Das Gleichnis vom Fischnetz – Gute und Böse in der Gemeinde?

47 Wiederum ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Netz, das ins Meer ausgeworfen wurde und in dem sich Fische aller Art fingen. 48 Als es voll war, zogen es die Fischer ans Ufer; sie setzten sich, sammelten die guten Fische in Körbe, die schlechten aber warfen sie weg. 49 So wird es auch bei dem Ende der Welt sein: Die Engel werden kommen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern 50 und sie in den Feuerofen werfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. (Matthäus 13,47-50)

Ähnlich wie das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Matthäus 13,24-30) wird auch das Gleichnis vom Fischnetz bereits seit der Antike (spätestens seit Augustinus) so verstanden, dass die Kirche aus Guten und Bösen bestehe. Die Trennung erfolge erst beim Endgericht, wenn die Engel die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern werden. Bis dorthin werde die Gemeinde immer aus Guten und Bösen bestehen.

Doch geht es in dem Gleichnis überhaupt um die Gemeinde?

Jesus will mit dem Gleichnis etwas über das Himmelreich aussagen. Der Ausdruck „Himmelreich“ findet sich nur im Matthäusevangelium und meint dasselbe wie „Reich Gottes“ in den anderen Evangelien.

Die Wendung „Das Himmelreich ist wie …“ bedeutet nicht, dass der folgende Ausdruck eine direkte Entsprechung des Himmelreichs ist, sondern will sagen, dass im folgenden Gleichnis etwas Wichtiges über das Himmelreich gesagt wird. Auch in Matthäus 13,24 ist nicht der Mann, der den Samen sät, der direkte Vergleichspunkt, ebenso wenig in 13,45 der Kaufmann, der die Perlen suchte, oder in 20,1 der Gutsbesitzer, der hinausging, um Arbeiter anzuwerben. So ist auch in 13,47 nicht das Netz das Bild für das Reich Gottes.

Jesus wollte seinen Jüngern einen Aspekt des Himmelreichs oder des Gottesreichs nahebringen. Das Reich Gottes, das von den Juden als bald kommend erwartet und ersehnt wurde, in dem Gott alle Bösen richten wird, stand in dieser Weise nicht unmittelbar vor der Tür. Jesus sprach über das Gericht am Ende der Welt (oder wörtlicher übersetzt: in der Vollendung des Zeitalters, Vers 49). Erst dann wird es zur Trennung zwischen den Gerechten und den Bösen kommen. Erst das Endgericht führt zur großen Scheidung.

Das Gleichnis spricht von einem einzigen Vorgang: Das Netz wird ausgeworfen, die Fische werden gefangen und anschließend aussortiert. Da gibt es keinen langen Zeitraum, während dessen die guten und schlechten Fische nebeneinander im Netz schwimmen.

Man kann daher nicht sagen, dass das Fischen die Mission meine, worauf die gefischten Fische gemeinsam in der Gemeinde seien und dann nach langer Zeit das Endgericht mit der Scheidung zwischen Gut und Böse erfolge. Das Thema des Gleichnisses ist das Gericht am Ende der Zeit, nicht aber die Mission und die Gemeinde. Man darf daher in dieses Gleichnis auch keine Aussage über die Gemeinde hineinlesen.

Über den Umgang mit Sündern in der Gemeinde hat Jesus in Matthäus 18,15-17 gesprochen:

15 Wenn dein Bruder [gegen dich] sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. 16 Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde. 17 Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.

Dort, wo die Gemeinde ausdrücklich das Thema ist, kennt Jesus eine Trennung der Gemeinde von hartnäckigen Sündern, bei denen Ermunterung und Ermahnung nicht fruchtet.

Das Gleichnis vom Fischnetz widerspricht dem nicht.

Kommentare sind geschlossen.

Bloggen auf WordPress.com.

Nach oben ↑