Paulus und Timotheus, Knechte Christi Jesu, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, mit ihren Vorstehern und Helfern. (Philipper 1,1)
In der Einheitsübersetzung gibt es zu diesem Vers folgende Erklärung:
Die griechischen Bezeichnungen episkopos (Vorsteher oder Aufseher) und diakonos (Helfer oder Diener) werden später zu den Amtstiteln der Bischöfe und Diakone.
Das deutsche Wort „Bischof“ leitet sich tatsächlich vom griechischen ἐπίσκοπος / epískopos ab.
Das katholische Portal Kathpedia definiert das Bischofsamt wie folgt:
Ein Bischof ist das Oberhaupt einer Diözese, auch Teilkirche genannt, als deren oberster Lehrer, Priester und Leiter er wirkt. Seine Vollmachten beruhen darauf, dass er Nachfolger der Apostel ist und als solcher, kraft göttlicher Anordnung, sein Bistum leitet. Die voll berechtigte Ausübung des Bischofsamts erfolgt notwendigerweise im Episkopat mit und unter dem Papst. Der Name Bischof stammt vom griechischen Wort ἐπίσκοπος epískopos („Aufseher, Hüter, Schützer“).
In Philippi gab es mehrere „Bischöfe“. Da wir nicht annehmen dürfen, dass es in einer antiken Stadt mittlerer Größe mehrere „Diözesen“ gab, die jeweils ein Oberhaupt hatten, ist offensichtlich, dass die heutige Definition eines „Bischofs“ keinesfalls zutrifft. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die „Bischöfe“ von Philippi Nachfolger der Apostel waren. Die Gemeinde in der makedonischen Stadt Philippi ist durch das Wirken des Apostels Paulus entstanden (Apostelgeschichte 16,11-40). Paulus, der den Brief an die Philipper schrieb, war offensichtlich noch am Leben und hatte auch keinen Nachfolger eingesetzt. Zur Frage, ob es überhaupt Nachfolger der Apostel geben kann, gibt es einen eigenen Beitrag.
Die „Bischöfe“ der apostolischen Zeit waren ganz anderer Art als das Amt des „Bischofs“, das sich seit dem zweiten Jahrhundert, besonders gefördert durch Ignatius von Antiochien, entwickelt hat. Aber auch im zweiten Jahrhundert war ein Bischof noch nicht das Oberhaupt einer Diözese, sondern der Oberste eines Kollegiums von Ältesten (Presbytern) einer einzigen Gemeinde.
In apostolischer Zeit gab es diesen „Monepiskopat“, die Institution eines einzigen Bischofs, der über den Ältesten einer Gemeinde stand, nicht. Die „Bischöfe“ waren verlässliche Brüder, die in den jungen Gemeinden von den Aposteln oder anderen Gottesmännern wie Timotheus oder Titus eine besondere Verantwortung übertragen erhielten (vergleiche Apostelgeschichte 14,22-23; Titus 1,5-8). In anderen Gemeinden, die von den Aposteln nicht rasch wieder verlassen werden mussten, konnte der Heilige Geist im Leben der Gemeinde auch ohne formale „Einsetzung“ durch die Apostel zeigen, wer fähig und würdig ist, mehr Verantwortung zu tragen.
Das Wort „episkopos“ leitet sich von den Wörtern epi („auf, über“) und skopein („sehen, betrachten, achthaben“) ab. Ein Episkopos war jemand, der auf andere schaut. Die Übersetzung „Aufseher“ hat leider einen negativen Beiklang. Die Gemeindeglieder waren nicht die Untergebenen ihrer „Aufseher“. Die Episkopen sollten sich vielmehr um ihre Geschwister im Glauben kümmern, wie ältere Geschwister für ihre jüngeren Geschwister sorgen. Sie waren nicht Inhaber eines hierarchischen Amtes, sondern einfach die älteren Brüder, die sich für ihre Geschwister abmühten.
Die Begriffe epískopos und presbýteros werden im Neuen Testament austauschbar verwendet (Apostelgeschichte 20,17.28; Titus 1,5.7). Die älteren Brüder einer Gemeinde hatten die Aufgabe, auf die anderen zu schauen, sich um sie zu kümmern, ihnen die nötige Hilfestellung und Leitung zu geben. Im Brief an die Thessalonicher hat Paulus keines dieser Wörter verwendet, sondern er schrieb:
12 Wir bitten euch, Brüder: Erkennt die an, die sich unter euch mühen und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen! 13 Achtet sie äußerst hoch in Liebe wegen ihres Wirkens! Haltet Frieden untereinander! (1 Thessalonicher 5,12-13)
Man sieht daraus, dass es in den Gemeinden der apostolischen Zeit nicht um die Errichtung einer hierarchischen Struktur mit definierten Amtsbezeichnungen ging, sondern um lebendige Gemeinden, in denen manche Brüder eine besondere Verantwortung trugen, aber grundsätzlich alle füreinander verantwortlich waren, wie 1 Thessalonicher 5,14 zeigt:
Wir ermahnen euch, Brüder: Weist die zurecht, die ein unordentliches Leben führen, ermutigt die Ängstlichen, nehmt euch der Schwachen an, seid geduldig mit allen!
Hier sind alle angesprochen, nicht nur die in Vers 12 genannten Brüder mit besonderer Verantwortung.
Auch im Philipperbrief sehen wir, dass Paulus der ganzen Gemeinde geschrieben hat, nicht nur den „Vorstehern und Helfern“. Diese werden im weiteren Verlauf des Briefes gar nicht mehr erwähnt. Es geht um die Gemeinde als lebendigen Organismus, nicht um „Gottesdienstbesucher“, die sich eine Predigt anhören oder bei einer Liturgie zuschauen und dann wieder gehen.
Leider hat die „Kirche“ das Vorbild der Gemeinden der apostolischen Zeit schon lange verlassen. Gottes Wille ist, dass seine Gemeinde dem Vorbild der ersten Jünger folgt.