Gott sandte einen bösen Geist.

22 Als Abimelech drei Jahre lang über Israel geherrscht hatte, 23 sandte Gott einen bösen Geist zwischen Abimelech und die Bürger von Sichem, sodass die Bürger von Sichem von Abimelech abfielen. (Richter 9,22-23)

Abimelech, ein Sohn Gideons (Jerubbaals), hatte mit Unterstützung der Bürger von Sichem seine siebzig Brüder getötet und sich zum ersten König von Israel gemacht. Sein Herrschaftsgebiet hat sich wohl nicht über das Gebiet aller zwölf Stämme erstreckt, sondern vermutlich nur den zentralen Bereich Israels umfasst. Aber Abimelech war der Erste, der König in Israel sein wollte. Sein Vater Gideon hat das Königtum, als es ihm angeboten wurde, abgelehnt (Richter 8,22-23).

Einzig Jotam entkam dem Massaker. Auf seiner Flucht zeigte er den Bürgern von Sichem in seiner Fabel vom König der Bäume auf, wie sehr das Königtum dem Willen Gottes widerspricht und kündigte ihnen auch das Gericht an.

19 Wenn ihr also heute treu und redlich an Jerubbaal und seinem Haus gehandelt habt, dann sollt ihr eure Freude haben an Abimelech und er soll seine Freude an euch haben. 20 Wenn aber nicht, dann soll Feuer von Abimelech ausgehen und die Bürger Sichems und Bet-Millo fressen. Und von den Bürgern Sichems und von Bet-Millo soll Feuer ausgehen und Abimelech fressen. (Richter 9,19-20)

In diesem Zusammenhang sind die Verse 9,22-23 zu verstehen. Gott sandte einen bösen Geist zwischen Abimelech und die Bürger von Sichem. Wie ich schon im Beitrag über den bösen Geist Gottes, der auf Saul gekommen ist, dargelegt habe, kann von dem guten und heiligen Gott kein böser Geist kommen.

Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm. (1 Johannes 1,5)

Mit dem „bösen Geist“ muss auch kein dämonisches Wesen gemeint sein. So spricht etwa Numeri 5,14 von einem „Geist der Eifersucht“.

12 Rede zu den Söhnen Israel und sage zu ihnen: Wenn die Frau irgendeines Mannes auf Abwege gerät und Untreue gegen ihn begeht, 13 und ein ⟨anderer⟩ Mann liegt bei ihr zur Begattung, und es bleibt verborgen vor den Augen ihres Mannes, und sie hat sich im Verborgenen unrein gemacht, und es ist kein Zeuge gegen sie da, und sie ist nicht ertappt worden; 14 und der Geist der Eifersucht kommt über ihn, und er wird eifersüchtig auf seine Frau, und sie hat sich ⟨wirklich⟩ unrein gemacht; oder ⟨aber⟩ der Geist der Eifersucht kommt über ihn, und er wird eifersüchtig auf seine Frau, und sie hat sich nicht unrein gemacht […] (Numeri 5,12-14 – Elberfelder)

In der Einheitsübersetzung lautet Vers 14 sinngemäß korrekt:

[…] im Mann aber wird Eifersucht wach und er wird eifersüchtig auf seine Frau, die wirklich unrein geworden ist; angenommen aber auch, er wird auf seine Frau eifersüchtig, obwohl sie in Wirklichkeit nicht unrein geworden ist […]

Es geht nicht um einen Dämon, der die Eifersucht verursacht, sondern um die Eifersucht, die im Mann – begründet oder unbegründet – erwacht.

So war auch der „böse Geist Gottes“, der zur Entfremdung zwischen den Bürgern von Sichem und Abimelech geführt hat, kein Dämon. Der „böse Geist Gottes“ hatte seine Ursache in der Bosheit der Sichemiten und in der Bosheit Abimelechs. Sie hatten aus niederen Gründen zusammengewirkt, um ein Verbrechen an den Söhnen Gideons zu begehen. Es ging beiden Seiten um die Macht. Die Bürger von Sichem erwarteten sich offensichtlich mehr Eigenständigkeit, wenn sie es nicht mit 70 Söhnen Gideons zu tun hatten, sondern nur mit Abimelech, den sie als einen der Ihrigen betrachteten; Abimelech wollte König sein. (Richter 9,1-6).

Diese Verbundenheit in der Bosheit war jedoch kein dauerhaft tragfähiger Grund. Der „böse Geist Gottes“ hatte seine Ursache in der Bosheit beider beteiligter Seiten. Gott hat das zugelassen. Es war in seinem Willen, dass die Bosheit dieser Menschen nicht ohne Konsequenzen blieb.

Das Verbrechen an den siebzig Söhnen Jerubbaals sollte zurückkommen und ihr Blut sollte auf ihrem Bruder Abimelech liegen, der sie ermordet hatte, aber auch auf den Bürgern von Sichem, die seinen Händen die Kraft gegeben hatten, sie zu ermorden. (Richter 9,24)

Gott hat die Welt so geschaffen, dass die Sünde der Menschen irgendwann an ihre Grenze stößt, auch wenn es manchmal länger als drei Jahre dauert. Im konkreten Fall ging es auch darum, dass die Israeliten erkennen sollten, dass das Königtum nicht im Willen Gottes lag. Das Beispiel Abimelechs sollte ihnen als Warnung dienen.

Der Konflikt zwischen den Bürgern von Sichem und Abimelech führte letztlich zur Zerstörung der Stadt (Richter 9,45.49). Abimelech fand kurz danach bei der Belagerung der Stadt Tebez ein unrühmliches Ende (Richter 9,50-54).

Die Bosheit und Machtgier der Menschen führte sie in die Katastrophe. Gott hat das zugelassen. Da dieser „böse Geist“ dazu geführt hat, dass die Sünder für ihr Verbrechen bestraft wurden, konnte der inspirierte Autor dieser Erzählung es so ausdrücken, dass Gott es war, der diesen „bösen Geist“ gesandt hat. Es ist Gottes Wille, dass Bosheit nicht ungestraft bleibt.

56 So ließ Gott das Verbrechen, das Abimelech an seinem Vater begangen hatte, als er seine siebzig Brüder umbrachte, zurückfallen 57 und alles Böse, das die Einwohner von Sichem getan hatten, ließ Gott auf ihren Kopf zurückfallen. So kam über sie der Fluch Jotams, des Sohnes Jerubbaals. (Richter 9,56-57)

Gewiss, der Böse bleibt nicht ungestraft, doch die Nachkommen der Gerechten werden gerettet. (Sprichwörter 11,21)

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