In Matthäus 25,31-46 spricht Jesus über sein Kommen zum Gericht über alle Völker. Er ist es, der als der Menschensohn allen Menschen ihr Urteil spricht. Er kann es, weil er kraft seines göttlichen Wesens alle Menschen durch und durch kennt und sein Gericht völlig gerecht ist.
Es wird am Ende nur zwei Gruppen von Menschen geben, die einen, die das Reich als Erbe empfangen, das seit der Erschaffung der Welt für sie bestimmt ist (Vers 34), und die anderen, die in das ewige Feuer gehen, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist (Vers 41).
Als Maßstab nennt Jesus das Verhalten gegenüber Menschen in Not, mit denen er sich so weit identifiziert, dass er diese Menschen seine Brüder nennt und alles Gute, das ihnen getan oder verweigert wurde, auf sich selber bezieht.
35 Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; 36 ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. […] 40b Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. (Matthäus 25,35-36.40b)
Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. (Matthäus 25,45b)
Es ist bemerkenswert, dass in diesem Zusammenhang nicht vom Glauben die Rede ist, wie z. B. in Apostelgeschichte 16,30-31:
30 Er führte sie hinaus und sagte: Ihr Herren, was muss ich tun, um gerettet zu werden? 31 Sie antworteten: Glaube an Jesus, den Herrn, und du wirst gerettet werden, du und dein Haus.
Haben Paulus und Barnabas dem Gefängniswärter von Philippi etwas anderes gesagt als Jesus?
Nein, Paulus und Barnabas haben das Evangelium verkündet, das Jesus seinen Jüngern anvertraut hat.
15 Dann sagte er zu ihnen: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung! 16 Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verurteilt werden. (Markus 16,15-16)
Dass mit dem Glauben mehr gemeint ist als ein bloß intellektuelles Annehmen einer theoretischen Wahrheit, geht aus vielen Worten der Bibel hervor. Wahrer Glaube an den Herrn Jesus ist immer mit einer Lebensänderung verbunden, die zu guten Werken führt.
8 Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt -, 9 nicht aus Werken, damit keiner sich rühmen kann. 10 Denn seine Geschöpfe sind wir, in Christus Jesus zu guten Werken erschaffen, die Gott für uns im Voraus bestimmt hat, damit wir mit ihnen unser Leben gestalten. (Epheser 2,8-10)
Dieses Wort ist glaubwürdig und ich will, dass du nachdrücklich dafür eintrittst, damit alle, die zum Glauben an Gott gekommen sind, darauf bedacht sind, sich in guten Werken hervorzutun. Das ist gut und für die Menschen nützlich. (Titus 3,8)
Denn wie der Körper ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot. (Jakobus 2,26)
Im Weltgerichtsgleichnis geht es nicht um das Gericht über Menschen, die das Wort Gottes kennen, sondern um das Gericht über die Völker außerhalb der Offenbarung.
Und alle Völker werden vor ihm versammelt werden […] (Matthäus 25,32a)
Diesen Menschen war nicht bewusst, dass sie das Gute, das sie den notleidenden Mitmenschen taten, im Grunde Jesus erwiesen.
37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? 38 Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben? 39 Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? (Matthäus 25,37-39)
Diese Menschen kannten Jesus nicht. Sie kannten das Evangelium nicht, dem sie gerade in Matthäus 25 hätten entnehmen können, dass das Gute, das man den Mitmenschen erweist, an Jesus getan wird. Diese Menschen haben ihrem Gewissen gehorcht. Durch ihre guten Taten haben sie ihre Liebe zu dem ihnen unbekannten Gott und unbekannten Herrn Jesus ausgedrückt. Sie waren sich dessen aber nicht bewusst. Sie haben die Nöte ihrer Mitmenschen gesehen und haben geholfen.
Das heißt aber nicht, dass sich diese Menschen durch ihre guten Taten selbst erlöst hätten. Auch sie sind durch Jesus erlöst. Sie standen aber nie vor der Entscheidung, an Jesus zu glauben, weil sie entweder schon vor der Zeit Jesu gelebt haben oder weil ihnen das Evangelium nicht verkündet wurde. Hätten sie es gehört, hätten sie geglaubt.
Das Weltgerichtsgleichnis darf nicht so verstanden werden, dass es ausreicht, sich sozial zu engagieren. Wer sich dem Glauben verweigert und sich in soziale Aktivitäten flüchtet, flüchtet vor Gott. Diese Hilfe ist nicht mehr selbstlos, sondern dient einer Rechtfertigung durch das eigene Tun. Das ist nicht das Handeln, über das Jesus in Matthäus 25 gesprochen hat.
Umgekehrt hat jeder Gläubige einen Blick für die Nöte der Mitmenschen, denen er abhelfen will. Doch Glaube ist mehr als soziales Engagement. Die größte Not ungläubiger Menschen besteht darin, dass sie Gott nicht kennen. Dieser Not können nur Christen abhelfen.