als einen Hinweis darauf betrachten, dass der Islam ein Produkt der Gegebenheiten einer bestimmten Zeit war, und nicht der universell gültige Wille Gottes für alle Menschen aller Zeiten?
Für Christen gibt es kein Heiligtum auf Erden, zu dem wir pilgern und alte Rituale durchführen. Unsere „Pilgerfahrt“ hat als Ziel das himmlische Jerusalem, die ewige Gemeinschaft mit unserem himmlischen Vater, der von uns nicht Rituale haben will. Sein Wille ist, dass wir mit unserer Liebe auf seine übergroße Liebe antworten. Das führt zu einem Leben voller Hingabe, Demut, Reinheit und Ehrlichkeit.
4 Der Kalender
Für das praktische Leben des Muslims sind Kalenderfragen von großer Wichtigkeit, da durch den spezifischen islamischen Kalender die Feste und auch der Fastenmonat Ramadan festgelegt werden.
Beim islamischen Jahr handelt es sich um ein Mondjahr, in dem ein Jahr aus zwölf Mondphasen besteht. Dadurch ist ein Jahr nur 354 oder 355 Tage lang. Der Unterschied zum Sonnenjahr wird nicht ausgeglichen. Da das Mondjahr elf Tage kürzer ist als das Sonnenjahr, wandert es rückwärts durch die verschiedenen Jahreszeiten. In etwa 32 Mondjahren hat es einmal das Sonnenjahr durchwandert. Jedes islamische Fest und auch der Fastenmonat findet dadurch jedes Jahr ca. 11 Tage früher statt als im Vorjahr. Manchmal wird das als Vorteil dargestellt, da dadurch das Fasten nicht immer gleich schwer ist.
Für das Alltagsleben ist ein Kalender, in dem ein Jahr kürzer als ein Sonnenjahr ist, nur bedingt brauchbar. Praktisch heißt das, dass ein Muslim in zwei verschiedenen Kalenderwelten lebt: In der Wirtschaft, in der Schule und im Studium gibt es den Sonnenkalender, da nur durch den Sonnenkalender gewährleistet ist, dass etwa die Sommerferien immer im Sommer stattfinden. In der Religion gibt es den Mondkalender. Ist es das Ziel Gottes, die Menschen mit zwei Kalendern zu belasten?
Ein weiteres Problem für gläubige Muslime besteht darin, dass der Monatsanfang nicht durch Berechnung festgelegt wird, sondern durch Beobachtung des Neumonds. Im weitgehend wolkenfreien Arabien mag das kein großes Problem darstellen, aber in europäischen Ländern, in denen es häufig einen bedeckten Himmel gibt, kann das schon zu einem Problem werden.
Im Christentum gibt es derartige Probleme nicht, ganz einfach, weil das biblische Christentum keine „Tage, Monate, bestimmte Zeiten und Jahre“ (Galater 4,10) kennt, die wir beobachten sollten. Das „Kirchenjahr“ mit seinen Festkreisen war in der Urkirche unbekannt und ist eine Abweichung von der Lehre der Apostel.
Christen dienen Gott an jedem Tag von ganzem Herzen. Fragen des Kalenders haben für Christen keine Bedeutung. Gott ist den Seinen jeden Tag nah.
5 Zusammenfassung
Die geprüften Beispiele zeigen, dass vor allem der rituelle Bereich des Islam eher in einer begrenzten Region dieser Welt für eine begrenzte Anzahl von Religionsangehörigen praktikabel ist, dass es aber zu großen Problemen käme, falls tatsächlich alle Menschen Muslime wären. Die ursprünglich für die Araber konzipierte Religion ist universell nicht praktizierbar.
Das ursprüngliche Christentum, das nicht von Riten, sondern von der Liebe Gottes in Jesus Christus geprägt ist, kann an jedem Ort dieser Welt ohne Problem gelebt werden. Der Gott und Vater Jesu Christi erwartet keine Riten, sondern dankbare Liebe und Hingabe.
Denn an Liebe habe ich Gefallen, nicht an Schlachtopfern, an Gotteserkenntnis mehr als an Brandopfern. (Hosea 6,6)
Wer Opfer des Dankes bringt, ehrt mich; wer den rechten Weg beachtet, den lasse ich das Heil Gottes schauen. (Psalm 50,23)
Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten. (Johannes 4,24)
Hören wir auf seinen Ruf!