Da gingen beiden die Augen auf …

In der Erzählung vom Sündenfall sprach die Schlange zur Frau:

Nein, ihr werdet nicht sterben. 5 Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. (Genesis 3,4b-5)

Nachdem sie und ihr Mann von der verbotenen Frucht gegessen hatten, heißt es:

Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz. (Genesis 4,7)

Die Schlange hatte insofern recht, dass ihnen die Augen tatsächlich aufgegangen waren, aber nicht in dem Sinn, den sie sich erhofft haben. Sie haben sich durch ihre Übertretung tatsächlich an die Stelle Gottes gesetzt, weil sie selber bestimmen wollten, was gut und was böse ist. Aber sie sind keineswegs wie Gott geworden.

Die Augen sind dem ersten Menschenpaar nicht in dem Sinn aufgegangen, dass sie den großen Ein- und Überblick über alles bekommen hätten, den sie sich durch das Essen der verbotenen Frucht erwartet hatten. Der verbotene Baum war eine Augenweide gewesen (Vers 6). Schon da war ihr Blick vom Schöpfer auf das Geschaffene abgelenkt worden.

Ihre geöffneten Augen zeigten ihnen, dass sie nackt waren. Die Beziehung zu Gott, vor dem sie sich nunmehr versteckten (Vers 8), war durch ihr Sündigen zerstört worden. Ihr Blick war nicht mehr auf Gott ausgerichtet. Sie sahen sich selbst und einander in ihrer Nacktheit und suchten diese hinter Feigenblättern zu verbergen. Ihre geöffneten Augen zeigten ihnen ihre Armseligkeit ohne Gott.

Im Neuen Testament lesen wir auch über eine augenöffnende Situation.

25 Da sagte er zu ihnen: Ihr Unverständigen, deren Herz zu träge ist, um alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. 26 Musste nicht der Christus das erleiden und so in seine Herrlichkeit gelangen? 27 Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht. 28 So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, 29 aber sie drängten ihn und sagten: Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt! Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. 30 Und es geschah, als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es ihnen. 31 Da wurden ihre Augen aufgetan und sie erkannten ihn; und er entschwand ihren Blicken. 32 Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete? (Lukas 24,25-32)

Es ist hier von den beiden Jüngern die Rede, denen Jesus nach seiner Auferstehung auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus begegnete.

Doch ihre Augen waren gehalten, sodass sie ihn nicht erkannten. (Lukas 24,16)

Sie waren einerseits von ihrer Trauer, die auch mit Enttäuschung vermischt war, bestimmt.

Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist. (Lukas 24,21)

Andererseits muss es wohl noch eine andere Sache gegeben haben, die ihnen so wichtig war, dass sie an dem Tag, an dem sie bereits von der Engelsbotschaft, dass Jesus lebe, gehört hatten (Verse 22-24), Jerusalem verließen. Zumindest ist es für mich schwer vorstellbar, an so einem Tag ohne sehr wichtigen Grund die Stadt zu verlassen. Was immer der Grund für ihre Abreise aus Jerusalem gewesen sein mag, gab es diesen Grund nach der Begegnung mit Jesus nicht mehr, da sie sich noch in derselben Stunde auf den Rückweg nach Jerusalem machten (Vers 33).

In dieser Situation wurden ihre Augen aufgetan, weil sie Jesus erlaubten, dass er ihren Blick weg von sich selbst und hin auf ihn lenkte. Jesus tat es dadurch, dass er sie auf die Worte der Schrift hinwies, die über ihn sprechen, über die Leiden und die Herrlichkeit des Messias. Dann erkannten sie ihn beim Brotbrechen. Am Abend vor seinem Leiden hatte er mit ihnen das Brot gebrochen, um dadurch seine liebende Hingabe für sie auszudrücken. Nun erkannten sie ihn wieder beim Brechen des Brotes.

Beim Sündenfall wurden den Menschen die Augen geöffnet, als sie sich von Gott abgewandt haben. Sie sahen ihre Nacktheit, ihren Mangel, ihre Not. Der Blick war nicht auf Gott gerichtet, sondern auf sich selbst. Bei den beiden Jüngern hat Jesus ihren Blick auf die Schrift und auf sich selbst gerichtet. So konnten ihre Augen aufgetan werden, um ihn zu erkennen.

Wer sich von sich selbst abwendet und von seinen Sünden umkehrt, dem öffnet Jesus die Augen, um ihn zu erkennen und Erlösung von den Sünden zu erfahren. Jesus hat das Werk der Schlange zerstört und führt den Weg zurück ins Paradies.

[…] uns, die wir nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare blicken; denn das Sichtbare ist vergänglich, das Unsichtbare ist ewig. (2 Korinther 4,18)

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