Zur Verhärtung des Pharao

17 Denn in der Schrift wird zum Pharao gesagt: Eben dazu habe ich dich bestimmt, dass ich an dir meine Macht zeige und dass auf der ganzen Erde mein Name verkündet wird. 18 Er erbarmt sich also, wessen er will, und macht verstockt, wen er will. (Römer 9,17-18)

In Römer 9 schreibt Paulus über die Frage der Erwählung des Volkes Israel. In diesem Zusammenhang weist er auf das Beispiel des Pharao zur Zeit des Auszugs aus Ägypten hin. Vertreter der Prädestinationslehre sehen sich dadurch bestätigt. Ob jemand gerettet wird oder verloren geht, ist nach ihrer Ansicht einzig die Entscheidung Gottes. Der Mensch kann da nichts dazutun. Es liegt einzig und allein an Gott, ob er sich über einen Menschen erbarmt oder ob er ihn verstockt und verloren gehen lässt.

Dieser Beitrag soll sich auf das Beispiel des Pharao beschränken und keine umfassende Darstellung der Problematik der Prädestination liefern. Weitere Aspekte sind für spätere Beiträge vorbehalten.

Die erste Stelle, in der von der Verhärtung oder Verstockung des Pharao die Rede ist, ist Exodus 4,21:

Der HERR sprach zu Mose: Wenn du gehst und nach Ägypten zurückkehrst, halte dir alle Wunder vor Augen, die ich in deine Hand gelegt habe, und vollbring sie vor dem Pharao! Ich will sein Herz verhärten, sodass er das Volk nicht ziehen lässt.

Das Volk Israel, das zur Zeit Josefs nach Ägypten gekommen war, war damals in Knechtschaft der Ägypter. Sie wurden unterdrückt und mussten als Sklaven Ziegel für die umfangreiche Bautätigkeit der Ägypter herstellen. Mose war in Midian, wohin er geflüchtet war, nachdem er einen Ägypter, der einen Israeliten geschlagen hatte, getötet hatte. In Midian wurde er von Gott berufen, die Israeliten aus ihrer Knechtschaft zu befreien und aus Ägypten herauszuführen. Das Wort in Exodus 4,21 sprach Gott zu Mose, bevor er sich auf den Weg nach Ägypten machte.

Nach der ersten Intervention Moses für sein Volk wurden die Arbeitsbedingungen für die Israeliten noch verschlechtert.

Mose sollte mit seinem Bruder Aaron nochmals zum Pharao gehen, und wieder sagte Gott, dass er das Herz des Pharao verhärten werde.

3 Ich aber will das Herz des Pharao verhärten und dann werde ich meine Zeichen und Wunder im Land Ägypten häufen. 4 Der Pharao wird nicht auf euch hören. Deshalb werde ich meine Hand auf Ägypten legen und mit gewaltigen Entscheiden meine Scharen, mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führen. 5 Erst wenn ich meine Hand gegen die Ägypter ausstrecke, werden sie erkennen, dass ich der HERR bin, und dann werde ich die Israeliten aus ihrer Mitte herausführen. (Exodus 7,3-5)

Obwohl Mose und Aaron zur Beglaubigung Wunder vor dem Pharao wirkten, hörte er nicht auf sie.

Das Herz des Pharao aber blieb hart und er hörte nicht auf sie. So hatte es der HERR vorausgesagt. (Exodus 7,13)

Es ist interessant zu beobachten, dass, obwohl es in den ersten beiden Stellen heißt, dass Gott das Herz des Pharao verhärten werde, es nach den Wundern hieß, dass das Herz des Pharao hart blieb. Und über Gott heißt es nur, dass er es vorausgesagt habe, nicht, dass er es gewirkt habe.

Im Bibeltext folgen die Plagen, die den Pharao dazu bewegen sollten, das Volk laufen zu lassen. Im Zusammenhang mit jeder Plage gibt es auch eine Bemerkung zur Verhärtung des Herzens des Pharao.

Erste Plage: Wasser wird zu Blut.

[…] Das Herz des Pharao blieb hart und er hörte nicht auf sie. So hatte es der HERR vorausgesagt. (Exodus 7,22b)

Zweite Plage: Frösche

Als der Pharao sah, dass die Not vorbei war, verschloss er sein Herz wieder und hörte nicht auf sie. So hatte es der HERR vorausgesagt. (Exodus 8,11)

Dritte Plage: Stechmücken

Da sagten die Wahrsager zum Pharao: Das ist der Finger Gottes. Doch das Herz des Pharao blieb hart und er hörte nicht auf sie. So hatte es der HERR vorausgesagt. (Exodus 8,15)

Vierte Plage: Ungeziefer

Der Pharao aber verschloss sein Herz auch diesmal und ließ das Volk nicht ziehen. (Exodus 8,28)

Fünfte Plage: Viehseuche

[…] Doch der Pharao verschloss sein Herz und ließ das Volk nicht ziehen. (Exodus 9,7b)

Sechste Plage: Geschwüre

Aber der HERR verhärtete das Herz des Pharao, sodass er nicht auf sie hörte. So hatte es der HERR dem Mose vorausgesagt. (Exodus 9,12)

