4 Höre, Israel! Der HERR, unser Gott, der HERR ist einzig. 5 Darum sollst du den HERRN, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. (Deuteronomium 6,4-5)
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der HERR. (Levitikus 19,18b)
Diese beiden Gebote sind nach den Worten Jesu und der Lehre der Apostel der Kern des alttestamentlichen Gesetzes. An diesen beiden Geboten hängen alle anderen Gebote und Vorschriften.
34 Als die Pharisäer hörten, dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie am selben Ort zusammen. 35 Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, wollte ihn versuchen und fragte ihn: 36 Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste? 37 Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. 38 Das ist das wichtigste und erste Gebot. 39 Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. 40 An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten. (Matthäus 22,34-40 – vergleiche Markus 12,28-34; Lukas 10,25-28)
8 Niemandem bleibt etwas schuldig, außer der gegenseitigen Liebe! Wer den andern liebt, hat das Gesetz erfüllt. 9 Denn die Gebote: Du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren! und alle anderen Gebote sind in dem einen Satz zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. 10 Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes. (Römer 13,8-10)
Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! (Galater 5,14)
Wenn ihr jedoch das königliche Gesetz gemäß der Schrift erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!, dann handelt ihr recht. (Jakobus 2,8)
Nach Sure 3,3 sollte der Koran die früheren Offenbarungen bestätigen:
Er hat dir (Mohammed) das Buch mit der Wahrheit offenbart, das zu bestätigen, was vor ihm (offenbart) war. Und Er hat (auch) die Tora und das Evangelium (als Offenbarung) herabgesandt. (Sure 3,3)
Wenn der Koran tatsächlich die Thora und das Evangelium bestätigt, müssten wir dann nicht erwarten, dass wir in ihm auch diese grundlegenden Gebote finden? Wenn der Koran tatsächlich die letzte und endgültige Version von Gottes Offenbarung ist, sozusagen das letzte Update, sollten die Gebote der Liebe zu Gott und zum Nächsten nicht fehlen. Tatsache aber ist, dass der Koran diese beiden Gebote nicht enthält.
Bezüglich des Gebotes, Gott zu lieben, habe ich meine Gedanken schon im Beitrag Das Gebot der Gottesliebe im Koran geschrieben. Besonders aus Sure 3,31-32 gewinnt man den Eindruck, dass Allahs Liebe nur seine Antwort auf die Liebe des Menschen ist.
31 Sag: Wenn ihr Allah liebt, dann folgt mir. So liebt euch Allah und vergibt euch eure Sünden. Allah ist Allvergebend und Barmherzig. 32 Sag: Gehorcht Allah und dem Gesandten. Doch wenn sie sich abkehren, so liebt Allah die Ungläubigen nicht.
Das Neue Testament hat das anders gelehrt:
Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. (1 Johannes 4,19)
Finden wir im Koran so etwas wie das Gebot der Nächstenliebe?
Sure 3,119 spricht über Liebe zu Menschen, die diese Liebe nicht erwidern:
Da habt ihr sie doch geliebt, während sie euch nicht lieben, und ihr glaubt an das gesamte Buch. Wenn sie euch treffen, sagen sie: „Wir glauben.“ Wenn sie jedoch allein sind, beißen sie sich in die Fingerspitzen vor Grimm gegen euch. Sag: Sterbt an eurem Grimm! Gewiß, Allah weiß über das Innerste der Brüste Bescheid.
Der Koran scheint von dieser unerwiderten Liebe abzuraten.
Hingegen spricht der Koran von der freundschaftlichen Liebe, die die Muslime vonseiten der Christen erfahren:
Du wirst ganz gewiß finden, daß diejenigen Menschen, die den Gläubigen am heftigsten Feindschaft zeigen, die Juden und diejenigen sind, die (Allah etwas) beigesellen. Und du wirst ganz gewiß finden, daß diejenigen, die den Gläubigen in Freundschaft am nächsten stehen, die sind, die sagen: „Wir sind Christen.“ Dies, weil es unter ihnen Priester und Mönche gibt und weil sie sich nicht hochmütig verhalten. (Sure 5,82)
Eine Aufforderung an die Muslime, die Christen freundschaftlich zu lieben, finden wir im Koran jedoch nicht, sondern eher das Gegenteil:
29 Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und nicht an den Jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Allah und Sein Gesandter verboten haben, und nicht die Religion der Wahrheit befolgen – von denjenigen, denen die Schrift gegeben wurde –, bis sie den Tribut aus der Hand entrichten und gefügig sind! 30 Die Juden sagen: „ʿUzair ist Allahs Sohn“, und die Christen sagen: „Al-Masīḥ ist Allahs Sohn.“ Das sind ihre Worte aus ihren (eigenen) Mündern. Sie führen ähnliche Worte wie diejenigen, die zuvor ungläubig waren. Allah bekämpfe sie! Wie sie sich (doch) abwendig machen lassen! (Sure 9,29-30; mehr zu Sure 9,30 in diesem Beitrag)
Allerdings verbietet Allah nicht die Güte gegenüber denjenigen, die nicht gegen die Muslime gekämpft haben.
7 Vielleicht setzt Allah zwischen euch und denjenigen von ihnen, mit denen ihr verfeindet seid, Zuneigung! Und Allah ist Allmächtig. Und Allah ist Allvergebend und Barmherzig. 8 Allah verbietet euch nicht, gegenüber denjenigen, die nicht gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch nicht aus euren Wohnstätten vertrieben haben, gütig zu sein und sie gerecht zu behandeln. Gewiß, Allah liebt die Gerechten. (Sure 60,7-8)
Immerhin hält es der Koran für möglich, dass aus Feindschaft Zuneigung wird.
Sure 48,29a beschränkt die Barmherzigkeit aber auf die Glaubensgenossen. Ungläubigen gegenüber ist Härte angebracht.
Muḥammad ist Allahs Gesandter. Und diejenigen, die mit ihm sind, sind den Ungläubigen gegenüber hart, zueinander aber barmherzig.
Wäre der Koran tatsächlich die Bestätigung der Thora und des Evangeliums, würde er auch das Gebot, den Nächsten so zu lieben, wie sich selbst enthalten. Das ist leider nicht der Fall. Im Gegenteil dazu lehrt der Koran sogar Härte den Ungläubigen gegenüber.
Dadurch widerspricht der Koran den klaren Worten Jesu:
43 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, 45 damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46 Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? 47 Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? 48 Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!
(Matthäus 5,43-48)
(Die angeführten Koranstellen verdanke ich: Gorden D. Nickel, Die Sprache der Liebe im Koran und im Evangelium (Teil 1): Islam und Christlicher Glaube, Zeitschrift des Instituts für Islamfragen, 2016, S. 26-37; abrufbar bei academia.edu.)