Der Stein, den die Bauleute verwarfen, …

22 Ein Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist zum Eckstein geworden. 23 Vom HERRN her ist dies gewirkt, ein Wunder in unseren Augen. (Psalm 118,22-23)

Es ist nicht leicht festzustellen, worauf sich diese Verse im Zusammenhang von Psalm 118 beziehen. In den Versen 17 und 18 geht es um eine Bedrängnis oder Züchtigung, aus der der Psalmist befreit wurde. Nun darf er durch die Tore der Gerechtigkeit, womit vermutlich die Tore des Tempels gemeint sind, einziehen und Gott für seine Rettung danken (Verse 19-21). Es folgt ein Aufruf zur Freude über den vom HERRN gemachten Tag (Vers 24).

Die Jerusalemer Bibel vermutet einen Zusammenhang mit dem vollendeten Wiederaufbau des Tempels, weist aber auch darauf hin, dass der „Eckstein“ ein messianisches Thema ist.

Der Bezug auf den Messias war auch im nachchristlichen Judentum bekannt. In seiner Erklärung zu Micha 5,1 hat im 11. Jahrhundert Rabbi Schlomo ben Jizchak (Raschi) Psalm 118,22 auf den Messias, den Sohn Davids, bezogen. Das ist insofern beachtlich, weil ihm gewiss bekannt war, dass dieser Vers im Christentum auf Jesus bezogen wurde. Das Judentum kannte aber auch eine Deutung auf Abraham (Pirkei de Rabbi Eliezer 24,7) oder David (Targum Ps118,22f; Pesachim 119a).1 Diese Erklärungen dürften aber aus nachchristlicher Zeit stammen und in Reaktion auf die christliche Deutung auf Jesus entstanden sein.

Dafür, dass zur Zeit Jesu Psalm 118 messianisch verstanden wurde, spricht auch, dass beim messianischen Einzug Jesu in Jerusalem Psalm 118,25-26 gesungen wurde.

Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe! (Matthäus 21,9)

Jesus hat in der Diskussion im Zusammenhang mit dem Gleichnis von den Winzern zumindest indirekt sich selbst als den verworfenen Stein, der zum Eckstein geworden ist, bezeichnet.

Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; vom Herrn ist das geschehen und es ist wunderbar in unseren Augen? (Matthäus 21,42)

Im Gleichnis wurde der vom Besitzer des Weinbergs gesandte Sohn von den Pächtern getötet. Da hat Jesus über sein eigenes Schicksal gesprochen. Mit der Tötung Jesu haben ihn die „Bauleute“, die Führer Israels, verworfen. Gott aber hat ihn durch die Auferstehung zum Eckstein des neuen Israel gemacht.

Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die Früchte des Reiches Gottes bringt. (Matthäus 21,43)

Jesus hat dann noch eine Warnung vor dem Widerstand gegen diesen Stein ausgesprochen:

Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen. (Matthäus 21,44)

Wer nicht auf Jesus, dem Eckstein, aufbaut, sondern sich gegen Jesus wendet, wird nicht vor Gott bestehen können.

Auch Petrus hat in seiner Verkündigung und in seinem 1. Brief den in Psalm 118 genannten Stein auf Jesus bezogen:

Dieser Jesus ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. (Apostelgeschichte 4,11)

Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre. Für jene aber, die nicht glauben, ist dieser Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Eckstein geworden. (1 Petrus 2,7)

Einige muslimische Apologeten der Neuzeit wollen es aber besser wissen als Jesus und seine Apostel. Sie beziehen sich sogar direkt auf das Wort Jesu in Matthäus 21,42, das sie aber umdeuten.

Ismael ist der verworfene Stein. Die Araber bzw. Muhammed stammen ja von Ismael ab. In Muhammed fand das Prophetentum ihren Abschluß. Muhammed ist der Eckstein, der durch die Übernahme als Prophet seinen Platz fand. (Halid B., Ahmed in der Bibel)

Zwischen der „Verwerfung“ Ismaels und dem Auftreten Mohammeds lagen mehr als zwei Jahrtausende. Aber auch zwischen der Zerstörung des Tempels, die zum Ausdruck brachte, dass das Reich Gottes den Juden „genommen“ wurde und dem Auftreten Mohammeds verging mehr als ein halbes Jahrtausend. Wo war das Reich Gottes in der Zwischenzeit?

In ähnlicher Weise wird das auch hier und vom zweiten Kalifen der islamischen Sondergruppe der Ahmadiyya (hier auf den Seiten 33 und 49) erklärt.

Wenn Muslime vorgeben, an Jesus als dem Gesandten Gottes zu glauben und zugleich in ihrer verzweifelten Suche nach Mohammed in der Bibel seine Worte umdeuten, drücken sie dadurch ihre Missachtung für ihn aus. Sie bauen nicht auf dem Eckstein Jesu auf und werden, wenn sie nicht umkehren, an diesem Stein zerschellen.

Jesus, der von den Menschen verworfen wurde, ist das einzige Fundament, das sicheren Halt gibt. Nur auf ihm kann man für die Ewigkeit bauen.

24 Jeder, der diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute. 25 Als ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es nicht ein; denn es war auf Fels gebaut. (Matthäus 7,24-25)


  1. Das Evangelium nach Matthäus erläutert aus Talmud und Midrasch von Hermann L. Strack und Paul Billerbeck, München 1922, S. 875-876. 

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