„Einen Mandelzweig sehe ich.“

11 Das Wort des HERRN erging an mich: Was siehst du, Jeremia? Ich antwortete: Einen Mandelzweig sehe ich. 12 Da sprach der HERR zu mir: Du hast richtig gesehen; denn ich wache über mein Wort und führe es aus. (Jeremia 1,11-12)

Der Frühling naht. Trotz tiefer Temperaturen hat der Mandelbaum in meiner Nachbarschaft zu blühen begonnen.

Als Jeremia zum Propheten berufen wurde, lenkte Gott den Blick des Propheten auf einen Mandelzweig. In der Pattloch-Bibel heißt es: „Einen zur Blüte erwachten Mandelzweig sehe ich.“ Von der Blüte steht nichts direkt im Text. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es so war, und dass Jeremia zur Zeit der Mandelblüte, die in Israel etwas früher als in Mitteleuropa geschieht, berufen wurde.

Der Anblick des Mandelzweigs sollte Jeremia die Zuversicht geben, dass Gott über sein Wort wacht. Das wird erst verständlich, wenn man um das Wortspiel im Hebräischen weiß.

„Mandel“ heißt auf Hebräisch שָׁקֵד / šāqēd, für „wachen“ steht das Partizip שֹׁקֵ֥ד / šoqēd des Verbs שָׁקַד / šāqad. Dieses Wortspiel versuchen manche Übersetzungen auch im Deutschen wiederzugeben. So spricht die bereits erwähnte Pattloch-Bibel von einem „zur Blüte erwachten Mandelzweig“, Luther von einem „erwachenden Zweig“, Menge von einem „Zweig vom wachen Baum“, Schlachter 1951 sogar von einem „Wacholder“, der in Schlachter 2000 zum „Zweig eines Wächterbaumes“ korrigiert wurde.

Laut Elberfelder Studienbibel heißt der Mandelbaum „Der Wachsame“, weil er als erster Baum im Frühling blüht. Das Wörterbuch von Gesenius (18. Auflage) bezweifelt diese Etymologie allerdings.

Auf jeden Fall war es für Jeremia am Beginn seines prophetischen Wirkens eine Ermutigung, dass Gott über sein Wort wacht und es ausführt. Das war gerade für Jeremia sehr wichtig, der oft fast das ganze Volk gegen sich hatte. Er durfte wissen, dass Gott selber über die Worte wacht, die er seinem Propheten anvertraut hatte. Er war allein unter den Menschen, doch er wusste Gott auf seiner Seite.

Die Worte, die Jeremia verkünden musste, waren vielfach Worte des Gerichts, die ihm selber schwergefallen sind. Aber es waren auch Worte der Hoffnung auf einen Neuen Bund (Jeremia 31,31-34), den Gott Jahrhunderte später durch seinen Sohn Jesus geschlossen hat. Auch wenn die Erfüllung letztlich anders war, als sie sich Jeremia vorgestellt haben mag, hat Gott über sein Wort gewacht und es ausgeführt.

Wegen seiner Kritik und seiner Gerichtsworte war Jeremia nicht so beliebt wie manche seiner Zeitgenossen, die durch ihre Lügengriffel das Wort Gottes nach ihren Wünschen verbogen haben. Doch Gott stand auf seiner Seite. Die Lügenworte sind verschwunden, die Worte, die Gott durch Jeremia offenbart hat, schenken auch heute noch Kraft und Zuversicht.

Die blühenden Zweige des Mandelbaums können auch uns heute ermutigend daran erinnern, dass Gott für sein Wort Sorge trägt. Er erfüllt es. Er hat auch dafür gesorgt, dass sein Wort trotz aller Anfeindungen bis heute unverfälscht geblieben ist. Er wird auch in Zukunft darüber wachen. Er wird auch über alle wachen, die sein Wort zur Grundlage ihres Lebens machen.

Frieden in Fülle empfangen, die deine Weisung lieben, für sie gibt es keinen Anstoß zum Straucheln. (Psalm 119,165)

Kommentare sind geschlossen.

Bloggen auf WordPress.com.

Nach oben ↑