Siebte Plage: Hagel

34 Doch als der Pharao sah, dass Regen, Hagel und Donner aufgehört hatten, blieb er bei seiner Sünde; er und seine Diener verschlossen wieder ihr Herz. 35 Das Herz des Pharao blieb hart und er ließ die Israeliten nicht ziehen. So hatte es der HERR durch Mose vorausgesagt. (Exodus 9,34-35)

Achte Plage: Heuschrecken

Der HERR aber verhärtete das Herz des Pharao, sodass er die Israeliten nicht ziehen ließ. (Exodus 10,20)

Neunte Plage: Finsternis

Der HERR verhärtete das Herz des Pharao, sodass er sie nicht ziehen lassen wollte. (Exodus 10,27)

Zusammenfassend heißt es dann noch vor der zehnten Plage, der Tötung der Erstgeborenen:

Der HERR sprach zu Mose: Der Pharao wird nicht auf euch hören; denn ich will viele Wunder im Land Ägypten vollbringen. 10 Mose und Aaron vollbrachten alle diese Wunder vor dem Pharao, aber der HERR verhärtete das Herz des Pharao, sodass er die Israeliten nicht aus seinem Land fortziehen ließ. (Exodus 11,9-10)

Im Zusammenhang mit dem eigentlichen Auszug, dem Zug durch das Schilfmeer heißt es in Kapitel 14 noch dreimal, dass der HERR das Herz des Pharao bzw. der Ägypter verhärtete (Exodus 14,4.8.17).

In den Ankündigungen in Exodus 4,21 und 7,3 ist davon die Rede, dass der HERR das Herz des Pharao verhärten werde. Ebenso heißt es nach der sechsten, der achten und der neunten Plage und beim Zug der Israeliten durch das Schilfmeer, dass der HERR das Herz des Pharao verhärtete.

Nach der ersten, dritten und siebten Plage hieß es, dass das Herz des Pharao hart blieb, nach der zweiten, vierten und fünften Plage verschloss der Pharao sein Herz. Dasselbe wird auch nach der siebten Plage über seine Diener gesagt.

Man kann in der Reihenfolge der Plagen eine Tendenz feststellen. Bei den ersten Plagen hatte der Pharao noch die Möglichkeit, auf das Wirken Gottes positiv zu reagieren, sich vor der Macht Gottes zu beugen. Doch je öfter er sich Gott verweigert hatte, umso schwerer wurde es für ihn, den einmal eingeschlagenen Weg der Verhärtung zu verlassen. Gott hat uns so geschaffen, dass unsere Entscheidungen Folgen haben. Wenn wir einmal zu Gottes Ruf Nein gesagt haben, wird es schwerer, das nächste Mal Ja zu sagen. Je öfter wir Nein sagen, umso unmöglicher wird ein Ja. Da Gott das so in unsere Natur hineingelegt hat, kann man das auch so ausdrücken, dass Gott es gewirkt hat, auch wenn die erste Ursache der Verhärtung bei uns selber, in unserer freien Entscheidung, liegt. Die Israeliten haben das Wirken Gottes auch direkter ausgedrückt als wir es heute tun würden. Gott wirkt oft eher im Hintergrund. Er verwendet auch die bösen Entscheidungen der Menschen, um seinen Plan zu verwirklichen.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass der Pharao, als Mose das erste Mal zu ihm kam, kein unbeschriebenes Blatt war. Schon seine Reaktion nach dem ersten Besuch Moses zeigt seinen Stolz:

Der Pharao erwiderte: Wer ist der HERR, dass ich auf ihn hören und Israel ziehen lassen sollte? Ich kenne den HERRN nicht und denke auch nicht daran, Israel ziehen zu lassen. (Exodus 5,2)

Bei Menschen in Machtpositionen muss leider fast immer davon ausgegangen werden, dass sie schon sehr viele schlechte Entscheidungen getroffen haben, um diese Machtposition zu erlangen oder zu festigen. Wir wissen nicht, wie oft der Pharao schon gegen sein Gewissen gehandelt hat, bevor Mose und Aaron erstmals zu ihm kamen. Alle bösen Entscheidungen blieben nicht folgenlos.

Da Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (1 Timotheus 2,4), war das auch für den Pharao Gottes Wille. Durch seine Verhärtung hat der Pharao die Verwirklichung dieses göttlichen Willens unmöglich gemacht. Vor diesem Hintergrund ist dann zu sehen, dass Gott im Zusammenhang mit dem Auszug seines Volkes seine Macht gezeigt hat.

Übrigens könnte man Römer 9,17 (Eben dazu habe ich dich bestimmt, dass ich an dir meine Macht zeige und dass auf der ganzen Erde mein Name verkündet wird.) auch positiv verstehen. Hätte der Pharao sich vor Gott gebeugt, hätte Gott auch seine Macht an ihm gezeigt, aber in einer ganz anderen Weise. Wenn der Pharao und mit ihm sein Volk Gott gehorcht hätten, wenn Gott die Möglichkeit gehabt hätte, ihre Herzen zu verändern und zu erneuern, dann wäre Gottes Macht in einer viel eindrücklicheren Weise sichtbar geworden, als es durch Strafgerichte geschehen kann.

Diese Möglichkeit bietet Gott auch heute durch Jesus an.

Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
(2 Korinther 5,17)

Wir sind also Gesandte an Christi statt und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!
(2 Korinther 5,20)

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