2 Makkabäer – Heilige Schrift oder Unterhaltungslektüre?

Das Zweite Buch der Makkabäer ist eines jener sieben Bücher, die die römisch-katholische Kirche am Konzil von Trient als zur Heiligen Schrift gehörend definiert hat. Dieses Buch wird weder im Neuen Testament zitiert, noch findet man es auf der ältesten christlichen Kanonliste zum Alten Testament, einem Schreiben von Melito von Sardes.

Da 2 Makkabäer ein Argument für die katholische Praxis des Gebets für Verstorbene zu liefern scheint und man so auch ein indirektes Argument für die Existenz des Fegefeuers zu gewinnen meinte, war aus der Sicht der katholischen Lehre die Kanonisierung dieses Buches höchst willkommen. Doch was ist das Selbstzeugnis dieses Werkes?

Eingangs noch ein paar Worte über dieses Buch. Das 2. Makkabäerbuch ist nicht die Fortsetzung des 1. Makkabäerbuchs, sondern ein von diesem unabhängiges Werk. Beide Bücher beschreiben die Zeit der Verfolgung der Juden durch Antiochus IV. Epiphanes und den darauffolgenden jüdischen Freiheitskampf durch die Makkabäer, wobei das erste Buch etwas später einsetzt, aber einen längeren Zeitraum abdeckt als 2 Makkabäer. Das 2. Makkabäerbuch wurde um 100 v. Chr. auf Griechisch als ein Auszug aus einem umfangreicheren Werk verfasst. Es behandelt die Zeit von ca. 175 bis 160 v. Chr.

Das eigentliche Werk beginnt erst mit dem 3. Kapitel. In den beiden ersten Kapiteln gibt es einen kurzen und einen etwas längeren Brief der Juden von Jerusalem an ihrer Brüder in Ägypten im Zusammenhang mit dem Fest der Tempelweihe. Im zweiten Brief (1,10-2,18) befindet sich einiges legendäre Material, auch die Geschichte, dass Jeremia die Bundeslade verborgen habe.

In 2,19-32 hat der Verfasser eine Vorrede hinterlassen, die ich hier auszugsweise zitiere.

19 Die Ereignisse um den Makkabäer Judas und seine Brüder – wie sie den erhabenen Tempel reinigten und den Altar wieder einweihten, 20 ferner die Kriege, die sie gegen Antiochus Epiphanes und seinen Sohn Eupator führten, […] 23 all das hat Jason aus Kyrene in fünf Büchern dargelegt. Wir nun werden versuchen, es hier in einem einzigen Buch zusammenzufassen. 24 Wir bemerkten nämlich die Flut der Zahlen und wie schwierig es wegen der Menge des Stoffes ist, sich in die geschichtliche Darstellung einzuarbeiten. 25 So dachten wir, solche, die gern lesen, zu unterhalten, denen, die mit Eifer auswendig lernen, zu helfen, allen aber, die das Buch auf irgendeine Weise in die Hand bekommen, zu nützen. 26 Uns ist es allerdings nicht leicht gefallen, in mühseliger Arbeit diesen Auszug anzufertigen; es hat vielmehr Schweiß und durchwachte Nächte gekostet. 27 Wer ein Gastmahl bereitet und den Nutzen anderer sucht, hat es ja auch nicht leicht. Dennoch haben wir die Mühe gern auf uns genommen, um uns viele zu Dank zu verpflichten. 28 Die Einzelheiten genau zu untersuchen, überließen wir dem Verfasser. Wir haben uns nur darum bemüht, entsprechend den Erfordernissen eines Auszugs vorzugehen. 29 Wenn man ein neues Haus baut, muss sich der Architekt um den ganzen Bau kümmern; Dekorateur und Maler dagegen müssen nur das prüfen, was zur Ausschmückung nötig ist. Ähnlich beurteile ich auch unsere Aufgabe. 30 Sich daranzumachen, überlieferte Nachrichten eindringlich und kritisch zu beurteilen und bis ins Einzelne genau zu untersuchen, ist Sache des Geschichtsschreibers. 31 Wer aber nur nacherzählen will, darf die Darstellung straffen, auch wenn die genaue Ausarbeitung nach den Regeln der Geschichtsschreibung dabei zu kurz kommt. 32 Nun aber wollen wir sofort mit unserer Erzählung beginnen; wir haben uns schon allzu lang mit dem Vorwort aufgehalten und es wäre ja unsinnig, vor der Geschichte viele Worte zu machen, die Geschichte selbst aber zu kürzen.

