Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. (Johannes 20,17)
Diese Worte sprach Jesus zu Maria Magdalena, eine seiner Jüngerinnen, der er als erster nach seiner Auferstehung erschienen war. Nach der Parallele von Matthäus 28,9 hatte sie sich (gemeinsam mit anderen Frauen) vor Jesus niedergeworfen und seine Füße umfasst. Jesus wollte ihr sagen, dass sie ihn nicht festhalten kann und soll. Er wird nun nach seiner Auferstehung nicht mehr in derselben Weise bei seinen Jüngern sein wie es vor seiner Kreuzigung war. Jesus wird von nun an in der Gegenwart seines himmlischen Vaters sein.
In diesem Zusammenhang spricht Jesus von „meinem Vater und eurem Vater, meinem Gott und eurem Gott“. Das zeigt, dass Jesus auch nach seiner Auferstehung noch voll und ganz Mensch war. Insofern konnte er von seinem himmlischen Vater als von „seinem Gott“ sprechen.
Mit diesen Worten drückte Jesus einerseits etwas aus, was ihn mit seinen Jüngern verbindet, andererseits aber auch etwas, was ihn von seinen Jüngern unterscheidet.
Jesus wollte seinen Jüngern sagen, dass sie denselben Gott haben wie er. Das war ihnen als Juden wohl klar. Aber es ging um mehr. Der Vater Jesu war auch ihr Vater. Durch Jesus haben seine Jünger eine neue Beziehung zu Gott erlangt.
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, (Johannes 1,12)
Gott war nicht nur der Vater des Volkes Israel, wie es an manchen Stellen des Alten Testaments (z. B. Exodus 4,22; Hosea 11,1) schon gesagt wurde. Jeder, der an Jesus glaubt, hat durch ihn eine persönliche Beziehung zu Gott als seinem Vater. Durch die Erlösungstat Jesu wurde der Vater Jesu auch zum Vater jedes seiner Jünger.
Diese Gotteskindschaft führt zu einem Leben in der Heiligung, im Kampf gegen die Sünde.
Denn er, der heiligt, und sie, die geheiligt werden, stammen alle aus Einem; darum schämt er sich nicht, sie Brüder zu nennen. (Hebräer 2,11)
Jesus ist der, der heiligt. Die Jünger sind die, die geheiligt werden. Jesus nennt sie seine Brüder. Deswegen konnte er von „meinem Vater und eurem Vater“ sprechen.
Doch warum hat er dann nicht einfach von „unserem Vater“ gesprochen?
Auch wenn die Jünger durch den Glauben an Jesus zu Gottes Kindern geworden sind, so bleibt die Beziehung zwischen Jesus und Gott eine ganz einmalige, einzigartige Beziehung.
Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will. (Matthäus 11,27)
Die tiefe, untrennbare ewige Gemeinschaft zwischen Gott, dem Vater, und seinem ewigen Sohn, der in Jesus Mensch geworden ist, ist wesensmäßig von einer völlig anderen Art als die Gemeinschaft, die Gott mit jedem Gläubigen hat, der sein Kind ist. Ein Mensch kann nicht Gott werden, er bleibt immer auf sein Menschsein begrenzt. Jesus ist der menschgewordene ewige Sohn Gottes. In ihm spricht der Vater sein ewiges Wort. Darum unterscheidet sich die Beziehung Jesu zu seinem Gott und Vater immer wesensmäßig von der eines Gläubigen.
Es ist aber das große Wunder Gottes, dass Gott seinen Sohn zu den gegen ihn rebellierenden Menschen gesandt hat, um aus seinen Feinden seine Kinder zu machen.