Gott, der Retter aller Menschen

Dafür arbeiten und kämpfen wir, denn wir haben unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt, den Retter aller Menschen, besonders der Gläubigen. (1 Timotheus 4,10)

Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. (Titus 2,11)

Wie sollen wir diese Worte von Paulus verstehen, wenn er Gott den Retter aller Menschen nennt und wenn er schreibt, dass die Gnade Gottes (in Jesus Christus) erschienen ist, um alle Menschen zu retten?

Hat Paulus damit gelehrt, dass letztlich doch alle Menschen gerettet und ihr Ziel bei Gott erlangen werden?

Dann hätte Paulus etwas anderes gelehrt als Jesus, der von zwei Wegen gesprochen hat.

13 Geht durch das enge Tor! Denn weit ist das Tor und breit der Weg, der ins Verderben führt, und es sind viele, die auf ihm gehen. 14 Wie eng ist das Tor und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und es sind wenige, die ihn finden. (Matthäus 7,13-14)

Nach den Worten Jesu finden nur wenige den Weg, der zum Leben führt. Nicht, weil dieser Weg so schwer zu finden ist, sondern weil sie diesen Weg nicht gehen wollen und ihn daher auch nicht finden.

Aber auch Paulus hat darüber geschrieben, dass nicht alle Menschen gerettet werden.

Dann übt er Vergeltung an denen, die Gott nicht kennen und dem Evangelium Jesu, unseres Herrn, nicht gehorchen. 9 Sie werden mit ewigem Verderben bestraft. Sie sind fern vom Angesicht des Herrn und seiner Macht und Herrlichkeit. (2 Thessalonicher 1,8b-9)

10 Er (der „Gesetzwidrige“) wird jene, die verloren gehen, mit allen Mitteln der Ungerechtigkeit täuschen; denn sie haben sich der Liebe zur Wahrheit verschlossen, durch die sie gerettet werden sollten. 11 Darum lässt Gott sie der Macht des Irrtums verfallen, sodass sie der Lüge glauben; 12 denn alle müssen gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern an der Ungerechtigkeit Gefallen hatten. (2 Thessalonicher 2,10-11)

Da wir nicht annehmen können, dass Paulus sowohl Jesus als auch sich selbst widersprochen hat, sind diese Verse nicht so zu verstehen, dass alle Menschen gerettet werden.

Man könnte das mit „Retter“ übersetzte Wort σωτήρ / sōtēr auch mit „Erhalter“ wiedergeben. Dann wollte Paulus sagen, dass Gott der Erhalter aller Menschen ist, so wie es auch Jesus in der Bergpredigt ausgedrückt hat:

[…] damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. (Matthäus 5,45)

Gott lässt die Sonne über allen Menschen scheinen, er schenkt auch den Ungerechten Regen. Er sorgt dafür, dass die Erde Nahrung für alle Menschen hervorbringt, auch für die, die sich gegen Gott stellen. „Besonders der Gläubigen“ würde dann bedeuten, dass Gott sich besonders um diejenigen sorgt, die seine Liebe durch ihre vertrauensvolle Hinwendung zu ihm beantwortet haben.

Für 1 Timotheus 4,10 wäre das ein mögliches Verständnis. Es gibt aber das Problem, dass es keine andere Stelle im Neuen Testament gibt, in der das Wort σωτήρ / sōtēr eindeutig nur die Bedeutung „Erhalter“ hat. Es gibt Stellen, an denen Gott ganz allgemein sōtēr genannt wird, wo offen bleibt, ob man mit „Retter“ oder „Erhalter“ übersetzt. Es gibt aber keine einzige Stelle, an der man dieses Wort nur mit der Bedeutung „Erhalter“ übersetzen kann.

Das in Titus 2,11 verwendete Adjektiv σωτήριος / sōtērios kommt seltener vor und wird sonst nur substantiviert im Sinne von „Rettung, Erlösung, Heil“ verwendet. Außerdem steht dieser Vers im Zusammenhang mit dem Kommen Jesu, dem Erlöser. Man wird daher schwerlich übersetzen können:

Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu erhalten.

Von der Wortbedeutung her würde es gehen. Aber der Zusammenhang spricht dagegen.

Aus 1 Timotheus 2,4 wissen wir:

Er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.

Trotzdem werden nicht aller Menschen gerettet, weil sie sich der Liebe zur Wahrheit verschlossen haben (vergleiche 2 Thessalonicher 2,10).

Gott ist der Retter aller Menschen. Alle Menschen könnten durch seine Liebe und Gnade, die er in Jesus Christus schenkt, gerettet werden. Aber es liegt an jedem Einzelnen, ob er das Geschenk der Rettung annimmt. Darum ist Gott der Retter „besonders der Gläubigen“. Denn sie haben sich seinem Geschenk nicht verweigert.

In Titus 2,12-14 steht, was die rettende Gnade Gottes in denen bewirkt, die sie annehmen. Gottes Rettung bleibt nicht unsichtbar und wirkungslos.

12 Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, 13 während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus. 14 Er hat sich für uns hingegeben, damit er uns von aller Ungerechtigkeit erlöse und für sich ein auserlesenes Volk schaffe, das voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.

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