1 Halleluja! Singt dem HERRN ein neues Lied, sein Lob in der Versammlung der Frommen! 2 Israel soll sich freuen über seinen Schöpfer, die Kinder Zions sollen jubeln über ihren König. 3 Seinen Namen sollen sie loben mit Reigentanz, mit Trommel und Leier ihm spielen. 4 Denn der HERR hat an seinem Volk Gefallen, er krönt die Gebeugten mit Rettung. 5 In Herrlichkeit sollen die Frommen frohlocken, sie sollen jauchzen auf ihren Lagern, 6 Hochgesänge auf Gott in ihrer Kehle, ein zweischneidiges Schwert in ihren Händen, 7 um unter den Nationen Vergeltung zu üben, Strafgericht bei den Völkern, 8 um ihre Könige mit Fesseln zu binden, ihre Fürsten mit eisernen Ketten, 9 um Gericht über sie zu halten, wie geschrieben steht. Lichtglanz ist das all seinen Frommen. Halleluja! (Psalm 149)
Psalm 149 beginnt mit einem Aufruf, Gott zu loben. Er ist der Schöpfer und König, über den sich sein Volk freuen soll und darf. Mit Gesang, Instrumenten und Tanz soll dem Lobpreis Ausdruck verliehen werden. Sein Wohlgefallen und seine Rettung, die er seinen Dienern schenkt, die tief gebeugt waren, ist die Motivation zur Verherrlichung Gottes. Dieses Lob soll sie beständig erfüllen. Auch noch auf ihren Lagern sollen sie Gott preisen.
Doch ab Vers 6 wird der Psalm kriegerisch. Die Hochgesänge, die aus den Kehlen der Gläubigen kommen, sind mit einem zweischneidigen Schwert in ihren Händen verbunden. Sie sollen das Strafgericht an den Völkern vollziehen und ihre Könige und Fürsten gefangen nehmen. Diese Teilnahme am Gericht ist für die Frommen eine Ehre, eine Teilhabe am göttlichen Lichtglanz.
Wird in diesem Psalm die Teilnahme am „Heiligen Krieg“ verherrlicht? Will Gott, dass seine Diener mit Waffengewalt sein Strafgericht an den gottlosen Nationen vollziehen? Sollen Gläubige die Regierenden, die z. B. in ihren Ländern die Ermordung ungeborener Kinder erlauben oder sogar fördern, im Namen Gottes bestrafen?
Vielleicht könnte man den Psalm auf rein alttestamentlicher Grundlage so verstehen. Möglicherweise hatte der Autor des apokryphen 2. Makkabäerbuchs Psalm 149 gedanklich vor Augen, als er eine Schlacht der Juden gegen einen Feind so beschrieb:
26 Die Leute des Judas dagegen griffen die Feinde unter Beten und Flehen an. 27 Mit den Händen kämpften sie, im Herzen beteten sie zu Gott. Mindestens fünfunddreißigtausend Mann streckten sie zu Boden, hocherfreut, dass Gott sich so sichtbar offenbarte. (2 Makkabäer 15,26-27)
Jesus hat uns jedoch gelehrt, nicht mit dem Schwert zu kämpfen. Als Petrus Jesus mit dem Schwert bei seiner Verhaftung verteidigt hat, sagte er zu ihm:
Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen. (Matthäus 26,52)
Paulus schreibt im Epheserbrief über die geistliche Waffenrüstung:
13 Darum legt die Waffenrüstung Gottes an, damit ihr am Tag des Unheils widerstehen, alles vollbringen und standhalten könnt! 14 Steht also da, eure Hüften umgürtet mit Wahrheit, angetan mit dem Brustpanzer der Gerechtigkeit, 15 die Füße beschuht mit der Bereitschaft für das Evangelium des Friedens. 16 Vor allem greift zum Schild des Glaubens! Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen. 17 Und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes! (Epheser 6,13-17)
Auch im 2. Korintherbrief schreibt er über den Kampf:
3 Wir leben zwar in dieser Welt, kämpfen aber nicht mit den Waffen dieser Welt. 4 Die Waffen, die wir bei unserem Feldzug einsetzen, sind nicht irdisch, aber sie haben durch Gott die Macht, Festungen zu schleifen; mit ihnen reißen wir 5 alle hohen Gedankengebäude nieder, die sich gegen die Erkenntnis Gottes auftürmen. Wir nehmen alles Denken gefangen, sodass es Christus gehorcht. (2 Korinther 10,3-5)
Mit dem Schwert des Wortes Gottes, geschützt durch Wahrheit, Gerechtigkeit, Glauben und das von Christus geschenkte Heil, kämpfen Gottes Diener für ihren Herrn. Auf diese Weise können Menschen für Gott gewonnen werden, nicht durch Zwang, sondern durch Überzeugung und Gottes Gnade. Auch wenn ein Gedankengebäude niedergerissen werden kann, bleibt es doch die freie Entscheidung jedes Menschen, ob er glaubt oder nicht. Zuerst muss der Christ sein eigenes Denken ganz in den Gehorsam Christi stellen.
