Wunder zur Bezeugung der Botschaft

1 Darum müssen wir umso aufmerksamer auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht vom rechten Kurs abgetrieben werden. 2 Denn wenn schon das durch Engel verkündete Wort verpflichtend war und jede Übertretung und jeder Ungehorsam die gerechte Vergeltung fand, 3 wie sollen dann wir entrinnen, wenn wir uns um ein so erhabenes Heil nicht kümmern, das zuerst durch den Herrn verkündet und uns von denen, die es gehört hatten, bestätigt wurde? 4 Auch Gott selbst hat dies bezeugt durch Zeichen und Wunder, durch Machttaten aller Art und Gaben des Heiligen Geistes, nach seinem Willen. (Hebräer 2,1-4)

Nachdem der Verfasser des Hebräerbriefs im 1. Kapitel des Briefes auf den großen Unterschied zwischen dem Sohn und den Engeln hingewiesen hat, zieht er im 2. Kapitel den Schluss, dass das durch den Herrn verkündete erhabene Heil noch weniger vernachlässigt werden darf als das „durch Engel verkündete Wort“, mit dem er die Offenbarung des Alten Testaments gemeint hat (vergleiche dazu Apostelgeschichte 7,53 und Galater 3,19). Darum soll darauf genau geachtet werden, damit „wir nicht vom rechten Kurs abgetrieben werden“.

Dem zweiten Teil von Vers 3 können wir entnehmen, dass der Schreiber des Briefs kein Ohrenzeuge war. Was der Herr verkündigt hatte, wurde von den Zeugen bestätigt und weitergegeben. Gott hat durch Wunder bezeugt, dass die Botschaft der Apostel von ihm stammt.

In der Apostelgeschichte lesen wir immer wieder von Wundern, die durch die Apostel geschahen:

Alle wurden von Furcht ergriffen; und durch die Apostel geschahen viele Wunder und Zeichen. (Apostelgeschichte 2,43)

Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder im Volk. Alle kamen einmütig in der Halle Salomos zusammen. (Apostelgeschichte 5,12)

An anderen Stellen werden konkrete Wunder erzählt, wie die Heilung eines von Geburt an gelähmten Mannes in 3,1-11 oder die Heilung des Äneas in 9,32-35 und die Auferweckung der Tabita in 9,36-42.

Gott hat auch die Verkündigung von Männern, die nicht zum ursprünglichen Kreis der Zwölf gehörten, durch Wunder bestätigt. Wir lesen über Wunder, die Gott durch Stephanus (Apostelgeschichte 6,8), Philippus (8,5-7) oder Paulus (14,3.8-10) gewirkt hat.

Paulus erwähnte das auch in seinen Briefen:

Das, woran man den Apostel erkennt, wurde mit großer Ausdauer unter euch vollbracht: Zeichen, Wunder und Machttaten. (2 Korinther 12,12)

18 Denn ich würde es nicht wagen, von etwas zu reden, was Christus nicht durch mich bewirkt hat, um die Heiden zum Gehorsam zu führen, in Wort und Tat, 19 in der Kraft von Zeichen und Wundern, in der Kraft des Geistes Gottes. So habe ich von Jerusalem aus in weitem Umkreis bis nach Illyrien überall das Evangelium Christi zur Erfüllung gebracht. (Römer 15,18-19)

Doch war die Verkündigung von Paulus nicht überall von Wundern begleitet. In einem früheren Beitrag habe ich einen Vergleich zwischen den Aufenthalten von Paulus in Malta und Rom gezogen. In Malta gab es Wunder, in Rom nicht. In Malta war das Evangelium noch nicht bekannt gewesen. In Rom gab es schon seit vielen Jahren eine Gemeinde.

