Was Karl Marx erkannt und verworfen hat

Auf Karl Marx (1818-1883) führt sich der Marxismus, eine der schlimmsten und blutigsten Ideologien der Menschheitsgeschichte, zurück. Diese Ideologie hat unsägliches Leid über die Menschheit gebracht. An die 100 Millionen Menschenleben wurden vernichtet, für die man natürlich nicht Karl Marx persönlich verantwortlich machen darf. Wenn man die Opfer der vom Marxismus geförderten Abtreibungsideologie dazu nimmt, vervielfacht sich die Opferzahl.

In seiner Jugend hat Karl Marx ganz anders gedacht. Im Alter von siebzehn Jahren schrieb er im August 1835 als Abiturientenarbeit einen Religionsaufsatz zum Thema „Die Vereinigung der Gläubigen mit Christo nach Joh. 15,1-14, in ihrem Grund und Wesen, in ihrer unbedingten Notwendigkeit und in ihren Wirkungen dargestellt“. Dieser Aufsatz findet sich in Band 40 der Marx-Engels-Werke auf den Seiten 598-601. Im Internet ist er hier und hier abrufbar.

Ich bringe hier Auszüge:

[…] Wenden wir unseren Blick der Geschichte, der großen Lehrerin der Menschheit zu, so werden wir in ihr mit eisernem Griffel eingegraben finden, daß jedes Volk, wenn es selbst den höchsten Grad der Kultur erreicht hatte, wenn die größten Männer aus seinem Schoße entsprossen waren, wenn die Künste in ihm ihre volle Sonne hatten aufgehn lassen, wenn die Wissenschaften die schwierigsten Fragen gelöst hatten, daß es demungeachtet die Fesseln des Aberglaubens nicht abzustreifen vermochte, daß es weder von sich noch von der Gottheit würdige und wahre Begriffe gefaßt hatte, daß selbst die Sittlichkeit, die Moral nie rein von fremden Zusätzen, von unedlen Einschränkungen in demselben erscheint, daß selbst seine Tugenden mehr von einer rohen Größe, von einem ungebändigten Egoismus, von einer Sucht nach Ruhm und kühnen Taten erzeugt war[en] als durch das Streben nach wahrer Vollendung.
Und die alten Völker, die Wilden, denen noch nicht die Lehre Christi erschallt ist, sie zeigen eine innere Unruhe, eine Furcht vor dem Zorne ihrer Götter, eine innere Überzeugung von ihrer Verwerflichkeit, indem sie ihren Göttern Opfer darbringen, indem sie durch Opfer ihre Schuld zu sühnen wähnen.
Ja, der größte Weise des Altertums, der göttliche Plato, spricht in mehr als einer Stelle eine tiefe Sehnsucht nach einem höheren Wesen aus, dessen Erscheinung das unbefriedigte Streben nach Wahrheit und Licht erfüllte.
So lehrt uns die Geschichte der Völker die Notwendigkeit der Vereinigung mit Christo.

Marx zeigt hier die Grenzen des Menschen ohne Christus auf. Er macht das im Hinblick auf Sittlichkeit und Moral, aber auch in Bezug auf die Frage der Schuld und der Vergebung. Ohne Christus bleibt die Sehnsucht nach Wahrheit und Licht ungestillt.

Auch wenn wir die Geschichte der Einzelnen, wenn wir die Natur des Menschen betrachten, sehn wir zwar stets einen Funken der Gottheit in seiner Brust, eine Begeistrung für das Gute, ein Streben nach Erkenntnis, eine Sehnsucht nach Wahrheit, allein die Funken des Ewigen erstickt die Flamme der Begier; die Begeistrung für die Tugend übertäubt die lockende Stimme der Sünde, sie wird verhöhnt, sobald das Leben uns seine ganze Macht fühlen gelassen; das Streben nach Erkenntnis verdrängt ein niederes Streben nach irdischen Gütern, die Sehnsucht nach Wahrheit erlöscht durch die süßschmeichelnde Macht der Lüge, und so steht der Mensch da, das einzige Wesen in der Natur, das seinen Zweck nicht erfüllt, das einzige Glied in dem Alle der Schöpfung, das des Gottes nicht wert ist, der es erschuf. Aber jener gütige Schöpfer vermochte sein Werk nicht zu hassen; er wollte es zu sich erheben und sandte seinen Sohn und läßt uns durch diesen zurufen:

„Ihr seid jetzt rein, um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe“ (Joh. 15, 3).
„Bleibet in mir, und ich in euch“ (Joh. 15, 4).

