Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Gott zu gefallen; denn wer hinzutreten will zu Gott, muss glauben, dass er ist und dass er die, die ihn suchen, belohnen wird. (Hebräer 11,6)
In diesem Vers nennt der Hebräerbrief die Mindestanforderung, um Gott zu nahen. Dazu gehört der Glaube an seine Existenz und die Erwartung, dass er sich finden lässt. Die Suche nach Gott bleibt nicht vergeblich.
Es wird vorausgesetzt, dass Gott sich in seiner Schöpfung so klar zeigt, dass jeder Mensch ihn erkennen kann. Das schreibt auch Paulus im Römerbrief:
19 Denn es ist ihnen offenbar, was man von Gott erkennen kann; Gott hat es ihnen offenbart. 20 Seit Erschaffung der Welt wird nämlich seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar. (Römer 1,19-20)
Jeder Mensch kann Gott an den Werken der Schöpfung wahrnehmen. Nach den Worten von Paulus kann man sich nicht schuldlos dieser Erkenntnis verschließen.
Auch das Wunder der Fruchtbarkeit der Erde, die uns ernährt, und die Freude, die wir erfahren dürfen, weisen auf Gott hin.
Und doch hat er sich nicht unbezeugt gelassen: Er tat Gutes, gab euch vom Himmel her Regen und fruchtbare Zeiten; mit Nahrung und mit Freude erfüllte er euer Herz. (Apostelgeschichte 14,17)
In unserer Zeit sind viele Menschen nicht nur praktische Atheisten. Das heißt, dass der Glaube an Gott auf ihre Lebensgestaltung keinen Einfluss hat. Viele leugnen auch direkt die Existenz Gottes. Oder sie gehen den bequemeren Weg des Agnostizismus, demzufolge man einfach nicht erkennen kann, ob es Gott gibt. Da braucht man nicht viel darüber nachdenken und gott-los weiterleben. Ja, und es gibt Menschen, die sich darüber wundern, wie man überhaupt die Frage stellen kann, ob es Gott gibt, weil diese Frage mit ihrer Lebenswirklichkeit nichts zu tun hat.
Sollen wir also annehmen, dass Paulus einfach von der Denkweise der Antike ausgegangen ist, dass seine Worte für unsere Zeit nicht mehr gelten?
Bei Cicero (106-43 v. Chr.) findet man den Satz:
Deshalb steht unter allen Menschenarten eine Hauptsache fest; denn allen ist im Geist die Existenz von Göttern eingeboren und gleichsam eingeprägt. Über ihre Beschaffenheit gibt es unterschiedliche Meinungen, auf alle Fälle wird aber deren Existenz bejaht. (De natura deorum 2,13)
Dass es Götter (oder Gott) gibt, war allgemein anerkannt. Darüber musste man nicht diskutieren. Die Frage war nur die nach dem wahren Gott.
Für Menschen, die ohne religiösen Hintergrund aufwachsen, mag heute die Frage nach Gott nicht so selbstverständlich sein. Doch wenn man etwas tiefer über das Leben, über die Grenzen, die uns gesetzt sind, über die Sehnsucht nach dem Ewigen, die es in uns gibt, nachdenkt, ist die Frage nach Gott nicht fern. Oder wenn wir uns angesichts der unvorstellbaren Größe des Universums unserer Kleinheit bewusst sind, dass wir aber dennoch einen Geist haben, der diese Größe erahnen kann, sollten die Gedanken an einen Schöpfer nicht fern sein. Die Erfahrung von Liebe und Freiheit weist darauf hin, dass die Materie nicht alles sein kann. Die Prägung durch eine Welt, in der Gott entweder ignoriert oder bewusst abgelehnt wird, macht es gewiss nicht leichter, Gott zu erkennen. Aber Gottes Spuren sind immer noch deutlich genug, um ihn finden zu können.
Paulus war nicht dem damaligen Zeitgeist verhaftet. Die Schöpfung bezeugt auch heute ihren Schöpfer. Wer sein Gewissen nicht zerstört hat, vernimmt Gottes Ruf. Gott hat uns so geschaffen, dass wir seine Stimme hören können. Wer über seine Existenz nachdenkt, erkennt, dass er auf ein Ziel hin geschaffen ist, das er in dieser vergänglichen Welt nicht finden kann. Den Durst nach Ewigkeit kann nur Gott stillen.
Es geht auch nicht um eine vage Vermutung, dass es möglicherweise einen Gott geben kann. Es geht um Gewissheit, die man tatsächlich erlangen kann. Gott will, dass wir nicht im Ungewissen bleiben. Darum wird im Hebräerbrief der Glaube an Gottes Existenz als die erste Voraussetzung genannt, um ihm zu begegnen. Wer zu sich selbst ehrlich ist und die Bereitschaft hat, sich zu ändern, wird die Gewissheit erlangen, dass es Gott gibt und kann sich ihm voller Vertrauen zuwenden.
Gott wird die, die ihn suchen, belohnen. Er schenkt Vergebung und Befreiung von Sünden. Das größte Geschenk ist er selbst.
24 Du leitest mich nach deinem Ratschluss, danach nimmst du mich auf in Herrlichkeit. 25 Wen habe ich im Himmel außer dir? Neben dir erfreut mich nichts auf Erden. 26 Mag mein Fleisch und mein Herz vergehen, Fels meines Herzens und mein Anteil ist Gott auf ewig. (Psalm 73,24-26)