Abrahams Nachkommen im Tor ihrer Feinde

15 Der Engel des HERRN rief Abraham zum zweiten Mal vom Himmel her zu 16 und sprach: Ich habe bei mir geschworen – Spruch des HERRN: Weil du das getan hast und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast, 17 will ich dir Segen schenken in Fülle und deine Nachkommen überaus zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und den Sand am Meeresstrand. Deine Nachkommen werden das Tor ihrer Feinde einnehmen. 18 Segnen werden sich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde, weil du auf meine Stimme gehört hast.
(Genesis 22,15-18)

Eine interessante Auslegung dieser Stelle habe ich in dem Artikel Ahmed in der Bibel von Halid B., einem deutschen Muslim, gelesen:

und deine Nachkommen sollen die Tore der Feinde besitzen. Wer nahm den die Tore der Feinde in Besitz? Die Israeliten, hatten zwar mit dem Propheten David viele Kriege geführt und auch kurzfristige Städte erobert, doch fest in ihren Besitz konnten sie die Städte nicht halten. Was ist den Israelis bis heute geblieben? Ein Land, daß sie nur militärisch halten können. Selbst Jerusalem, wird von den Israeliten nicht alleine regiert. Seit dem Auftreten Muhammeds nahm der Islam Städte ein, die er auch heute noch in seinen Besitz hält, wo der Islam festen Fuß gefaßt hat. Wenn Gott von Besitznehmen redet, so meint er damit nur die Religion, die Religion Gottes wird Besitz nehmen von des Feindes Städten. (Hervorhebungen und Rechtschreibung wie im Original)

Um welche Nachkommen Abrahams geht es?

Genesis 22 erzählt von der Bindung Isaaks. Diese Begebenheit steht auch im Hintergrund des islamischen Opferfests. Weil Abraham bereit war, für Gott auf seinen Sohn zu verzichten, hat er die in Genesis 22,16-18 niedergeschriebene Verheißung empfangen. Bei dem Sohn handelt es sich nach Genesis 22,2a eindeutig um Isaak:

Er sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, […]

Wenn Isaak der einzige Sohn genannt wird, dann deswegen, weil er der einzige von Gott verheißene Sohn war, auf dem die Verheißungen für die Zukunft ruhten. Vergleiche dazu Genesis 17,18-21:

18 Dann sagte Abraham zu Gott: Wenn nur Ismael vor dir am Leben bleibt! 19 Gott entgegnete: Nein, deine Frau Sara wird dir einen Sohn gebären und du sollst ihm den Namen Isaak geben. Ich werde meinen Bund mit ihm aufrichten als einen ewigen Bund für seine Nachkommen nach ihm. 20 Auch was Ismael angeht, erhöre ich dich: Siehe, ich segne ihn, ich mache ihn fruchtbar und mehre ihn über alle Maßen. Zwölf Fürsten wird er zeugen und ich mache ihn zu einem großen Volk. 21 Meinen Bund aber richte ich mit Isaak auf, den dir Sara im nächsten Jahr um diese Zeit gebären wird.

Auch Ismael wurde gesegnet. Er wurde Stammvater eines Volks. Doch der Bund der Verheißung wurde über Isaak und dessen Nachkommen fortgesetzt. Auch im Koran steht nicht, dass der Sohn, den Abraham opfern sollte, Ismael war. Der Koran nennt keinen Namen. Frühe Koraninterpreten wie Tabari hatten aber kein Problem mit Isaak als dem Sohn. Wenn der Koran darüber schreibt, dass Abraham ein Sohn verheißen wird, geht es immer um Isaak (Sure 11,69-73; 37,112-113; 51,24-30). Eine Verheißung der Geburt Ismaels findet sich im Koran nicht. In Genesis 16,1-4 können wir über die Umstände der Zeugung Ismaels lesen. Im Hintergrund sehen wir die Ungeduld Sarais und, dass Abraham mehr auf seine Frau als auf Gott gehört hatte.

Es geht in Genesis 22,16-18 also um die Nachkommen, die Abraham über Isaak hatte, nicht um die Nachkommen Ismaels, als welche sich die Araber und im weiteren Sinn die Muslime betrachten.

Wie hat sich die Verheißung erfüllt?

Wir können in Genesis 22,16-18 drei verschiedene Punkte des verheißenen Segens unterscheiden:

  • Deine Nachkommen werden zahlreich wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meeresstrand sein.
  • Deine Nachkommen werden das Tor ihrer Feinde einnehmen.
  • Segnen werden sich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde.

Zahlreich wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meer

Die Sterne am Himmel und der Sand am Meer sind natürlich nur bildlich zu verstehen. Es soll sich um eine große Menge handeln. Nach dem Zeugnis des Alten Testaments hat sich das bereits zur Zeit Moses, insbesondere aber nach der Landnahme und zur Zeit Davids und Salomos erfüllt:

Der HERR, euer Gott, hat euch zahlreich gemacht. Ja, ihr seid heute schon so zahlreich wie die Sterne am Himmel. (Deuteronomium 1,10)

Als deine Vorfahren nach Ägypten zogen, waren sie nur siebzig an der Zahl; jetzt aber hat der HERR, dein Gott, dich so zahlreich gemacht wie die Sterne am Himmel. (Deuteronomium 10,22)

Das Volk von Juda und Israel war zahlreich wie der Sand am Meer. Es hatte zu essen und zu trinken und war glücklich. (1 Könige 4,20)

Die Zahl derer, die noch nicht zwanzig Jahre alt waren, hatte David nicht aufnehmen lassen; denn der HERR hatte versprochen, dass er Israel zahlreich werden lasse wie die Sterne des Himmels. (1 Chronik 27,23)

Du hast ihre Nachkommen so zahlreich gemacht wie die Sterne am Himmel und hast sie in das Land geführt, von dem du ihren Vätern versprochen hattest, sie würden dort hineinziehen und es in Besitz nehmen. (Nehemia 9,23)

Da sich diese Verheißung im wörtlichen Sinn bereits im Volk Israel erfüllt hat, hat sie mit den Arabern, Mohammed oder dem Islam nichts zu tun.

