Mit der Überschrift meine ich nicht, dass jeder seinen eigenen Privatgott haben soll, so seinen persönlichen Gott nach eigenem Geschmack, sondern dass Gott eine Person ist.
Für viele ist das nicht klar. Viele Menschen, die sich nicht als Atheisten sehen, haben ihre eigene „persönliche“ Gottesvorstellung, derzufolge Gott eben keine Person ist, sondern irgendein höheres Etwas, ein Weltgeist, die Natur, etwas Diffuses, das wir nicht fassen können.
„Ja, ich glaube an Gott, aber nicht so, wie es die Kirche sagt.“
Oder: „Nicht so, wie es die Bibel sagt.“
„Irgendetwas Höheres muss es schon geben.“
Diese und ähnliche Antworten kann man hören, wenn man Menschen über ihren Glauben an Gott fragt.
Vielleicht ist es gut, sich darüber klar zu sein, was im Zusammenhang mit Gott der Begriff „Person“ sagen will.
In unserem Alltagsleben kennen wir den Begriff „Person“ etwa im Zusammenhang mit Personenkraftwagen, die für fünf Personen zugelassen sind. Da geht es um das Platzangebot, das wir Menschen aufgrund unserer Körperlichkeit benötigen. Wenn wir von Gott als „Person“ sprechen, geht es sicher nicht darum.
Es geht um den Unterschied zwischen „etwas“ und „jemand“. Ist das höhere Wesen, das uns geschaffen hat, nur eine anonyme Kraft, eine Energie, eine großartige Idee?
Oder ist er jemand, der uns liebt, der uns wertschätzt, der eine Beziehung zu uns haben will, der uns etwas zu sagen hat und will, dass auch wir ihm etwas zu sagen haben?
Was bedeutet das Personsein für uns als Menschen? Ganz gewiss nicht die Körperlichkeit. Die gibt es auch bei Mineralien, Pflanzen und Tieren. Es hat mit Beziehungsfähigkeit zu tun. Wir können mit anderen Menschen persönliche Beziehungen pflegen. Es hat auch mit Freiheit zu tun. Wir sind freie Wesen und können uns in Freiheit für das Gute entscheiden, aber auch für das Böse. Wir können lieben, wir können auch hassen.
In dieser Weise ist Gott, so wie er sich in der Bibel offenbart hat, Person. Er ist die Liebe (1 Johannes 4,8) – nicht als ein anonymes metaphysisches Prinzip, sondern, weil er durch und durch liebt.
Er hat uns Menschen als Personen erschaffen, damit wir uns für seine Liebe öffnen können, damit wir seine Liebe mit unserer Liebe beantworten können. So kann eine Liebesbeziehung entstehen, die stärker ist als der Tod. Gerade das ist sein Ziel, sein Plan für uns.
Woher können wir wissen, dass das nicht nur eine fromme Illusion ist?
Im Allgemeinen zweifelt der Mensch nicht an seinem eigenen Personsein. Man erlebt seine Freiheit als einen großen Wert und hat einen Wunsch nach guten Beziehungen zu anderen, die über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinausgehen. Es gibt eine Sehnsucht nach Treue und Wahrhaftigkeit.
Woher hat der Mensch das? Woher kommt unser Personsein, wenn unser Urgrund, dem wir entstammen, keine Person ist? Kann man das Personsein des Menschen durch Evolution erklären, ohne dass wir annehmen, dass die treibende Kraft hinter der Evolution Person ist? Sind wir dann nicht größer als unser Ursprung und stehen über der göttlichen Kraft, der wir unser Dasein verdanken?
Spricht das nicht dafür, dass unser Ursprung viel mehr ist als eine anonyme Kraft, dass wir es mit einem Jemand zu tun haben, einem persönlichen Gegenüber, der uns dieses große Geschenk des Personseins gemacht hat, damit wir unsere Beziehungsfähigkeit, unsere Freiheit in der Beziehung zu ihm verwirklichen, die zu von ihm erfüllten Beziehungen zu anderen Menschen führt?
Die Bibel drückt das in ihrem ersten Kapitel so aus:
Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. (Genesis 1,27a)
Nicht in unserer Leiblichkeit, so sehr sie zu unserem Wesen dazugehört, sind wir Bild Gottes, sondern in unserem Personsein. Gerade das begründet auch die Würde, die wir als Menschen haben.
Weil wir Personen sind, gilt für uns, was Paulus den Athenern gesagt hat:
27 Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern. 28 Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir; wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: Wir sind von seinem Geschlecht. (Apostelgeschichte 17,27-28)
Den Anfang von Vers 28 könnte man – oberflächlich gelesen – auch pantheistisch verstehen. Aus dem Zusammenhang geht aber hervor, dass Paulus das nicht gemeint haben kann, weil er in den Versen 24 und 26 von Gott als dem Schöpfer spricht. Er, der alles geschaffen hat, ist kein Teil der Schöpfung.
Diese Worte zeigen, was unsere Aufgabe ist. Wir sollen Gott suchen. Er ist nicht fern. Seine Schöpfung bezeugt ihn, noch mehr sein Wort. Der Höhepunkt seines Zugehens auf uns war die Menschwerdung des ewigen Wortes in Jesus Christus.