Der von Paulus beschriebene Kampf unterscheidet sich von dem Kampf in Psalm 149. Bei Paulus hat der Kampf zuerst den Sinn, Menschen zu gewinnen. Im Psalm geht es um das Gericht.
Das Gericht wird über die ergehen, die sich der durch Jesus geschenkten Rettung verweigern.
17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. 18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des einzigen Sohnes Gottes geglaubt hat. 19 Denn darin besteht das Gericht: Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse. (Johannes 3,17-19)
Durch die Liebe zur Finsternis sprechen sich die Menschen selbst das Gericht. Deswegen ist es nicht mehr nötig, dass die Gläubigen ausziehen, um die gottlosen Herrscher mit eisernen Fesseln zu binden. Sie haben sich mit ihrem Egoismus und ihren Übeltaten schon selber gefesselt, weil sie sich der Liebe verweigert haben.
Allerdings werden nach den Worten von Paulus die Heiligen – damit sind die Gläubigen gemeint – die Welt richten.
Wisst ihr denn nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? (1 Kor 6,2a)
Da geht es wohl aber nicht darum, dass eine große Gerichtsverhandlung stattfinden wird, bei der die Christen über alle Ungläubigen zu Gericht sitzen werden.
In Hebräer 11,7 heißt es über Noah:
Aufgrund des Glaubens baute Noach, dem offenbart wurde, was noch nicht sichtbar war, in frommem Gehorsam eine Arche zur Rettung seines Hauses; durch Glauben sprach er der Welt das Urteil und wurde Erbe der Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt.
Noah hat durch seinen Glauben und seinen Gehorsam der ungehorsamen Welt das Urteil gesprochen, obwohl er im eigentlichen Sinn nicht zu Gericht über sie saß. Er hat Gott geglaubt und wurde gerettet. Die, die nicht geglaubt haben, wurden nicht gerettet. So sprechen die Gläubigen, die das Rettungsangebot Jesu angenommen haben, denen das Urteil, die sich der rettenden Liebe verweigert haben.
Es wird das Strafgericht Gottes über alle Ungerechtigkeit geben. Gott wird Gerechtigkeit schaffen. Er tut es aber nicht dadurch, dass er seine Diener in einen heiligen Krieg mit Waffengewalt schickt. Gott sendet seine Diener in den geistlichen Kampf, um Menschen vor dem ewigen Gericht zu bewahren. Mit Lobgesang im Munde und dem zweischneidigen Schwert des Wortes Gottes in ihren Händen.
10 Schließlich: Werdet stark durch die Kraft und Macht des Herrn! 11 Zieht an die Waffenrüstung Gottes, um den listigen Anschlägen des Teufels zu widerstehen! 12 Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den himmlischen Bereichen. (Epheser 6,10-12)