Nehemia und die Propheten

Nehemia hat sich selbst nicht als Prophet gesehen. Er war ein Beamter am persischen Hof, der im Auftrag Gottes und mit Bevollmächtigung des persischen Königs Artaxerxes I. die Mauern Jerusalems wieder aufbaute. Er hat sein Werk gegen großen Widerstand durchgeführt.

Dieser Widerstand ist auch das Thema in Nehemia 6. Als Gegner Nehemias werden Sanballat, der Statthalter in Samaria, ein arabischer Führer namens Geschem und Tobija genannt. Tobija wird in 2,10 der „Knecht von Ammon“ genannt, er trug aber einen hebräischen Namen („Gut ist Jahwe“). Möglicherweise war er ein Jude, den die Perser in der Verwaltung von Ammon eingesetzt hatten. Auf jeden Fall war er einer derjenigen, die den Mauerbau verhindern wollten.

Im Zusammenhang mit dem gegen Nehemia und seine Tätigkeit gerichteten Widerstand ist mehrfach von Propheten die Rede.

Zuerst geht es um Propheten, die angeblich Nehemia zum König ausrufen sollten.

5 Da schickte mir Sanballat in gleicher Weise zum fünften Mal seinen Diener; er brachte einen unverschlossenen Brief, 6 in dem stand: Unter den Völkern geht das Gerücht um – und Geschem bestätigt es -, dass du mit den Juden einen Aufstand planst. Deshalb baust du die Mauer auf. Und du willst, wie man sagt, ihr König werden. 7 Du sollst auch Propheten bestellt haben, die in Jerusalem von dir sagen und ausrufen sollen: Juda hat einen König. Solche Gerüchte werden aber dem König zu Ohren kommen. Darum komm jetzt, wir wollen zusammen beraten. 8 Ich ließ ihm antworten: Nichts von dem, was du behauptest, ist geschehen. Das hast du alles selbst erfunden. (Nehemia 6,5-8)

Nehemia hatte keine der ihm nachgesagten Ambitionen. Es gab auch keine „Propheten“, die ihn zum König ausrufen sollten. Dieser Abschnitt zeigt, dass die Gegner Nehemias, wenn sie von „Propheten“ sprachen, Propagandisten meinten, die der Propaganda eine religiöse Färbung geben sollten. Nach Vers 2 hatten die Gegner mit der Einladung zu einem Treffen Böses im Sinn. Nehemia ist daher dieser Einladung nicht gefolgt.

Später wurde Nehemia von einem Mann namens Schemaja dazu aufgefordert, sich im Inneren des Tempelgebäudes zu verbergen, um Tötungsplänen zu entgehen (Vers 10). Da Nehemia kein Priester war, war ihm das nicht erlaubt.

Ich erwiderte: Sollte ein Mann wie ich fliehen? Wer von meinesgleichen würde am Leben bleiben, wenn er den Tempel beträte? Ich gehe nicht hin. (Nehemia 6,11)

Er hätte durch dieses Verhalten zumindest seine geistliche Autorität vor den Juden verloren, weil er dadurch gegen die Thora gehandelt hätte. Wie Nehemia andeutete, stand sogar die Todesstrafe auf dieses Verhalten (vergleiche Numeri 3,10.38).

Schemaja muss seine Aufforderung als ein von Gott kommendes prophetisches Wort ausgegeben haben, denn Nehemia schreibt:

12 Ich erkannte deutlich, dass nicht Gott ihn geschickt hatte; er hatte vielmehr diese Prophezeiung über mich nur gesprochen, weil Tobija und Sanballat ihn gedungen hatten. 13 Er war gedungen, damit ich aus Furcht so handeln und mich versündigen sollte. Damit wollten sie mich in üblen Ruf bringen, um mich verächtlich zu machen. (Nehemia 6,12-13)

Anschließend erwähnt Nehemia noch andere Propheten.

Mein Gott, vergiss dem Tobija und dem Sanballat nicht, was sie getan haben, auch nicht der Prophetin Noadja und den übrigen Propheten, die mir Angst machen wollten! (Nehemia 6,14)

Es gab offensichtlich etliche sich als Propheten ausgebende Personen, die den Plänen Nehemias entgegenstanden. Bemerkenswert ist, dass unter diesen Propheten eine Frau eine führende Rolle einnahm. Zumindest ist sie die einzige namentlich genannte Person. Auch wenn es sich in diesem Fall um eine falsche Prophetin gehandelt hat, zeigt die Stelle doch, dass in Israel Frauen nicht von vornherein vom Prophetenamt ausgeschlossen waren.

Diese Begebenheiten zeigen uns, dass der Widerstand gegen Gottes Werk nicht nur von offen gottfeindlicher Seite kommt. Oft kommt die Gegnerschaft gegen Gottes Plan gerade von religiös motivierten Menschen. Nicht jeder, der von sich behauptet, ein Prophet zu sein, ist auch einer. Das war im Alten Testament so, das war auch noch im 7. Jahrhundert n. Chr. so und wird so bleiben bis zur Wiederkunft des Herrn.

Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch in Schafskleidern, im Inneren aber sind sie reißende Wölfe.
(Matthäus 7,15)

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