Die Freude – ein Gottesbeweis?

15 Männer, was tut ihr? Auch wir sind nur schwache Menschen wie ihr! Wir bringen euch das Evangelium, damit ihr euch von diesen Nichtsen zu dem lebendigen Gott bekehrt, der den Himmel, die Erde und das Meer geschaffen hat und alles, was dazugehört. 16 Er ließ in den vergangenen Zeiten alle Heidenvölker ihre Wege gehen. 17 Und doch hat er sich nicht unbezeugt gelassen: Er tat Gutes, gab euch vom Himmel her Regen und fruchtbare Zeiten; mit Nahrung und mit Freude erfüllte er euer Herz. (Apostelgeschichte 14,15-17)

Barnabas und Paulus sprachen diese Worte in Lystra in der heutigen Türkei. Paulus hatte einen von Geburt an lahmen Mann geheilt. Aufgrund dieses Wunders sahen die Einheimischen in den beiden Verkündern des Evangeliums Götter und wollten ihnen opfern (Apostelgeschichte 14,8-13). Mit den oben zitierten Worten gelang es den beiden, die Menschen davon abzuhalten. Allerdings wurde Paulus bald darauf durch den Einfluss jüdischer Gegner, die aus anderen Städten gekommen waren, von der Volksmenge gesteinigt (Apostelgeschichte 14,18-19). Wir dürfen Gott sehr dankbar sein, dass Paulus daran nicht gestorben ist. Nicht nur seine Zeitgenossen profitierten davon, sondern auch wir. Immerhin hat Paulus alle seine Briefe erst nach diesem schrecklichen Ereignis geschrieben.

In ihren Worten wollten Barnabas und Paulus die Menschen in erster Linie davon abhalten, ihnen ein Opfer darzubringen. Zugleich haben sie ihnen auch die Botschaft des einen wahren Gottes verkündet. Sie haben nicht einmal davor zurückgeschreckt, die Götter, die den Heiden hochheilig waren, „Nichtse“ zu nennen. Sie haben diesen Göttern den lebendigen Gott gegenübergestellt, den Schöpfer von Himmel, Erde und Meer, den Urheber von allem. Obwohl die Heidenvölker den wahren Gott nicht wie das Volk Israel durch Offenbarung erkennen konnten, hat Gott sich auch ihnen durch alles Gute, das sie aus seiner Hand empfangen durften, bezeugt. Nicht nur durch die materiellen Güter, die ihnen Gott durch den Regen und die fruchtbare Erde geschenkt hat, werden von Barnabas und Paulus erwähnt, sondern auch die Freude, mit denen Gott ihr Herz erfüllt hat.

Was die Fruchtbarkeit der Erde betrifft, so gab es in den polytheistischen Religionen jede Menge von Göttern, die dafür zuständig waren. Die Apostel wiesen aber darauf hin, dass die Fruchtbarkeit nicht das Werk irgendwelcher untergeordneter Götter ist, sondern die Gabe des lebendigen Gottes. Gott, der der Ursprung allen Lebens ist, schenkt den Menschen alles, was sie zum Leben brauchen. Heute glaubt zumindest in Europa kaum jemand an die alten Götter. Heute sieht man eher die naturwissenschaftlichen Erklärungen. Man weiß, warum und wie der Regen entsteht, was die Erde fruchtbar macht und der Mensch kann das zumindest zum Teil auch beeinflussen. Trotzdem ist es Gottes Gabe. Gott ist es, der alles geschaffen hat und der den Menschen alle Fähigkeiten schenkt, die es ihm ermöglichen, in der richtigen Weise mit der materiellen Welt umzugehen.

Erstaunlich ist der Hinweis der Apostel auf die Freude. Wer denkt daran, wenn er sich freut, dass sich Gott dadurch bezeugt?

Gewiss ist die Freude nicht einer der klassischen Gottesbeweise. Ich würde auch nicht behaupten, dass die Tatsache, dass wir uns freuen können, mit zwingender Notwendigkeit die Existenz Gottes beweist. Die Heiden in Lystra waren ja auch keine Atheisten. Sie glaubten an verschiedene Götter. Paulus und Barnabas drückten mit ihren Worten aus, dass die Freude von dem einen Gott kommt und ihn bezeugt, dass sie eben kein „schöner Götterfunken“ ist.

Es ist nicht selbstverständlich, dass wir uns freuen können. Vor allem, wenn wir Freude als mehr sehen als ein angenehmes Gefühl, das durch die Befriedigung von Trieben entsteht. Die Apostel haben in ihrer Rede zwar die Freude in einem Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme genannt. Aber Freude ist mehr und tiefer als ein Gefühl der Sättigung.

Freude ist auch nicht etwas, was man durch das Auskosten aller Triebe erlangt. Das mag kurzfristig angenehme Gefühle bewirken. Es führt aber nicht zu einer tiefen Erfüllung und endet in Leere.

Freude hat viel mit Dankbarkeit zu tun. Doch wenn man Gott nicht kennt, fehlt das wahre Objekt der Dankbarkeit. Die Heiden mögen sich verschiedenen Göttern verpflichtet gefühlt haben, die sie hinter den guten Gaben vermutet haben. Heute gibt es Menschen, die dem „Schicksal“ oder der „Natur“ dankbar sind, die aber Scheu davor haben, an einen persönlichen Gott zu glauben. Aber echte Dankbarkeit setzt ein Du voraus, zu dem ich Danke sagen kann. Das Gefühl der Dankbarkeit, das einen etwa im Anblick der Schöpfung befällt, sollte uns zum Schöpfer hinführen.

Viele Menschen erleben gute zwischenmenschliche Beziehungen als Quelle der Freude, die Beziehung zum Ehepartner, zu den Kindern oder Eltern, eine tiefe persönliche Freundschaft … Die Freude, die aus solchen Beziehungen erwächst, weist auf die Freude hin, die aus der Beziehung zum Schöpfer kommen kann. Gott hat uns zu Beziehungen befähigt, weil sein Wille ist, dass wir eine Beziehung zu ihm haben, die alle anderen Beziehungen prägt. Erst wo Gott die Mitte einer Beziehung ist, kann diese von Selbstsucht gereinigt werden. Gottes Liebe lehrt den Menschen, was wirkliche Liebe ist und befähigt ihn dazu.

Auch die noch unvollkommene Freude der Menschen, die Gott noch nicht kennen, hat ihren Grund in Ihm. Sie soll den Menschen dazu motivieren, ihn, die Quelle aller wahren Freude, zu suchen und zu finden.

Du legst mir größere Freude ins Herz, als andere haben bei Korn und Wein in Fülle. (Psalm 4,8)

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