Um welche Frauen geht es in 1 Timotheus 3,11?

Ebenso müssen Frauen ehrbar sein, nicht verleumderisch, sondern nüchtern und in allem zuverlässig. (1 Timotheus 3,11)

In 1 Timotheus 3,8-13 schreibt Paulus über die Aufgabe der „Diener“ oder „Diakone“. Was genau die Aufgabe dieses Dienstes in der Gemeinde war, lässt sich an Hand der wenigen Angaben, die die Bibel darüber macht, nicht genau sagen. Das heute in verschiedenen Konfessionen existierende Amt eines „Diakons“ hat sich im Laufe einer längeren Zeit entwickelt und kann nicht einfach in die Zeit der frühen Kirche rückprojiziert werden. Man kann aber davon ausgehen, dass es sich nicht nur um materielle Hilfsdienste gehandelt hat, die von den „Dienern“ geleistet wurden. Ihr Dienst hatte eine geistliche Bedeutung.

Inmitten der Auflistung der Bedingungen, die von den neu zu bestimmenden „Dienern“ erfüllt werden sollten, ist in Vers 11 von Frauen die Rede. Wer ist damit gemeint?

Es gibt drei mögliche Antworten.

  • Im Griechischen steht das Wort ohne Artikel. Wenn man den Satz für sich betrachtet, könnte man eine allgemeine Anweisung an alle Frauen in der Gemeinde sehen. Vom Inhalt des Verses spricht nichts dagegen. Ehrbar zu sein, nicht verleumderisch, nüchtern und in allem zuverlässig, das sind Kriterien, denen jede Christin entsprechen sollte. Auch von jedem männlichen Christen kann und soll das erwartet werden. Doch es stellt sich die Frage, warum Paulus das inmitten eines Abschnittes über die „Diener“ schreibt.
  • Eine zweite Möglichkeit wäre, dass Paulus die Frauen der „Diener“ gemeint hat. Im folgenden Vers 12 schreibt Paulus, dass die „Diener“ (ebenso wie die „Aufseher“ in Vers 2) nur einmal verheiratet sein sollten (im Sinne, dass sie keine Zweitehe nach einer Scheidung haben sollten). Da könnte man annehmen, dass er in Vers 11 über die Frauen der „Diener“ geschrieben habe. Wenn die „Diener“ ein vorbildliches Leben führen sollten, dann muss auch ihr Familienleben und damit auch das Verhalten ihrer Frauen entsprechend vorbildlich sein.
    Es gibt mehrere Übersetzungen, die darum in Vers 11 „Ihre Frauen“ schreiben, so: Menge, Neues Leben, Luther 1545 und 1912.
    Wenn es um die Frauen der „Diener“ ging, stellt sich aber die Frage, warum bei den „Aufsehern“, deren Familienleben ebenso vorbildlich sein soll, von deren Frauen nicht die Rede ist. Es wäre außerdem zu erwarten, dass Paulus ausdrücklich von „ihren Frauen“ schreiben würde.
  • So bleibt die dritte Möglichkeit, dass Paulus über Frauen geschrieben hat, die zum Dienst eines „Dieners“ bestimmt worden sind. Diese Aufgabe sollte nicht auf Männer beschränkt bleiben. Das grammatikalisch maskuline Wort διάκονος / diákonos konnte auch auf Frauen bezogen sein. In Römer 16,1 heißt es über Phöbe:
    Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe, die auch Dienerin der Gemeinde von Kenchreä ist.
    Wörtlich heißt es: Diener (diákonos) der Gemeinde in Kenchreä. Phöbe ist aber eine Frau. Sie wird „Schwester“ genannt.
    Somit ist klar, dass es in Kenchreä bei Korinth einen weiblichen „Diakon“ gab. Paulus hat ihr immerhin die Aufgabe anvertraut, den Römerbrief zu überbringen.

Die an dritter Stelle genannte Erklärung passt am besten in den Zusammenhang von 1 Timotheus 3.

In einer Gemeinde nach biblischem Vorbild sind alle – Männer und Frauen – aufgerufen, sich ganz einzubringen, an der Stelle, die Gott ihnen zugedacht hat, mit den Gaben, die ihnen Gott geschenkt hat. Nicht in Form eines hierarchischen Amtes.

43 Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, 44 und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. (Markus 10,43-44)

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