7 Sie sagten zu ihm: Wozu hat dann Mose vorgeschrieben, der Frau eine Scheidungsurkunde zu geben und sie aus der Ehe zu entlassen? 8 Er antwortete: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch gestattet, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so. (Matthäus 19,7-8)
Jesus wurde von Pharisäern gefragt, ob man seine Frau aus jedem beliebigen Grund entlassen darf. Jesus antwortete mit einem Hinweis auf die Schöpfungsordnung, indem er Genesis 1,27 und 2,24 anführte. Weil Mann und Frau in der Ehe ein Fleisch sind, darf der Mensch diese Verbindung nicht trennen. In diesem Text soll es aber weniger um die Ehescheidung gehen, mehr dazu gibt es in den Beiträgen über Scheidung und die sogenannten Unzuchtsklauseln zu lesen, sondern um Jesu Worte zur Beurteilung der im mosaischen Gesetz gestatteten Ehescheidung.
In Deuteronomium 24,1-4 geht es um die Ausstellung einer Scheidungsurkunde, die ein Mann seiner Frau, von der er sich trennte, geben musste. Es wird nicht ausdrücklich gesagt, dass Gott die Scheidung erlaubt oder gutheißt, sondern es wird vorausgesetzt, dass es derartige Fälle gibt.
Wenn ein Mann eine Frau geheiratet hat und ihr Ehemann geworden ist, sie ihm dann aber nicht gefällt, weil er an ihr etwas Anstößiges entdeckt, wenn er ihr dann eine Scheidungsurkunde ausstellt, sie ihr übergibt und sie aus seinem Haus fortschickt, […] (Deuteronomium 24,1)
Die eigentliche Aussage des langen Satzes, der sich bis Vers 4 fortsetzt, ist, dass ein Mann seine entlassene Frau, wenn sie inzwischen einen anderen Mann geheiratet hatte und auch von diesem entlassen wurde, nicht mehr als seine Frau aufnehmen darf. Dadurch sollte die Tragweite dieses Schrittes vor Augen gestellt werden und die Juden vor einer leichtfertigen Scheidung gewarnt werden.
Obwohl nur in einem Nebensatz erwähnt, wird auch klargestellt, dass der Mann der Frau eine Scheidungsurkunde ausstellen soll. Das trug zur rechtlichen Absicherung der Frau bei.
Auch wenn die Ehescheidung nicht ausdrücklich erlaubt wurde, enthält Deuteronomium 24 dadurch, dass vorausgesetzt wird, dass Männer ihre Frauen entlassen, diese Erlaubnis zumindest indirekt.
Jesus sagte auf die Frage der Juden, warum Mose das dann so vorgeschrieben habe:
Nur weil ihr so hartherzig seid, …
Im Griechischen steht σκληροκαρδία / sklērokardía, „Herzenshärte“.
Die Elberfelder Studienbibel schreibt dazu:
Herzenshärtigkeit, Härte des Herzens, d. h. Hartnäckigkeit, hartnäckiger Ungehorsam, Verkehrtheit […] Es zeigt den Zustand des Menschen an, wie er sich in seinem Verhalten Gott und der Offenbarung seiner Gnade gegenüber äußert. Anstatt Gottes Gnade mit willigem und offenem Herzen anzunehmen, bleibt der Mensch starr und hart.
Wer sich für Gottes Willen öffnet, lässt sich von ihm formen und leiten. Er wird die eheliche Treue zu seiner Frau bewahren. Weil nicht alle im Volk Israel diese Gesinnung hatten, hat Mose die Möglichkeit einer Ehescheidung gegeben. Die nur indirekt aber nicht wörtlich gegebene Erlaubnis zur Scheidung mag darauf hinweisen, dass hier nicht der ewige Wille Gottes formuliert wurde.
Dieses Beispiel zeigt etwas über das alttestamentliche Gesetz. Wir dürfen es nicht so verstehen, dass wir ausschließlich die ewige Weisung Gottes finden, wie es Muslime über den Koran behaupten.
Mose und andere von Gott inspirierte Autoren haben das Gesetz so formuliert, wie es dem aktuellen geistlichen Niveau ihres Volkes entsprach. Im Volk Israel gab es treue Diener Gottes, die ihren Frauen die Treue bewahrten. Es gab aber auch andere, die zwar die Traditionen des Volkes, in dem sie geboren waren, übernommen haben, aber Gott und sein Wort nicht im Zentrum ihres Lebens hatten. Da Israel auch ein Staatsvolk war, musste in der Gesetzgebung auch auf diese Menschen Rücksicht genommen werden. Insofern gab es im Gesetz auch Kompromisse. Wir finden in der Thora Gottes Gesetz, so wie es den unvollkommenen Umständen entsprechen konnte. Dennoch finden wir in der Thora auch den Hinweis auf das Vollkommene, auf den ursprünglichen und bleibenden Willen Gottes. Im Hinblick auf die Ehescheidung hat Jesus diesen Willen den Worten des Schöpfungsberichtes entnommen.
Jesus ist als der Messias die Erfüllung des Alten Testaments. Die Gemeinde seiner Jünger bildet keinen Staat, in dem es auch Ungläubige gibt. Jesus sammelt die Menschen, die Gottes Willen aus ganzem Herzen erfüllen wollen. Dadurch werden Regeln, die Mose wegen der Herzenshärte gegeben hat, hinfällig.
Durch Jesus hat sich erfüllt, was der Prophet Jeremia verheißen hat:
33 Sondern so wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe – Spruch des HERRN: Ich habe meine Weisung in ihre Mitte gegeben und werde sie auf ihr Herz schreiben. Ich werde ihnen Gott sein und sie werden mir Volk sein. 34 Keiner wird mehr den andern belehren, man wird nicht zueinander sagen: Erkennt den HERRN!, denn sie alle, vom Kleinsten bis zum Größten, werden mich erkennen – Spruch des HERRN. Denn ich vergebe ihre Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr. (Jeremia 31,33-34)
Nachfolger Jesu haben Gottes Weisung im Herz. Sie erkennen Gott und leben aus der Vergebung. Sie haben den tiefen Wunsch, seinen Willen zu erfüllen. So wird in der Gemeinde Jesu möglich, was im Alten Testament noch nicht möglich war.
Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2 Korinther 5,17)