In einem geistlichen Sinn erfüllt sie sich in den Nachfolgern Jesu, die durch den Glauben Abrahams Kinder geworden sind (vergleiche Römer 4,11-12).

Das Einnehmen des Tores der Feinde

Nach dem Auszug aus Ägypten hat das Volk Israel unter Josua das verheißene Land erobert. Das war eine einmalige, zeitlich und räumlich begrenzte Aktion, die auch ein Strafgericht über die Sünden der Kanaanäer darstellen sollte, die ihre Kinder ihren Götzen geopfert hatten und die gottgeschenkte Sexualität in ihren Fruchtbarkeitsriten pervertierten. Dieser Landnahmeprozess wurde durch die Eroberungen Davids abgeschlossen. Es ging nicht um die „kurzfristige Eroberung“ von Städten. Das Königreich Juda dauerte doch einige Jahrhunderte. Auch nach dem Exil hat Gott sein Volk wieder im verheißenen Land leben lassen. Erst nach der Ablehnung des Messias Jesus haben sie die Stadt Jerusalem und ihr Land verloren. Seither ist das Volk Gottes nicht mehr an ein bestimmtes Land oder ein irdisches Jerusalem gebunden. Mit dem modernen Staat Israel hat das ohnehin nichts zu tun.

Durch Jesus ist ein neues Israel entstanden, dass seine Wurzel im alten Volk Israel hat, aber aus Gläubigen aus allen Völkern besteht. Seine Heimat ist im Himmel (Philipper 3,20), es strebt nach dem oberen Jerusalem (Galater 4,26). Deswegen kämpft das neue Israel auch nicht mit irdischen Waffen:

3 Wir leben zwar in dieser Welt, kämpfen aber nicht mit den Waffen dieser Welt. 4 Die Waffen, die wir bei unserem Feldzug einsetzen, sind nicht irdisch, aber sie haben durch Gott die Macht, Festungen zu schleifen; mit ihnen reißen wir 5 alle hohen Gedankengebäude nieder, die sich gegen die Erkenntnis Gottes auftürmen. Wir nehmen alles Denken gefangen, sodass es Christus gehorcht. (2 Korinther 10,3-5)

Seit dem Kommen Jesu geht es nicht mehr um den Kampf mit dem Schwert. Wenn Mohammed und seine Nachfolger das seit 1400 Jahren tun, zeigen sie nur, dass sie dem durch Jesus geoffenbarten Willen widersprechen.

Aber immerhin ist Halid B. so ehrlich, den aggressiven Charakter des Islam nicht zu leugnen, sondern sich zu dieser gewalttätigen Weltanschauung zu bekennen:

Seit dem Auftreten Muhammeds nahm der Islam Städte ein, die er auch heute noch in seinen Besitz hält […]

Ein Segen für alle Völker der Erde

Das Volk Israel wurde von Gott erwählt, um ein Segen für alle Völker zu sein. Einerseits sollte das durch eine Vorbildfunktion geschehen.

6 Ihr sollt sie bewahren und sollt sie halten. Denn darin besteht eure Weisheit und eure Bildung in den Augen der Völker. Wenn sie dieses Gesetzeswerk kennenlernen, müssen sie sagen: In der Tat, diese große Nation ist ein weises und gebildetes Volk. 7 Denn welche große Nation hätte Götter, die ihr so nah sind, wie der HERR, unser Gott, uns nah ist, wo immer wir ihn anrufen? 8 Oder welche große Nation besäße Gesetze und Rechtsentscheide, die so gerecht sind wie alles in dieser Weisung, die ich euch heute vorlege? (Deuteronomium 4,6-8)

Vor allem aber sollte mit dem Kommen des Messias das Licht Gottes zu allen Völkern getragen werden.

Und er sagte: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, nur um die Stämme Jakobs wieder aufzurichten und die Verschonten Israels heimzuführen. Ich mache dich zum Licht der Nationen; damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht. (Jesaja 49,6)

Leider hat ein großer Teil des Volkes Israel seinen Messias abgelehnt. Der Messias wurde trotzdem zum Segen für alle Völker. Für das Wort „Nachkommen“ in Genesis 22 steht im Hebräischen ein Wort, das eigentlich „Same“ heißt. Paulus hat das in Galater 3,16 auf den Nachkommen, den Messias, bezogen.

Abraham wurden die Verheißungen zugesprochen und seinem Nachkommen. Es heißt nicht: und den Nachkommen, als wären viele gemeint, sondern es wird nur von einem gesprochen: und deinem Nachkommen; das aber ist Christus.

Durch den Messias ist der Abraham verheißene Segen zu allen Völkern gekommen. Was Gott letztlich von Abraham nicht verlangt hat, das hat er getan. Gott hat seinen einzigen geliebten Sohn für uns hingegeben.

Es kann nun jeder, der an ihn glaubt, zum Volk Gottes kommen. Jeder, der von seinen Sünden umkehrt und sich von Jesus ein neues Leben schenken lässt, erfährt den Segen, den Gott Abraham zugesagt hat. Jesus hat den Sieg nicht mit dem Schwert errungen, sondern mit seiner Liebe und Hingabe, die er allen seinen Nachfolgern schenkt.

Wenn ihr aber Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben gemäß der Verheißung. (Galater 3,29)

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