Auch wenn seine Sprache etwas pathetisch klingt, zeigt er doch schön auf, wie das Streben des Menschen nach dem Guten und Wahren, die ihm Gott ins Herz gelegt hat, seine Grenze in seiner Sündhaftigkeit findet. Bezüglich der Zitate aus Johannes 15,3-4 ist korrigierend anzumerken, dass Jesus seine Jünger angesprochen hat, die schon in einer Beziehung zu ihm standen. Sie waren durch sein Wort schon gereinigt. Andere Menschen müssen diesen Schritt zu Jesus erst setzen. Sie müssen zu ihm kommen, um in ihm bleiben zu können.

[…] Und wo drückt er deutlicher die Notwendigkeit der Vereinigung mit sich aus als in dem schönen Gleichnisse des Weinstocks und der Rebe, wo er sich den Weinstock, uns die Reben nennt. Die Rebe vermag durch eigne Kraft keine Früchte hervorzubringen, und so, sagt Christus, könnt ihr ohne mich nichts tun. Noch stärker spricht er sich hierüber aus, wenn er sagt: „Wer nicht in mir bleibet etc.“ (Joh. 15, 4, 5, 6).

[…] Unser Herz, die Vernunft, die Geschichte, das Wort Christi rufen uns also laut und überzeugend zu, daß die Vereinigung mit ihm unbedingt notwendig ist, daß wir ohne ihn unseren Zweck nicht erreichen können, daß wir ohne ihn von Gott verworfen wären, daß nur er uns zu erlösen vermochte.
So durchdrungen von der Überzeugung, daß diese Vereinigung unbedingt notwendig ist, sind wir begierig zu erforschen, worin denn dieses hohe Geschenk besteht, dieser Lichtstrahl, der aus höheren Welten beseelend in unser Herz fällt und uns geläutert zum Himmel emporträgt, welches das innere Wesen und der Grund derselben ist?
Sobald wir die Notwendigkeit der Vereinigung erfaßt haben, steht der Grund derselben, unsere Erlösungsbedürftigkeit, unsere zur Sünde hingeneigte Natur, unsere schwankende Vernunft, unser verdorbenes Herz, unsere Verwerflichkeit vor Gott klar vor unseren Augen und, welcher er sei, brauchen wir nicht mehr zu forschen.
Wer aber könnte schöner das Wesen der Vereinigung ausdrücken, als
Christus es in dem Gleichnisse des Weinstocks mit der Rebe getan hat? Wer könnte in großen Abhandlungen alle Teile, das Innerste, was diese Vereinigung begründet, so umfassend vor das Auge legen, als Christus mit den Worten:

„Ich bin ein rechter Weinstock, mein Vater ist ein Weingärtner“(Joh. 15, 1).
„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ (Joh. 15, 5).

[…] In der Vereinigung mit Christo wenden wir also vor allem zu Gott das liebende Auge, fühlen wir für ihn den glühendsten Dank, sinken wir freudig vor ihm auf die Knie.
Dann, wenn uns eine schönere Sonne durch die Vereinigung mit Christo aufgegangen ist, wenn wir unsere ganze Verwerflichkeit empfinden, zugleich aber über unsere Erlösung jauchzen, können wir erst den Gott lieben, der uns früher als beleidigter Herrscher, jetzt als vergebender Vater, als gütiger Erzieher erscheint.

Gott war nie der „beleidigte Herrscher“. Hier stand der junge Marx unter dem Einfluss der seit dem 11. Jahrhundert verbreiteten Satisfaktionstheorie, der zufolge der beleidigte Gott durch das Opfer seines Sohnes besänftigt werden musste.

Aber nicht nur zu dem Weingärtner würde die Rebe emporschauen, wenn sie empfinden könnte, sie würde sich innig an den Stock anschmiegen, sie würde sich mit ihm und den Reben, die an ihm emporgeschossen, aufs genaueste verbunden fühlen; sie würde schon die anderen Reben lieben, weil ein Gärtner sie besorgt, ein Stamm ihnen Kraft leiht.
So besteht die Vereinigung mit Christo aus der innigsten, lebendigsten Gemeinschaft mit ihm, darin, daß wir ihn vor Augen und im Herzen haben, und, indem wir so von der höchsten Liebe zu ihm durchdrungen sind, wenden wir unser Herz zugleich den Brüdern zu, die er inniger mit uns verbunden, für die er sich auch geopfert hat.
Aber diese Liebe zu Christus ist nicht fruchtlos, sie erfüllt uns nicht nur mit der reinsten Verehrung und Hochachtung gegen ihn, sondern sie bewirkt auch, daß wir seine Gebote halten, indem wir uns füreinander aufopfern, indem wir tugendhaft sind, aber nur tugendhaft aus Liebe zu ihm (Joh. 15, V. 9, 10, 12, 13, 14).

