Und Wir haben vor dir nur Männer gesandt von den Bewohnern der Städte, denen Wir (Offenbarungen) eingaben. […] (Sure 12,109a)
Der Tafsīr Al-Qur’ān Al-Karīm schreibt zu dieser Stelle:
Aus diesem Vers erhalten wir vom Schöpfer Selbst die Gewissheit, dass Er vor Muḥammad (a.s.s.) lediglich nur Männer als Propheten entsandt und ihnen die Offenbarung gegeben hat […]. Damit ist die Frage beantwortet, dass keine unter den Frauen diese schwere Aufgabe der Berufung als Prophetin erhielt. Die Rechtsgelerten (sic!) sind darüber einig, dass die im Qur’an erwähnten aufrichtigen Frauen, wie die Mutter Moses (28:7), Maria, Mutter Jesu (2:42ff.) und Sārah, Frau Abrahams (11:71) keine Propheten waren, obwohl sie die göttliche Eingebung erhielten und bei Sārah und Maria die Erscheinung Gabriels zuteil wurde […].
Parallelstellen zu Sure 12,109 sind 16,43 und 21,7.
An diesen beiden Stellen heißt es:
Und Wir haben vor dir nur Männer gesandt, denen Wir (Offenbarungen) eingegeben haben. So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht wißt. (Sure 16,43)
Und Wir haben vor dir nur Männer gesandt, denen Wir (Offenbarungen) eingaben. So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (es) nicht wißt. (Sure 21,7)
Die „Leute der Ermahnung“ meint die Juden bzw. Christen, die bereits vor den Muslimen die „Ermahnung“, d. h., die Offenbarung Gottes empfangen haben.
Die „Leute der Ermahnung“ haben zu dieser Frage tatsächlich etwas zu sagen:
Die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm die Pauke in die Hand und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her. (Exodus 15,20)
Mirjam, die Schwester von Mose und Aaron, wird in der Bibel als Prophetin bezeichnet. Gott hat auch durch sie zum Volk Israel gesprochen.
Damals war Debora, eine Prophetin, die Frau des Lappidot, Richterin in Israel. (Richter 4,4)
Um die Bedeutung Deboras zu verstehen, sollte der gesamte Zusammenhang in den Kapiteln 4 und 5 des Richterbuches gelesen werden. Sie war Richterin, und Menschen aus ganz Israel kamen zu ihr, um sich Recht sprechen zu lassen. Sie war es, die im Auftrag Gottes Barak zum Kampf gegen Sisera aufrief.
Weiters ist die Prophetin Hulda zu nennen, zu der der gottesfürchtige König Joschija sandte, als im Tempel das Gesetzbuch gefunden wurde.
11 Als der König die Worte des Buches der Weisung hörte, zerriss er seine Kleider 12 und befahl dem Priester Hilkija sowie Ahikam, dem Sohn Schafans, Achbor, dem Sohn Michas, dem Staatsschreiber Schafan und Asaja, dem Diener des Königs:
13 Geht und befragt den HERRN für mich, für das Volk und für ganz Juda wegen dieses Buches, das aufgefunden wurde! Der Zorn des HERRN muss heftig gegen uns entbrannt sein, weil unsere Väter auf die Worte dieses Buches nicht gehört und weil sie nicht getan haben, was in ihm niedergeschrieben ist 14 Da gingen der Priester Hilkija, Ahikam, Achbor, Schafan und Asaja zur Prophetin Hulda. Sie war die Frau Schallums, des Sohnes Tikwas, des Sohnes des Harhas, des Verwalters der Kleiderkammer, und wohnte in Jerusalem in der Neustadt. Die Abgesandten trugen ihr alles vor 15 und sie gab ihnen diese Antwort: So spricht der HERR, der Gott Israels: Sagt zu dem Mann, der euch zu mir geschickt hat: 16 So spricht der HERR: Ich bringe Unheil über diesen Ort und seine Bewohner, alle Drohungen des Buches, das der König von Juda gelesen hat. 17 Denn sie haben mich verlassen, anderen Göttern geopfert und mich durch alle Werke ihrer Hände erzürnt. Darum ist mein Zorn gegen diesen Ort entbrannt und er wird nicht erlöschen. 18 Sagt aber zum König von Juda, der euch hergesandt hat, um den HERRN zu befragen: So spricht der HERR, der Gott Israels: Durch die Worte, die du gehört hast, 19 wurde dein Herz erweicht. Du hast dich vor dem HERRN gedemütigt, als du vernahmst, was ich über diesen Ort und seine Bewohner gesprochen habe: dass sie zu einem Bild des Entsetzens und zum Fluch werden sollen. Du hast deine Kleider zerrissen und vor mir geweint. Darum habe ich dich erhört – Spruch des HERRN. 20 Ich werde dich mit deinen Vätern vereinen und du sollst in Frieden in deinem Grab beigesetzt werden. Deine Augen sollen all das Unheil nicht mehr sehen, das ich über diesen Ort bringen werde. Sie berichteten dies dem König. (2 Könige 22,11-20)
Auch das Neue Testament erwähnt eine Prophetin:
36 Damals lebte auch Hanna, eine Prophetin, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt; 37 nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. 38 Zu derselben Stunde trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind (= Jesus) zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. (Lukas 2,36-38)
Diese Stellen zeigen, dass das biblische Prophetentum nicht auf Männer beschränkt war. Wenn der Koran das Gegenteil behauptet, zeigt das, dass der Autor des Korans die entsprechenden Bibelstellen nicht kannte. Es ist daher unmöglich, dass der Koran das Werk desselben Gottes ist, der sich dem Volk Israel offenbart hat.