„Rapid Wien Lebenssinn“ – Dieses Bekenntnis hat jemand schon vor Jahren im Westen Wiens an die Wienflussmauer unweit des Stadions seines geliebten Fußballvereins Rapid Wien gemalt. Immerhin gibt es in Wien auch den Spruch: „Rapid ist meine Religion.“ Ich nehme an, dass der Schöpfer dieses Graffito durch viele angenehme Erlebnisse, die er als Fußballfan hatte, mit seinem Verein tief verbunden war, so tief, dass er diesen Verein als Sinn seines Lebens betrachtet hat und das auch öffentlich kundgetan hat.
Jemand wie ich, dem Fußball absolut nichts bedeutet, läuft leicht Gefahr, sich über ein derartiges „Bekenntnis“ zu überheben. Doch soll man die Überzeugung jedes Menschen achten und nicht ins Lächerliche ziehen. Andererseits stellt sich die berechtigte Frage, ob ein Fußballklub wirklich die Basis für einen Sinn geben kann, der einen Menschen durch das ganze Leben tragen kann.
Was ist der Sinn des Lebens? Gibt es diesen Sinn? Viktor Frankl, der in seinem Leben sehr viel Leid erfahren hat, soll gesagt haben:
“Die Frage ist falsch gestellt, wenn wir nach dem Sinn des Lebens fragen. Das Leben ist es, das Fragen stellt.”1
Für ihn war es wichtig, dass der Mensch einen Sinn im Leben hat. Er selbst hat es als sein persönliches Ziel gesehen, anderen dabei zu helfen, den Sinn ihres Lebens zu finden. Dabei unterscheide sich der Sinn des Lebens nicht nur von einer Person zu einer anderen, sondern auch von unseren Zielen in den jeweiligen Lebensphasen. Wichtig ist, dass jedes Ziel uns zufriedenstelle und uns dazu ermutige, jeden Morgen aufzustehen und für das zu kämpfen, was wir wollen.
Es stimmt, dass wir eine Motivation brauchen, die uns aufrecht hält. Ein Vater wird manche Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten in seiner Arbeit auf sich nehmen, um für seine geliebten Kinder sorgen zu können. Es kann sehr erfüllend sein, anderen Menschen zu helfen, aber auch selber durch die Hilfe anderer seinen Wert zu erfahren.
Doch irgendwo gibt es eine Grenze, die ganz schnell vieles infrage stellen kann. Ein geliebter Mensch kann plötzlich sterben. Auch ich selber werde eines Tages diese Erde verlassen müssen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens führt zwingend zur Frage nach dem Sinn des Todes. Was bleibt von mir, wenn ich nicht mehr da bin. Ist das, was ich geleistet, was ich für andere getan habe, alles? Was ist, wenn alles zusammenbricht, was ich als mein Werk betrachtet habe?
Wenn wir nach dem Sinn des Lebens fragen, kommen wir an der Frage nach Gott nicht vorbei. So wie ein Künstler seine Gedanken in sein Werk hineinlegt, hat unser Schöpfer seine Gedanken in jeden Menschen hineingelebt. Jeder Mensch ist einmalig und von Gott geliebt. Wenn ich den Sinn ohne Gott suchen will, werde ich viele sinnvolle Ziele finden, für die es sich lohnt, sich einzusetzen. Doch den letzten und bleibenden Sinn meines Lebens kann ich ohne Gott nicht finden.
Geschaffen hast du uns im Hinblick auf dich, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir. (Augustinus, Bekenntnisse 1,1)2
Das ist das Dilemma des Agnostikers oder Atheisten, dass er sich selbst vom bleibenden Sinn des Lebens getrennt hat. Unser Schöpfer hat in seiner Liebe viel mehr für uns vorgesehen als die schnell vergehenden Jahre in dieser Welt. Gott hat uns für die Ewigkeit geschaffen und uns die Sehnsucht nach dem Ewigen ins Herz gelegt. Darum ist jede echte Suche nach Sinn auch die Suche nach Gott.
Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern. (Apostelgeschichte 17,27)
Weil Gott die Liebe ist (1 Johannes 4,8), können wir nur bei ihm lernen, was Liebe wirklich ist.
Dieser Text soll eine Ermunterung sein, nicht nur auf die tagesaktuellen Ziele zu sehen oder auf Ziele, die man sich für einen Lebensabschnitt gesetzt hat, die aber sehr leicht zerbrechen können. Den Sinn unseres Lebens können wir nur bei unserem Schöpfer finden, der sich in seinem Wort und vor allem in seinem ewigen Sohn Jesus Christus offenbart hat.
Ich habe folgende Worte aus einem Kirchenlied immer als schöne Zusammenfassung des Sinnes unseres Lebens gesehen:
Herr, ich bin dein Eigentum, dein ist ja mein Leben.
Mir zum Heil und Dir zum Ruhm hast du mirs gegeben.
(Balthasar Münter, 1774)
6 Sucht den HERRN, er lässt sich finden, ruft ihn an, er ist nah!
7 Der Frevler soll seinen Weg verlassen, der Übeltäter seine Pläne. Er kehre um zum HERRN, damit er Erbarmen hat mit ihm, und zu unserem Gott; denn er ist groß im Verzeihen. (Jesaja 55,6-7)
- Das Zitat ist für mich nicht verifizierbar. Ich habe es und weitere hier angeführte Gedanken von ihm in dieser Quelle gefunden: https://gedankenwelt.de/der-sinn-des-lebens-nach-viktor-frankl/ ↩
- Augustinus hat leider auch viele falsche Gedanken (z. B. über Prädestination) verbreitet. Doch diesen grundsätzlichen Gedanken hat er sehr treffend formuliert. ↩