Hier beschreibt Marx, wie die Liebe zu Christus zur Liebe zu den Brüdern im Glauben führt.

Dieses ist die große Kluft, welche christliche Tugend von jeder andern trennt und über jede andre erhebt, dieses ist eine der größten Wirkungen, die die Vereinigung mit Christo im Menschen erzeugt.
Die Tugend ist kein finstres Zerrbild mehr, wie es die stoische Philosophie aufstellt; sie ist nicht das Kind einer harten Pflichtenlehre, wie wir sie bei allen heidnischen Völkern finden, sondern, was sie wirkt, wirkt sie aus Liebe zu Christus, aus Liebe zu einem göttlichen Wesen und, wenn sie aus dieser reinen Quelle entspringt, erscheint sie von allem Irdischen befreit und wahrhaft göttlich. Jede abstoßende Seite taucht sich unter, alles Irdische sinkt, alles Rohe erlöscht, und die Tugend ist verklärter, indem sie zugleich milder und menschlicher geworden ist.
Nie hätte die menschliche Vernunft sie so darzustellen vermocht; ihre Tugend wäre immer eine beschränkte, eine irdische Tugend geblieben.
Sobald ein Mensch diese Tugend, diese Vereinigung mit Christo erlangt hat, wird er still und ruhig die Schläge des Schicksals erwarten, mutig dem Sturme der Leidenschaften sich gegenüberstellen, unerschrocken die Wut des Schlechten ertragen, denn wer vermag ihn zu unterdrücken, wer vermag ihm seinen Erlöser zu rauben?
[…] Wer sollte nicht gern Leiden erdulden, da er weiß, daß durch sein
Beharren in Christo, durch seine Werke Gott selbst geehrt wird, daß seine Vollendung den Herrn der Schöpfung erhebt? (Joh. 15, V.8.)
Also leiht die Vereinigung mit Christo innere Erhebung, Trost im Leiden, ruhige Zuversicht und ein Herz, das der Menschenliebe, das allem Edlen, allem Großen, nicht aus Ehrgeiz, nicht aus Ruhmsucht, sondern nur Christi wegen geöffnet ist; also leiht die Vereinigung mit Christo eine Freudigkeit, die der Epikureer vergebens in seiner leichtfertigen Philosophie, der tiefere Denker vergebens in den verborgensten Tiefen des Wissens zu erhaschen strebt, die nur das unbefangne, kindliche, mit Christo und durch ihn mit Gott verbundene Gemüt kennt, die das Leben schöner gestaltet und erhebt. (Joh. 15, 11.)

Meine Kenntnis der Lebensgeschichte von Karl Marx ist sehr gering. Ich kann daher nicht sagen, ob die von ihm niedergeschriebenen Gedanken tatsächlich von ihm stammen oder ob er sie aus ihm zugänglicher erbaulicher Literatur zusammengestellt hat. Der pathetische Stil könnte darauf hinweisen, dass seine Worte nicht seiner tatsächlichen Überzeugung entsprachen, dass es ihm eher darum ging, die Erwartungshaltung seiner frommen Professoren zu befriedigen.

Der Text zeigt aber, dass Karl Marx wusste, was nach Gottes Willen sein Leben bestimmen und erfüllen sollte. Er hat an dieser Erkenntnis nicht festgehalten und hat durch die von ihm begründete Ideologie Gott den Krieg erklärt.

So mussten andere, die im Gegensatz zu ihm an Christus festgehalten haben, viele Leiden erdulden, so wie er geschrieben hat:

Wer sollte nicht gern Leiden erdulden, da er weiß, daß durch sein Beharren in Christo, durch seine Werke Gott selbst geehrt wird, daß seine Vollendung den Herrn der Schöpfung erhebt?

Der Menschheit wäre sehr viel Leid erspart geblieben, hätte Marx seine eigenen Worte aus der Abiturientenarbeit ernst genommen. Er kann vor dem Richterstuhl Christi nicht sagen, dass er die Wahrheit nicht gewusst hätte.

Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen. (Johannes 15,6)

Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. (Johannes 15,10)

Kommentare sind geschlossen.

Bloggen auf WordPress.com.

Nach oben ↑