Auch in Hebräer 2 gewinnt man den Eindruck, dass der Verfasser über die Vergangenheit schreibt und nicht über Wunder, die auch zur Zeit der Abfassung des Briefes noch geschahen. Der Hebräerbrief wurde wahrscheinlich in den 60er-Jahren des 1. Jahrhunderts geschrieben, also mehr als drei Jahrzehnte nach der Aussendung der Jünger durch Jesus. Aus einigen Stellen des Briefes können wir sehen, dass die Leserschaft schon länger im Glauben war:

Denn obwohl ihr der Zeit nach schon Lehrer sein müsstet, braucht ihr von Neuem einen, der euch in den Anfangsgründen der Worte Gottes unterweist; und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben, nicht feste Speise. (Hebräer 5,12)

32 Erinnert euch an die früheren Tage, in denen ihr als Erleuchtete einen harten Leidenskampf auf euch genommen habt, 33 da ihr durch Beschimpfungen und Bedrängnisse öffentlich zur Schau gestellt wurdet oder mitbetroffen gewesen seid vom Geschick derer, denen es so erging; 34 denn ihr habt mit den Gefangenen gelitten und auch den Raub eures Vermögens mit Freuden hingenommen, da ihr wusstet, dass ihr einen besseren und bleibenden Besitz habt. (Hebräer 10,32-34)

Auch wenn wir annehmen dürfen, dass im Laufe der Zeit immer wieder neue Geschwister zur Gemeinde dazukamen, war die Gemeinde, an die der Brief geschrieben wurde, schon länger im Glauben. Im Brief ist nur von den Wundern der Anfangszeit die Rede, durch die Gott die Verkündigung bestätigt hatte. Spätere Wunder werden nicht erwähnt. Auch die Grammatik der Verse 3-4 spricht dafür, dass hier von einer in der Vergangenheit abgeschlossenen Sache die Rede ist. Das Verb für „bestätigen“ am Ende von Vers 3 steht im Aorist und drückt eine abgeschlossene Handlung aus. Vers 4 ist durch ein Partizip, das die Gleichzeitigkeit ausdrückt, mit Vers 3 verbunden.

In Vers 4 spricht die Einheitsübersetzung von „Gaben“ des Heiligen Geistes. Gaben des Heiligen Geistes gibt es natürlich nicht nur in der Anfangszeit. Im Hebräerbrief steht nicht das übliche Wort für Geistesgaben, sondern μερισμός / merismós, ein Wort, das im Neuen Testament nur im Hebräerbrief vorkommt. Es kommt vom Verb μερίζω / merízō mit der Bedeutung „zerteilen, verteilen“. Deswegen schreibt die Elberfelder Übersetzung in Hebräer 2,4 von „Austeilungen des Heiligen Geistes“. Das wiederum erinnert an die Geistausgießung in Apostelgeschichte 2, wo es in den Versen 3-4 heißt:

3 Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. 4 Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.

Für „verteilen“ steht im Griechischen διαμερίζω / diamerízō. Es ist durchaus möglich, dass in Hebräer 2,4 bei den „Austeilungen des Heiligen Geistes“ an die Sprachengabe gedacht ist, die bei der Geistausgießung am Anfang auch zur Bestätigung der Botschaft dienen sollte. Ich verstehe 1 Korinther 13,8 so, dass die Sprachengabe oder die Gabe der Zungenrede nur für die Anfangszeit gedacht war. Mehr dazu in diesem Beitrag.

Hebräer 2,4 spricht dafür, dass die Wunder, die Gott in der Anfangszeit durch die Apostel gewirkt hat, nicht als eine Dauereinrichtung gedacht waren, sondern als ein Zeugnis für die Wahrhaftigkeit der von den Aposteln verkündigten Botschaft.

Die lebensverändernde Wirkung dieser Botschaft hat sich aber nicht geändert.

Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht: Es ist eine Kraft Gottes zur Rettung für jeden, der glaubt, zuerst für den Juden, aber ebenso für den Griechen. (Römer 1,16)

Kommentare sind geschlossen.

Bloggen auf WordPress.com.

Nach oben ↑