Lesenswert ist auch das Nachwort des Verfassers:

37 Das waren die Ereignisse, die mit Nikanor zusammenhingen. Seit jener Zeit blieb die Stadt im Besitz der Hebräer. Darum höre ich hier mit der Erzählung auf. 38 Ist sie gut und geschickt erzählt, habe ich mein Ziel erreicht; ist sie aber schlecht oder mittelmäßig – ich habe mein Bestes getan. 39 Es ist gleich schädlich, unvermischten Wein oder pures Wasser zu trinken. Wein mit Wasser vermischt hingegen schmeckt vorzüglich. Ähnlich hängt es auch vom Aufbau der Erzählung ab, ob sie die Ohren dessen erfreut, dem dieses Buch in die Hände kommt. Damit will ich schließen. (2 Makkabäer 15,37-39)

Der Verfasser hat das Ziel, das er mit seinem Werk erreichen wollte, in 2,25 zusammengefasst:

So dachten wir, solche, die gern lesen, zu unterhalten, denen, die mit Eifer auswendig lernen, zu helfen, allen aber, die das Buch auf irgendeine Weise in die Hand bekommen, zu nützen.

Er wollte einerseits Menschen unterhalten, ihnen auch Stoff zum Auswendiglernen oder zu einem sonstigen Nutzen zur Verfügung stellen. Er verstand seine Aufgabe als die eines Dekorateurs oder Malers, der die geschichtlichen Fakten ausschmückt (2,29). Dieses Ziel bestätigte er auch in seinem Nachwort. Er wollte eine geschickte Erzählung bringen, die die Ohren der Menschen erfreut.

Dafür ist der Verfasser nicht zu kritisieren. Da das umfangreiche Werk des Jason verloren gegangen ist, ist sein Buch für Historiker wichtig, da sich hinter den Ausschmückungen geschichtliche Fakten und Abläufe finden lassen. Mit dem 1. Makkabäerbuch gibt es noch ein zweites Geschichtsbuch über denselben Zeitraum, sodass hier zwei Quellen miteinander verglichen werden können.

Aber das Vorwort und der Epilog des Verfassers zeigen eindeutig, dass er in keiner Weise die Absicht hatte, Heilige Schrift zu schreiben. Man kann einwenden, dass das auch bei anderen Büchern der Bibel nicht so gewesen sein muss. Doch der Schreiber des 2. Makkabäerbuchs drückte direkt aus, dass sein Ziel die Unterhaltung der Leser war. Darum hat auch kein Jude und keiner der frühen Christen daran gedacht, dass er mit diesem Buch einen Teil der Heiligen Schrift vor sich habe.

Natürlich handelt es sich nicht um ein profanes Werk. Für den Verfasser war es wichtig, das Wirken Gottes in der Geschichte zu sehen und zu betonen. Für ihn und seine Leser gab es keine Zweifel an der Existenz Gottes. Der Glaube an Gott und sein helfendes Wirken war ein fester Bestandteil ihres Lebens. Die Leiden des Volks und der Kampf um die Freiheit, der in erster Linie ein Kampf um die freie Verehrung des wahren Gottes war, sollten zur Erbauung dienen. Doch wenn der Autor das Ziel seines Buches so klar ausdrückt, sollte das zur Kenntnis genommen werden. Er hat fromme Unterhaltungslektüre geschrieben, aber nicht Heilige Schrift.

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