Ent-Schuldigung?

Selbst wenn du dich mit Lauge waschen und noch so viel Seife verwenden wolltest, deine Schuld bliebe doch ein Schmutzfleck vor meinen Augen – Spruch GOTTES, des Herrn. (Jeremia 2,22)

„Ich entschuldige mich.“ In der Alltagssprache drückt man durch diesen oder einen ähnlichen Satz aus, dass einem etwas leidtut. Korrekter müsste es heißen, dass man um Entschuldigung oder um Verzeihung bittet. Aber normalerweise wird das auch so verstanden.

Man kann sich nicht selber ent-schuldigen in dem Sinn, sich von seiner Schuld zu befreien. Schuld bedarf der Vergebung durch den Mitmenschen, an dem man schuldig geworden ist und auch durch Gott.

Darauf wollte Jeremia mit dem eingangs zitierten Wort aufmerksam machen. Schuld kann man nicht mit einem Reinigungsmittel wie einen Flecken vom Kleid entfernen.

Aus den Folgeversen wird klar, dass nach der Beurteilung des Propheten die wesentliche Voraussetzung zur Vergebung, die Schuldeinsicht, gefehlt hat.

23 Wie kannst du sagen: Ich bin nicht unrein geworden, den Baalen bin ich nicht nachgelaufen? Schau auf dein Treiben im Tal, erkenne, was du verübt hast! Eine schnelle Kamelstute bist du, die kreuz und quer ihre Wege rennt, 24 eine wilde Eselin, die an die Wüste gewöhnt ist. In ihrer Brunst schnappt sie nach Luft. Wer vermag ihre Gier zu hemmen? Jeder, der sie begehrt, findet sie ohne Mühe zur Zeit ihrer Brunst. (Jeremia 2,23-24)

Der Götzendienst vieler im Volk muss ziemlich offensichtlich gewesen sein. Trotzdem wurde er geleugnet. Der Baalskult war mit sexuellen Sünden verbunden. Deswegen verglich Jeremia das Volk mit einer Kamelstute und einer wilden Eselin in ihrer Brunst.

Jeremia beschreibt auch, wie der Götzendienst auch in den Führungsschichten des Volkes gängige Praxis war.

26 Wie ein ertappter Dieb sich schämt, so müssen sich die Leute vom Haus Israel schämen, sie selbst, ihre Könige1 und Beamten, ihre Priester und Propheten. 27 Sie sagen ja zum Holz: Du bist mein Vater und zum Stein: Du hast mich geboren. Sie kehren mir den Rücken zu und nicht das Gesicht; sind sie aber in Not, dann rufen sie: Erheb dich und hilf uns! (Jeremia 2,26-27)

Der Götzendienst lief parallel zur Verehrung Jahwes, dem man als Nationalgott auch noch eine gewisse Position ließ. In der Not hat man ihn dann doch wieder um Hilfe angerufen. Aber es gibt nur den einen Gott. Jede Verehrung anderer Götter ist dadurch in sich eine Verwerfung des einen wahren Gottes. Die Priester und Propheten sahen das offensichtlich anders und hatten daher auch kein Schuldbewusstsein.

Den Kern der Kritik Jeremias lesen wir in Vers 20:

Von jeher habe ich dein Joch zerbrochen, deine Stricke zerrissen. Doch du hast gesagt: Ich will nicht dienen. Auf jedem hohen Hügel und unter jedem üppigen Baum hast du dich als Dirne hingestreckt.

Vom ersten Teil des Verses gibt es zwei Versionen. Die Einheitsübersetzung folgt dem hebräischen Text, demzufolge Gott das Joch (der Knechtschaft) zerbrochen hat. Die meisten Übersetzungen folgen aber dem griechischen Text, wo es heißt: „Du hast dein Joch zerbrochen …“ Hier ginge es um das Joch der Gebote Gottes, das das Volk zerbrochen hat. Beide Varianten geben einen guten Sinn. Im einen Fall erinnert Gott an seine Rettungstaten, auf die das Volk aber mit Rebellion geantwortet hat. Nach der anderen Variante erinnert Gott sein Volk, dass sie schon „von jeher“ sich gegen Gott und seine Gebote erhoben haben.

Mit dem Satz „Ich will nicht dienen“ trifft Jeremia den Punkt, der hinter jeder Sünde steht. Es ist der Hochmut, die Rebellion gegen Gott. Der Mensch denkt, er wisse es besser als sein Schöpfer. In dieser Weise macht der Mensch sich selbst zu Gott. Dieser Stolz hindert ihn daran, die Sünde zu erkennen und zu bekennen und Gott aufrichtig um Vergebung zu bitten.

Da hilft dann auch die „Lauge“ der Religiosität nichts, die „Seife“ des frommen Eifers bringt Gott nicht näher.

18 Schlachtopfer willst du nicht, ich würde sie geben, an Brandopfern hast du kein Gefallen. 19 Schlachtopfer für Gott ist ein zerbrochener Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verschmähen. (Psalm 51,18-19)

Gott möchte vergeben. Doch dazu bedarf es der Erkenntnis der Sünde und der Reue, die zu einer aufrichtigen Bitte um Vergebung führt.

Gott ist in Jesus Christus Mensch geworden. Der Gute ist in die Welt, die von der Bosheit beherrscht wird, gekommen, um uns aus dieser Bosheit herauszuholen. Er hat die Bosheit durch seine Liebe überwunden, die Sünde durch seine Gerechtigkeit. So möchte er jeden Menschen zu einer tiefen Umkehr und Versöhnung mit ihm führen, zu einer wahren Ent-Schuldigung, einer Befreiung von Sünde und Schuld, zu einem neuen Leben nach seinem Willen.

Wenn euch also der Sohn befreit, dann seid ihr wirklich frei. (Johannes 8,36)

  1. Als Jeremia diese Worte sprach, war Joschija König, der im Alter von acht Jahren König wurde. Beim Götzendienst der Könige ging es um Amon, den Vater und Manasse, den Großvater Joschijas.

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